decken, sondern der Unternehmungsgeist des Feindes wird auch hauptsächlich erst durch die langen ungesicherten Ver- bindungslinien hervorgerufen, und die Folgen welche ihr Verlust im Fall eines Rückzugs haben kann, sind höchst bedenklich.
Alles dieses trägt dazu bei, der vorschreitenden Armee mit jedem Schritt den sie weiter thut ein neues Gewicht anzuhängen, so daß, wenn sie nicht mit einer ungewöhnlichen Überlegenheit angefangen hat, sie sich nach und nach immer mehr beengt in ihren Planen, immer mehr geschwächt in ihrer Stoßkraft und zuletzt ungewiß und besorglich in ihrer Lage fühlt.
3. Die dritte Ursache, die Entfernung von der Quelle aus welcher die unaufhörlich sich schwächende Streit- kraft auch unaufhörlich ergänzt werden muß, steigt mit der Entfernung. Eine erobernde Armee gleicht hierin dem Licht einer Lampe; je weiter sich das nährende Öl hinunter senkt und vom Focus entfernt, um so kleiner wird dieser bis er nachher ganz erlischt.
Freilich kann der Reichthum eroberter Provinzen die- ses Übel sehr vermindern, doch niemals ganz aufheben, weil es immer eine Menge Gegenstände giebt die man von Hause kommen lassen muß, namentlich Menschen, weil die Leistungen des feindlichen Landes in der Allgemein- heit der Fälle nicht so schnell und sicher sind als die im eigenen Lande, weil für ein unvermuthet entstehendes Bedürfniß nicht so schnell Hülfe geschafft werden kann, weil Mißverständnisse und Fehler aller Art nicht so früh entdeckt und verbessert werden können.
Führt der Fürst sein Heer nicht selbst an, wie das in den letzten Kriegen Sitte geworden, ist er demselben nicht
decken, ſondern der Unternehmungsgeiſt des Feindes wird auch hauptſaͤchlich erſt durch die langen ungeſicherten Ver- bindungslinien hervorgerufen, und die Folgen welche ihr Verluſt im Fall eines Ruͤckzugs haben kann, ſind hoͤchſt bedenklich.
Alles dieſes traͤgt dazu bei, der vorſchreitenden Armee mit jedem Schritt den ſie weiter thut ein neues Gewicht anzuhaͤngen, ſo daß, wenn ſie nicht mit einer ungewoͤhnlichen Überlegenheit angefangen hat, ſie ſich nach und nach immer mehr beengt in ihren Planen, immer mehr geſchwaͤcht in ihrer Stoßkraft und zuletzt ungewiß und beſorglich in ihrer Lage fuͤhlt.
3. Die dritte Urſache, die Entfernung von der Quelle aus welcher die unaufhoͤrlich ſich ſchwaͤchende Streit- kraft auch unaufhoͤrlich ergaͤnzt werden muß, ſteigt mit der Entfernung. Eine erobernde Armee gleicht hierin dem Licht einer Lampe; je weiter ſich das naͤhrende Öl hinunter ſenkt und vom Focus entfernt, um ſo kleiner wird dieſer bis er nachher ganz erliſcht.
Freilich kann der Reichthum eroberter Provinzen die- ſes Übel ſehr vermindern, doch niemals ganz aufheben, weil es immer eine Menge Gegenſtaͤnde giebt die man von Hauſe kommen laſſen muß, namentlich Menſchen, weil die Leiſtungen des feindlichen Landes in der Allgemein- heit der Faͤlle nicht ſo ſchnell und ſicher ſind als die im eigenen Lande, weil fuͤr ein unvermuthet entſtehendes Beduͤrfniß nicht ſo ſchnell Huͤlfe geſchafft werden kann, weil Mißverſtaͤndniſſe und Fehler aller Art nicht ſo fruͤh entdeckt und verbeſſert werden koͤnnen.
Fuͤhrt der Fuͤrſt ſein Heer nicht ſelbſt an, wie das in den letzten Kriegen Sitte geworden, iſt er demſelben nicht
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[77/0091]
decken, ſondern der Unternehmungsgeiſt des Feindes wird
auch hauptſaͤchlich erſt durch die langen ungeſicherten Ver-
bindungslinien hervorgerufen, und die Folgen welche ihr
Verluſt im Fall eines Ruͤckzugs haben kann, ſind hoͤchſt
bedenklich.
Alles dieſes traͤgt dazu bei, der vorſchreitenden Armee
mit jedem Schritt den ſie weiter thut ein neues Gewicht
anzuhaͤngen, ſo daß, wenn ſie nicht mit einer ungewoͤhnlichen
Überlegenheit angefangen hat, ſie ſich nach und nach immer
mehr beengt in ihren Planen, immer mehr geſchwaͤcht in
ihrer Stoßkraft und zuletzt ungewiß und beſorglich in ihrer
Lage fuͤhlt.
3. Die dritte Urſache, die Entfernung von der
Quelle aus welcher die unaufhoͤrlich ſich ſchwaͤchende Streit-
kraft auch unaufhoͤrlich ergaͤnzt werden muß, ſteigt mit
der Entfernung. Eine erobernde Armee gleicht hierin dem
Licht einer Lampe; je weiter ſich das naͤhrende Öl hinunter
ſenkt und vom Focus entfernt, um ſo kleiner wird dieſer
bis er nachher ganz erliſcht.
Freilich kann der Reichthum eroberter Provinzen die-
ſes Übel ſehr vermindern, doch niemals ganz aufheben,
weil es immer eine Menge Gegenſtaͤnde giebt die man
von Hauſe kommen laſſen muß, namentlich Menſchen, weil
die Leiſtungen des feindlichen Landes in der Allgemein-
heit der Faͤlle nicht ſo ſchnell und ſicher ſind als die
im eigenen Lande, weil fuͤr ein unvermuthet entſtehendes
Beduͤrfniß nicht ſo ſchnell Huͤlfe geſchafft werden kann,
weil Mißverſtaͤndniſſe und Fehler aller Art nicht ſo fruͤh
entdeckt und verbeſſert werden koͤnnen.
Fuͤhrt der Fuͤrſt ſein Heer nicht ſelbſt an, wie das
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/91>, abgerufen am 24.11.2024.
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