stehen. Hieraus folgt daß viel mehr Übersicht erforder- lich wäre.
595. Nun hat zwar die höhere Stelle auch immer einen weiteren Horizont, übersieht den Zusammenhang viel besser als die niedern; aber alle Übersicht die im Laufe eines Gefechts vermißt wird, fehlt doch hauptsächlich hier, und es ist also auch hauptsächlich hier wo so Vieles auf gut Glück und mit dem bloßen Takte des Urtheils voll- bracht werden muß.
596. Dieser Charakter der Führung steigert sich im- mer mehr je weiter das Gefecht vorrückt, denn um so weiter hat sich der Zustand von dem ersten der uns ganz bekannt war, entfernt.
597. Je länger das Gefecht gedauert hat um so mehr Zufälle, d. h. Ereignisse die außer unserer Berech- nung liegen, haben darin stattgefunden, um so mehr ist Alles aus dem Gefüge seiner Ordnung gewichen, um so wilder und verworrener sieht es hier und da schon aus.
598. Je weiter aber ein Gefecht vorgerückt ist um so mehr häufen sich die Entscheidungen, um so näher rük- ken sie an einander, um so weniger Zeit ist zur Überlegung.
599. So geschieht es daß auch die höhern Glieder nach und nach, besonders für einzelne Punkte und Augen- blicke, in die Region hinabgezogen werden wo persönlicher Muth mehr gilt als Überlegung und fast Alles macht.
600. Auf diese Weise erschöpfen sich in jedem Ge- fechte die Kombinationen immer mehr und zuletzt ist es fast der Muth allein der noch kämpft und wirkt.
601. Wir sehen also daß es der Muth und die von ihm erhöhete Intelligenz sind welche die Schwierigkeiten auszugleichen haben die dem Handeln in der Führung
ent-
ſtehen. Hieraus folgt daß viel mehr Überſicht erforder- lich waͤre.
595. Nun hat zwar die hoͤhere Stelle auch immer einen weiteren Horizont, uͤberſieht den Zuſammenhang viel beſſer als die niedern; aber alle Überſicht die im Laufe eines Gefechts vermißt wird, fehlt doch hauptſaͤchlich hier, und es iſt alſo auch hauptſaͤchlich hier wo ſo Vieles auf gut Gluͤck und mit dem bloßen Takte des Urtheils voll- bracht werden muß.
596. Dieſer Charakter der Fuͤhrung ſteigert ſich im- mer mehr je weiter das Gefecht vorruͤckt, denn um ſo weiter hat ſich der Zuſtand von dem erſten der uns ganz bekannt war, entfernt.
597. Je laͤnger das Gefecht gedauert hat um ſo mehr Zufaͤlle, d. h. Ereigniſſe die außer unſerer Berech- nung liegen, haben darin ſtattgefunden, um ſo mehr iſt Alles aus dem Gefuͤge ſeiner Ordnung gewichen, um ſo wilder und verworrener ſieht es hier und da ſchon aus.
598. Je weiter aber ein Gefecht vorgeruͤckt iſt um ſo mehr haͤufen ſich die Entſcheidungen, um ſo naͤher ruͤk- ken ſie an einander, um ſo weniger Zeit iſt zur Überlegung.
599. So geſchieht es daß auch die hoͤhern Glieder nach und nach, beſonders fuͤr einzelne Punkte und Augen- blicke, in die Region hinabgezogen werden wo perſoͤnlicher Muth mehr gilt als Überlegung und faſt Alles macht.
600. Auf dieſe Weiſe erſchoͤpfen ſich in jedem Ge- fechte die Kombinationen immer mehr und zuletzt iſt es faſt der Muth allein der noch kaͤmpft und wirkt.
601. Wir ſehen alſo daß es der Muth und die von ihm erhoͤhete Intelligenz ſind welche die Schwierigkeiten auszugleichen haben die dem Handeln in der Fuͤhrung
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ſtehen. Hieraus folgt daß viel mehr Überſicht erforder-
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595. Nun hat zwar die hoͤhere Stelle auch immer
einen weiteren Horizont, uͤberſieht den Zuſammenhang viel
beſſer als die niedern; aber alle Überſicht die im Laufe
eines Gefechts vermißt wird, fehlt doch hauptſaͤchlich hier,
und es iſt alſo auch hauptſaͤchlich hier wo ſo Vieles auf
gut Gluͤck und mit dem bloßen Takte des Urtheils voll-
bracht werden muß.
596. Dieſer Charakter der Fuͤhrung ſteigert ſich im-
mer mehr je weiter das Gefecht vorruͤckt, denn um ſo
weiter hat ſich der Zuſtand von dem erſten der uns ganz
bekannt war, entfernt.
597. Je laͤnger das Gefecht gedauert hat um ſo
mehr Zufaͤlle, d. h. Ereigniſſe die außer unſerer Berech-
nung liegen, haben darin ſtattgefunden, um ſo mehr iſt
Alles aus dem Gefuͤge ſeiner Ordnung gewichen, um ſo
wilder und verworrener ſieht es hier und da ſchon aus.
598. Je weiter aber ein Gefecht vorgeruͤckt iſt um
ſo mehr haͤufen ſich die Entſcheidungen, um ſo naͤher ruͤk-
ken ſie an einander, um ſo weniger Zeit iſt zur Überlegung.
599. So geſchieht es daß auch die hoͤhern Glieder
nach und nach, beſonders fuͤr einzelne Punkte und Augen-
blicke, in die Region hinabgezogen werden wo perſoͤnlicher
Muth mehr gilt als Überlegung und faſt Alles macht.
600. Auf dieſe Weiſe erſchoͤpfen ſich in jedem Ge-
fechte die Kombinationen immer mehr und zuletzt iſt es
faſt der Muth allein der noch kaͤmpft und wirkt.
601. Wir ſehen alſo daß es der Muth und die von
ihm erhoͤhete Intelligenz ſind welche die Schwierigkeiten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/398>, abgerufen am 16.07.2024.
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