liegen; die Einnahme bedeutender Städte, fruchtbarer Landstriche, unruhiger Gegenden die zur Rebellion verführt werden könnten; das Bedrohen schwacher Verbündeten u. s. w. Indem der Angriff jene Verbindungen wirklich unterbricht, und zwar auf eine solche Weise daß der Vertheidiger sie sich nicht ohne bedeutende Opfer wieder öffnen kann, indem er jene Punkte einzunehmen sich an- schickt: nöthigt er den Vertheidiger eine andere Stellung mehr rückwärts oder seitwärts zu nehmen, um jene Objekte zu decken und lieber geringere aufzugeben. So wird denn ein Landstrich frei; ein Magazin, eine Festung entblößt; jenes der Eroberung, diese der Belagerung preisgegeben. Dabei können kleinere und größere Gefechte vorkommen, aber sie werden dann nicht gesucht und als Zweck behan- delt, sondern als ein nothwendiges Übel, und können einen gewissen Grad der Größe und Wichtigkeit nicht über- schreiten.
4. Die Einwirkung des Vertheidigers auf die Ver- bindungslinien des Angreifenden ist eine Reactionsart die in den Kriegen mit großer Entscheidung nur dann vorkom- men kann, wenn die Operationslinien sehr groß werden, dagegen ist diese Reactionsart bei Kriegen ohne große Ent- scheidung mehr in der Natur der Sache. Die Verbin- dungslinien des Gegners werden zwar hier selten sehr lang sein, aber es kommt auch hier nicht darauf an, dem Geg- ner so große Verluste der Art beizubringen, eine bloße Be- lästigung und Verkürzung seines Unterhalts thut oft schon Wirkung, und was den Linien an Länge fehlt, ersetzt eini- germaßen die Länge der Zeit, welche man auf diese Be- kämpfung des Gegners verwenden kann; darum wird also die Deckung seiner strategischen Flanken ein wichtiger Ge- genstand des Angreifenden. Wenn also zwischen dem An-
liegen; die Einnahme bedeutender Staͤdte, fruchtbarer Landſtriche, unruhiger Gegenden die zur Rebellion verfuͤhrt werden koͤnnten; das Bedrohen ſchwacher Verbuͤndeten u. ſ. w. Indem der Angriff jene Verbindungen wirklich unterbricht, und zwar auf eine ſolche Weiſe daß der Vertheidiger ſie ſich nicht ohne bedeutende Opfer wieder oͤffnen kann, indem er jene Punkte einzunehmen ſich an- ſchickt: noͤthigt er den Vertheidiger eine andere Stellung mehr ruͤckwaͤrts oder ſeitwaͤrts zu nehmen, um jene Objekte zu decken und lieber geringere aufzugeben. So wird denn ein Landſtrich frei; ein Magazin, eine Feſtung entbloͤßt; jenes der Eroberung, dieſe der Belagerung preisgegeben. Dabei koͤnnen kleinere und groͤßere Gefechte vorkommen, aber ſie werden dann nicht geſucht und als Zweck behan- delt, ſondern als ein nothwendiges Übel, und koͤnnen einen gewiſſen Grad der Groͤße und Wichtigkeit nicht uͤber- ſchreiten.
4. Die Einwirkung des Vertheidigers auf die Ver- bindungslinien des Angreifenden iſt eine Reactionsart die in den Kriegen mit großer Entſcheidung nur dann vorkom- men kann, wenn die Operationslinien ſehr groß werden, dagegen iſt dieſe Reactionsart bei Kriegen ohne große Ent- ſcheidung mehr in der Natur der Sache. Die Verbin- dungslinien des Gegners werden zwar hier ſelten ſehr lang ſein, aber es kommt auch hier nicht darauf an, dem Geg- ner ſo große Verluſte der Art beizubringen, eine bloße Be- laͤſtigung und Verkuͤrzung ſeines Unterhalts thut oft ſchon Wirkung, und was den Linien an Laͤnge fehlt, erſetzt eini- germaßen die Laͤnge der Zeit, welche man auf dieſe Be- kaͤmpfung des Gegners verwenden kann; darum wird alſo die Deckung ſeiner ſtrategiſchen Flanken ein wichtiger Ge- genſtand des Angreifenden. Wenn alſo zwiſchen dem An-
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liegen; die Einnahme bedeutender Staͤdte, fruchtbarer
Landſtriche, unruhiger Gegenden die zur Rebellion verfuͤhrt
werden koͤnnten; das Bedrohen ſchwacher Verbuͤndeten
u. ſ. w. Indem der Angriff jene Verbindungen
wirklich unterbricht, und zwar auf eine ſolche Weiſe daß
der Vertheidiger ſie ſich nicht ohne bedeutende Opfer wieder
oͤffnen kann, indem er jene Punkte einzunehmen ſich an-
ſchickt: noͤthigt er den Vertheidiger eine andere Stellung
mehr ruͤckwaͤrts oder ſeitwaͤrts zu nehmen, um jene Objekte
zu decken und lieber geringere aufzugeben. So wird denn
ein Landſtrich frei; ein Magazin, eine Feſtung entbloͤßt;
jenes der Eroberung, dieſe der Belagerung preisgegeben.
Dabei koͤnnen kleinere und groͤßere Gefechte vorkommen,
aber ſie werden dann nicht geſucht und als Zweck behan-
delt, ſondern als ein nothwendiges Übel, und koͤnnen
einen gewiſſen Grad der Groͤße und Wichtigkeit nicht uͤber-
ſchreiten.
4. Die Einwirkung des Vertheidigers auf die Ver-
bindungslinien des Angreifenden iſt eine Reactionsart die
in den Kriegen mit großer Entſcheidung nur dann vorkom-
men kann, wenn die Operationslinien ſehr groß werden,
dagegen iſt dieſe Reactionsart bei Kriegen ohne große Ent-
ſcheidung mehr in der Natur der Sache. Die Verbin-
dungslinien des Gegners werden zwar hier ſelten ſehr lang
ſein, aber es kommt auch hier nicht darauf an, dem Geg-
ner ſo große Verluſte der Art beizubringen, eine bloße Be-
laͤſtigung und Verkuͤrzung ſeines Unterhalts thut oft ſchon
Wirkung, und was den Linien an Laͤnge fehlt, erſetzt eini-
germaßen die Laͤnge der Zeit, welche man auf dieſe Be-
kaͤmpfung des Gegners verwenden kann; darum wird alſo
die Deckung ſeiner ſtrategiſchen Flanken ein wichtiger Ge-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/59>, abgerufen am 24.11.2024.
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