p1c_067.001 empfunden. Alles Schöne ist also gleich objektiv und p1c_067.002 subjektiv. Die Deduktion des Schönen, die oben gegeben p1c_067.003 worden ist, erklärt und rechtfertigt beyde Gattungen von p1c_067.004 Empfindungen, oder ästhetischen Urtheilen.
p1c_067.005 Anmerk. 2. Die vorempfundene Harmonie des p1c_067.006 innern Schöpfergeistes und seines äußern Kunstwerks, der p1c_067.007 Natur, erregt also in dem zur Schöpfung mitberufenen Menschen p1c_067.008 ein nothwendiges Gefühl der Lust, welches bey dem p1c_067.009 niedern Schönen lebendiger und reizender ist, als p1c_067.010 bey dem höhern. Die Harmonie läßt sich in demselben geschwinder p1c_067.011 fassen, die Form ist weniger verborgen unter der p1c_067.012 Materie und vermag sie leichter zu begreifen. Daher fallen p1c_067.013 auch die einzelnen Theilvorstellungen mehr ins Licht des Bewußtseyns. p1c_067.014 Bey dem höhern Schönen fühlt das Jndividuum p1c_067.015 seine Schranke. Eine Fuge, die durch alle Töne p1c_067.016 geht und sich zuletzt befriedigend, aber nach mehrerer Verwickelung p1c_067.017 auflöst, wird schwerer von der Vorstellkraft zusammengehalten, p1c_067.018 wiewohl sie am Ende mehr belohnt, als eine p1c_067.019 tändelnde Melodie.
p1c_067.020 Anmerk. 3. Rührend heißt die gemischte Empfindung p1c_067.021 des höhern Schönen, weil sie durch ihren Contrast des p1c_067.022 Niederschlagens und Erhebens mehr das Jnnere bewegt,p1c_067.023 wiewohl sie das äußere Leben weniger reizt. Man darf also p1c_067.024 das rührend Schöne nicht mit dem traurigen oder p1c_067.025 jammervollen und schmelzenden verwechseln. Die eigentliche p1c_067.026 Rührung wird nicht durch das Niederschlagende
p1c_067.001 empfunden. Alles Schöne ist also gleich objektiv und p1c_067.002 subjektiv. Die Deduktion des Schönen, die oben gegeben p1c_067.003 worden ist, erklärt und rechtfertigt beyde Gattungen von p1c_067.004 Empfindungen, oder ästhetischen Urtheilen.
p1c_067.005 Anmerk. 2. Die vorempfundene Harmonie des p1c_067.006 innern Schöpfergeistes und seines äußern Kunstwerks, der p1c_067.007 Natur, erregt also in dem zur Schöpfung mitberufenen Menschen p1c_067.008 ein nothwendiges Gefühl der Lust, welches bey dem p1c_067.009 niedern Schönen lebendiger und reizender ist, als p1c_067.010 bey dem höhern. Die Harmonie läßt sich in demselben geschwinder p1c_067.011 fassen, die Form ist weniger verborgen unter der p1c_067.012 Materie und vermag sie leichter zu begreifen. Daher fallen p1c_067.013 auch die einzelnen Theilvorstellungen mehr ins Licht des Bewußtseyns. p1c_067.014 Bey dem höhern Schönen fühlt das Jndividuum p1c_067.015 seine Schranke. Eine Fuge, die durch alle Töne p1c_067.016 geht und sich zuletzt befriedigend, aber nach mehrerer Verwickelung p1c_067.017 auflöst, wird schwerer von der Vorstellkraft zusammengehalten, p1c_067.018 wiewohl sie am Ende mehr belohnt, als eine p1c_067.019 tändelnde Melodie.
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/125>, abgerufen am 24.11.2024.
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