491. Gelingt diese Überraschung auf der einen oder andern Seite, so wird daraus, es mag der Angreifende oder der Vertheidiger sein dem sie gelingt, für den an- dern Theil ein gewisses Unvermögen folgen sich durch Wiedervergeltung zu entschädigen.
492. Bisher haben wir uns mit der Größe des zu bekämpfenden Theils oder Punktes beschäftigt, jetzt kom- men wir zur Lage desselben.
493. Sieht man von allem Terrain und andern individuellen Umständen ab, so können wir nur die Flü- gel, die Flanken, den Rücken und das Centrum unter- scheiden als Punkte die ihre Eigenthümlichkeiten haben.
494. Die Flügel weil man dort die feindlichen Streit- kräfte umfassen kann.
495. Die Flanken weil man hoffen darf dort auf einem Terrain zu schlagen auf welchem der Feind nicht eingerichtet ist und ihm den Rückzug zu erschweren.
496. Den Rücken eben so wie die Flanken, nur daß das Erschweren oder völlige Abschneiden des Rück- zugs hier noch mehr vorherrscht.
497. Bei Flanken und Rücken aber wird nothwen- dig vorausgesetzt daß man den Feind zwingen könne uns dort Streitkräfte entgegenzustellen; wo man dieser Wir- kung unsers Erscheinens nicht gewiß ist, würde es gefähr- lich sein, denn wo man keinen Feind zu bekämpfen hat ist man müßig, und wo dies mit der Hauptmacht der Fall wäre würde man unzweifelhaft seinen Zweck verfehlen.
498. Ein solcher Fall daß der Gegner Flanken und Rücken Preis giebt, ist nun zwar höchst selten, aber er kommt doch vor und zwar am leichtesten wenn der Geg- ner sich durch offensive Gegenunternehmungen schadlos hält (Wagram, Hohenlinden, Austerlitz gehören z. B. hierher).
491. Gelingt dieſe Überraſchung auf der einen oder andern Seite, ſo wird daraus, es mag der Angreifende oder der Vertheidiger ſein dem ſie gelingt, fuͤr den an- dern Theil ein gewiſſes Unvermoͤgen folgen ſich durch Wiedervergeltung zu entſchaͤdigen.
492. Bisher haben wir uns mit der Groͤße des zu bekaͤmpfenden Theils oder Punktes beſchaͤftigt, jetzt kom- men wir zur Lage deſſelben.
493. Sieht man von allem Terrain und andern individuellen Umſtaͤnden ab, ſo koͤnnen wir nur die Fluͤ- gel, die Flanken, den Ruͤcken und das Centrum unter- ſcheiden als Punkte die ihre Eigenthuͤmlichkeiten haben.
494. Die Fluͤgel weil man dort die feindlichen Streit- kraͤfte umfaſſen kann.
495. Die Flanken weil man hoffen darf dort auf einem Terrain zu ſchlagen auf welchem der Feind nicht eingerichtet iſt und ihm den Ruͤckzug zu erſchweren.
496. Den Ruͤcken eben ſo wie die Flanken, nur daß das Erſchweren oder voͤllige Abſchneiden des Ruͤck- zugs hier noch mehr vorherrſcht.
497. Bei Flanken und Ruͤcken aber wird nothwen- dig vorausgeſetzt daß man den Feind zwingen koͤnne uns dort Streitkraͤfte entgegenzuſtellen; wo man dieſer Wir- kung unſers Erſcheinens nicht gewiß iſt, wuͤrde es gefaͤhr- lich ſein, denn wo man keinen Feind zu bekaͤmpfen hat iſt man muͤßig, und wo dies mit der Hauptmacht der Fall waͤre wuͤrde man unzweifelhaft ſeinen Zweck verfehlen.
498. Ein ſolcher Fall daß der Gegner Flanken und Ruͤcken Preis giebt, iſt nun zwar hoͤchſt ſelten, aber er kommt doch vor und zwar am leichteſten wenn der Geg- ner ſich durch offenſive Gegenunternehmungen ſchadlos haͤlt (Wagram, Hohenlinden, Auſterlitz gehoͤren z. B. hierher).
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491. Gelingt dieſe Überraſchung auf der einen oder
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oder der Vertheidiger ſein dem ſie gelingt, fuͤr den an-
dern Theil ein gewiſſes Unvermoͤgen folgen ſich durch
Wiedervergeltung zu entſchaͤdigen.
492. Bisher haben wir uns mit der Groͤße des zu
bekaͤmpfenden Theils oder Punktes beſchaͤftigt, jetzt kom-
men wir zur Lage deſſelben.
493. Sieht man von allem Terrain und andern
individuellen Umſtaͤnden ab, ſo koͤnnen wir nur die Fluͤ-
gel, die Flanken, den Ruͤcken und das Centrum unter-
ſcheiden als Punkte die ihre Eigenthuͤmlichkeiten haben.
494. Die Fluͤgel weil man dort die feindlichen Streit-
kraͤfte umfaſſen kann.
495. Die Flanken weil man hoffen darf dort auf
einem Terrain zu ſchlagen auf welchem der Feind nicht
eingerichtet iſt und ihm den Ruͤckzug zu erſchweren.
496. Den Ruͤcken eben ſo wie die Flanken, nur
daß das Erſchweren oder voͤllige Abſchneiden des Ruͤck-
zugs hier noch mehr vorherrſcht.
497. Bei Flanken und Ruͤcken aber wird nothwen-
dig vorausgeſetzt daß man den Feind zwingen koͤnne uns
dort Streitkraͤfte entgegenzuſtellen; wo man dieſer Wir-
kung unſers Erſcheinens nicht gewiß iſt, wuͤrde es gefaͤhr-
lich ſein, denn wo man keinen Feind zu bekaͤmpfen hat iſt
man muͤßig, und wo dies mit der Hauptmacht der Fall
waͤre wuͤrde man unzweifelhaft ſeinen Zweck verfehlen.
498. Ein ſolcher Fall daß der Gegner Flanken und
Ruͤcken Preis giebt, iſt nun zwar hoͤchſt ſelten, aber er
kommt doch vor und zwar am leichteſten wenn der Geg-
ner ſich durch offenſive Gegenunternehmungen ſchadlos haͤlt
(Wagram, Hohenlinden, Auſterlitz gehoͤren z. B. hierher).
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/381>, abgerufen am 16.07.2024.
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