gut machen, und allenfalls durch den mäßigen Vorzug welchen das Gefühl, der Angreifende und Vorschreitende zu sein, dem Heere giebt. Meistens wird dies letztere sehr überschätzt, denn es dauert nicht lange und hält gegen reel- lere Schwierigkeiten nicht Stich. Es versteht sich daß wir hierbei voraussetzen, daß der Vertheidiger eben so feh- lerfrei und angemessen verfahre wie der Angreifende. Wir wollen mit dieser Bemerkung die dunklen Ideen von Über- fall und Überraschung entfernen, welche man sich beim An- griff gewöhnlich als reichliche Siegesquellen denkt und die doch ohne besondere individuelle Umstände nicht eintreten. Wie es mit dem eigentlichen strategischen Überfall ist, ha- den wir schon an einem andern Ort gesagt. -- Fehlt also dem Angriff die physische Überlegenheit, so muß eine mo- ralische da sein, um die Nachtheile der Form aufzuwiegen, und wo auch diese fehlt, ist der Angriff nicht motivirt und wird nicht glücklich sein.
2. So wie Vorsicht der eigentliche Genius der Ver- theidigung ist, so ist es Kühnheit und Zuversicht beim An- greifenden; nicht daß die entgegengesetzten Eigenschaften beiden fehlen dürften, sondern es stehen die ihnen zur Seite in einer stärkeren Affinität damit. Alle diese Eigenschaften sind ja überhaupt nur nöthig, weil das Handeln kein ma- thematisches Konstruiren ist, sondern eine Thätigkeit in dunklen oder höchstens dämmernden Regionen, wo man sich demjenigen Führer anvertrauen muß, der sich am mei- sten für unser Ziel eignet. -- Je moralisch schwächer sich der Vertheidiger zeigt, um so dreister muß der Angreifende werden.
3. Zum Sieg gehört das Treffen der feindlichen Haupt- macht mit der eigenen. Dies hat beim Angriff weniger Zweifel als bei der Vertheidigung, denn der Angreifende
gut machen, und allenfalls durch den maͤßigen Vorzug welchen das Gefuͤhl, der Angreifende und Vorſchreitende zu ſein, dem Heere giebt. Meiſtens wird dies letztere ſehr uͤberſchaͤtzt, denn es dauert nicht lange und haͤlt gegen reel- lere Schwierigkeiten nicht Stich. Es verſteht ſich daß wir hierbei vorausſetzen, daß der Vertheidiger eben ſo feh- lerfrei und angemeſſen verfahre wie der Angreifende. Wir wollen mit dieſer Bemerkung die dunklen Ideen von Über- fall und Überraſchung entfernen, welche man ſich beim An- griff gewoͤhnlich als reichliche Siegesquellen denkt und die doch ohne beſondere individuelle Umſtaͤnde nicht eintreten. Wie es mit dem eigentlichen ſtrategiſchen Überfall iſt, ha- den wir ſchon an einem andern Ort geſagt. — Fehlt alſo dem Angriff die phyſiſche Überlegenheit, ſo muß eine mo- raliſche da ſein, um die Nachtheile der Form aufzuwiegen, und wo auch dieſe fehlt, iſt der Angriff nicht motivirt und wird nicht gluͤcklich ſein.
2. So wie Vorſicht der eigentliche Genius der Ver- theidigung iſt, ſo iſt es Kuͤhnheit und Zuverſicht beim An- greifenden; nicht daß die entgegengeſetzten Eigenſchaften beiden fehlen duͤrften, ſondern es ſtehen die ihnen zur Seite in einer ſtaͤrkeren Affinitaͤt damit. Alle dieſe Eigenſchaften ſind ja uͤberhaupt nur noͤthig, weil das Handeln kein ma- thematiſches Konſtruiren iſt, ſondern eine Thaͤtigkeit in dunklen oder hoͤchſtens daͤmmernden Regionen, wo man ſich demjenigen Fuͤhrer anvertrauen muß, der ſich am mei- ſten fuͤr unſer Ziel eignet. — Je moraliſch ſchwaͤcher ſich der Vertheidiger zeigt, um ſo dreiſter muß der Angreifende werden.
3. Zum Sieg gehoͤrt das Treffen der feindlichen Haupt- macht mit der eigenen. Dies hat beim Angriff weniger Zweifel als bei der Vertheidigung, denn der Angreifende
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gut machen, und allenfalls durch den maͤßigen Vorzug
welchen das Gefuͤhl, der Angreifende und Vorſchreitende zu
ſein, dem Heere giebt. Meiſtens wird dies letztere ſehr
uͤberſchaͤtzt, denn es dauert nicht lange und haͤlt gegen reel-
lere Schwierigkeiten nicht Stich. Es verſteht ſich daß
wir hierbei vorausſetzen, daß der Vertheidiger eben ſo feh-
lerfrei und angemeſſen verfahre wie der Angreifende. Wir
wollen mit dieſer Bemerkung die dunklen Ideen von Über-
fall und Überraſchung entfernen, welche man ſich beim An-
griff gewoͤhnlich als reichliche Siegesquellen denkt und die
doch ohne beſondere individuelle Umſtaͤnde nicht eintreten.
Wie es mit dem eigentlichen ſtrategiſchen Überfall iſt, ha-
den wir ſchon an einem andern Ort geſagt. — Fehlt alſo
dem Angriff die phyſiſche Überlegenheit, ſo muß eine mo-
raliſche da ſein, um die Nachtheile der Form aufzuwiegen,
und wo auch dieſe fehlt, iſt der Angriff nicht motivirt und
wird nicht gluͤcklich ſein.
2. So wie Vorſicht der eigentliche Genius der Ver-
theidigung iſt, ſo iſt es Kuͤhnheit und Zuverſicht beim An-
greifenden; nicht daß die entgegengeſetzten Eigenſchaften beiden
fehlen duͤrften, ſondern es ſtehen die ihnen zur Seite in
einer ſtaͤrkeren Affinitaͤt damit. Alle dieſe Eigenſchaften
ſind ja uͤberhaupt nur noͤthig, weil das Handeln kein ma-
thematiſches Konſtruiren iſt, ſondern eine Thaͤtigkeit in
dunklen oder hoͤchſtens daͤmmernden Regionen, wo man
ſich demjenigen Fuͤhrer anvertrauen muß, der ſich am mei-
ſten fuͤr unſer Ziel eignet. — Je moraliſch ſchwaͤcher ſich
der Vertheidiger zeigt, um ſo dreiſter muß der Angreifende
werden.
3. Zum Sieg gehoͤrt das Treffen der feindlichen Haupt-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/51>, abgerufen am 22.11.2024.
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