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Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

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tenden Theil der feindlichen Stellung zu nehmen, so kann
dieser Theil sehr leicht so wichtig sein daß er über das
Ganze entscheidet und daß, wenn das Korps seinen Zweck
erreicht hat, eine weitere Entscheidung nicht mehr nöthig
wird. Nun können die Verhältnisse leicht so gedacht wer-
den daß diesem Korps wegen der Entfernung und wegen
der Gegend im Laufe der Schlacht nur wenig Bestim-
mungen zugehen können, es muß ihm also die Vorberei-
tung und die Entscheidung zugleich mitaufgetragen werden.
Auf diese Weise kann der gemeinschaftliche Entscheidungs-
akt ganz wegfallen und in abgesonderte Entscheidungsakte
einiger großer Glieder zerlegt werden.

212. Dies ist nun in großen Schlachten allerdings
oft der Fall und eine pedantische Vorstellung von der
Trennung beider Theile, in welche wir das Gefecht
zerlegen, würde also im Widerspruche mit dem Hergange
einer solchen Schlacht sein.

213. Aber indem wir diesen Unterschied in der Ge-
fechtsthätigkeit feststellen und darauf einen großen Werth
legen, war es gar nicht unsere Absicht diesen Werth auf
die regelmäßige Absonderung und Trennung die-
ser beiden Thätigkeiten zu legen und dies als einen prak-
tischen Grundsatz zu fordern, sondern wir wollen nur was
wesentlich verschieden ist auch in der Vorstellung sondern
und zeigen wie diese innere Verschiedenheit auch die Form
des Gefechts
von selbst beherrscht.

214. Die Trennung in der Form zeigt sich am ge-
nauesten in dem ganz kleinen Gefechte, wo das einfache
Feuer- und Handgefecht einander gegenüberstehen. Der
Kontrast wird weniger stark wenn die Theile größer wer-
den, weil sich da in den beiden Akten die beiden Gefechts-
formen von welchen sie ausgegangen sind, wieder zusam-

tenden Theil der feindlichen Stellung zu nehmen, ſo kann
dieſer Theil ſehr leicht ſo wichtig ſein daß er uͤber das
Ganze entſcheidet und daß, wenn das Korps ſeinen Zweck
erreicht hat, eine weitere Entſcheidung nicht mehr noͤthig
wird. Nun koͤnnen die Verhaͤltniſſe leicht ſo gedacht wer-
den daß dieſem Korps wegen der Entfernung und wegen
der Gegend im Laufe der Schlacht nur wenig Beſtim-
mungen zugehen koͤnnen, es muß ihm alſo die Vorberei-
tung und die Entſcheidung zugleich mitaufgetragen werden.
Auf dieſe Weiſe kann der gemeinſchaftliche Entſcheidungs-
akt ganz wegfallen und in abgeſonderte Entſcheidungsakte
einiger großer Glieder zerlegt werden.

212. Dies iſt nun in großen Schlachten allerdings
oft der Fall und eine pedantiſche Vorſtellung von der
Trennung beider Theile, in welche wir das Gefecht
zerlegen, wuͤrde alſo im Widerſpruche mit dem Hergange
einer ſolchen Schlacht ſein.

213. Aber indem wir dieſen Unterſchied in der Ge-
fechtsthaͤtigkeit feſtſtellen und darauf einen großen Werth
legen, war es gar nicht unſere Abſicht dieſen Werth auf
die regelmaͤßige Abſonderung und Trennung die-
ſer beiden Thaͤtigkeiten zu legen und dies als einen prak-
tiſchen Grundſatz zu fordern, ſondern wir wollen nur was
weſentlich verſchieden iſt auch in der Vorſtellung ſondern
und zeigen wie dieſe innere Verſchiedenheit auch die Form
des Gefechts
von ſelbſt beherrſcht.

214. Die Trennung in der Form zeigt ſich am ge-
naueſten in dem ganz kleinen Gefechte, wo das einfache
Feuer- und Handgefecht einander gegenuͤberſtehen. Der
Kontraſt wird weniger ſtark wenn die Theile groͤßer wer-
den, weil ſich da in den beiden Akten die beiden Gefechts-
formen von welchen ſie ausgegangen ſind, wieder zuſam-

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[319/0333] tenden Theil der feindlichen Stellung zu nehmen, ſo kann dieſer Theil ſehr leicht ſo wichtig ſein daß er uͤber das Ganze entſcheidet und daß, wenn das Korps ſeinen Zweck erreicht hat, eine weitere Entſcheidung nicht mehr noͤthig wird. Nun koͤnnen die Verhaͤltniſſe leicht ſo gedacht wer- den daß dieſem Korps wegen der Entfernung und wegen der Gegend im Laufe der Schlacht nur wenig Beſtim- mungen zugehen koͤnnen, es muß ihm alſo die Vorberei- tung und die Entſcheidung zugleich mitaufgetragen werden. Auf dieſe Weiſe kann der gemeinſchaftliche Entſcheidungs- akt ganz wegfallen und in abgeſonderte Entſcheidungsakte einiger großer Glieder zerlegt werden. 212. Dies iſt nun in großen Schlachten allerdings oft der Fall und eine pedantiſche Vorſtellung von der Trennung beider Theile, in welche wir das Gefecht zerlegen, wuͤrde alſo im Widerſpruche mit dem Hergange einer ſolchen Schlacht ſein. 213. Aber indem wir dieſen Unterſchied in der Ge- fechtsthaͤtigkeit feſtſtellen und darauf einen großen Werth legen, war es gar nicht unſere Abſicht dieſen Werth auf die regelmaͤßige Abſonderung und Trennung die- ſer beiden Thaͤtigkeiten zu legen und dies als einen prak- tiſchen Grundſatz zu fordern, ſondern wir wollen nur was weſentlich verſchieden iſt auch in der Vorſtellung ſondern und zeigen wie dieſe innere Verſchiedenheit auch die Form des Gefechts von ſelbſt beherrſcht. 214. Die Trennung in der Form zeigt ſich am ge- naueſten in dem ganz kleinen Gefechte, wo das einfache Feuer- und Handgefecht einander gegenuͤberſtehen. Der Kontraſt wird weniger ſtark wenn die Theile groͤßer wer- den, weil ſich da in den beiden Akten die beiden Gefechts- formen von welchen ſie ausgegangen ſind, wieder zuſam-

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Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/333>, abgerufen am 24.11.2024.