so wird auch der Feldherr welcher sie annimmt mehr oder weniger zu einer aktiven Vertheidigung übergehen, d. h. dem Anfall mit Anfall begegnen müssen, theils weil die natürlichen Vortheile der Vertheidigung (Stellung, Ord- nung, Überraschung) im Verlaufe des Gefechts sich nach und nach erschöpfen und zuletzt nicht mehr beträcht- lich vorhanden sind, theils weil, wie wir Nr. 184 gesagt haben, das positive Prinzip ein immer größeres Gewicht bekommt.
Ihre Trennung in der Zeit.
188 b. Die hier gegebene Ansicht daß jedes Gefecht in zwei getrennte Akte zerfällt, wird bei der ersten Betrach- tung viel Widerspruch finden.
189. Dieser Widerspruch wird theils aus einer ein- gewohnten falschen Ansicht vom Gefecht, theils daraus ent- stehen daß man auf den Begriff des Getrennten eine zu pedantische Wichtigkeit legt.
190. Man denkt sich den Gegensatz zwischen Angriff und Vertheidigung zu groß, beide Thätigkeiten zu rein antithetisch, oder vielmehr man legt den Gegensatz dahin wo er sich in der Ausführung nicht findet.
191. Die Folge ist daß man sich den Angreifenden vom ersten Augenblick bis zum letzten mit einem gleich- mäßigen unausgesetzten Streben zum Vorschreiten und die Ermäßigung der vorschreitenden Bewegung immer nur wie eine ganz unwillkührlich erzwungene denkt, die un- mittelbar vom Widerstande ausgeht.
192. Nach dieser Vorstellungsart ist Nichts natür- licher als daß jeder Angriff mit der höchsten Energie des des Sturmes anfinge.
193. Für die Artillerie hat man doch auch bei die- ser Vorstellungsart sich schon an einen Vorbereitungsakt
ſo wird auch der Feldherr welcher ſie annimmt mehr oder weniger zu einer aktiven Vertheidigung uͤbergehen, d. h. dem Anfall mit Anfall begegnen muͤſſen, theils weil die natuͤrlichen Vortheile der Vertheidigung (Stellung, Ord- nung, Überraſchung) im Verlaufe des Gefechts ſich nach und nach erſchoͤpfen und zuletzt nicht mehr betraͤcht- lich vorhanden ſind, theils weil, wie wir Nr. 184 geſagt haben, das poſitive Prinzip ein immer groͤßeres Gewicht bekommt.
Ihre Trennung in der Zeit.
188 b. Die hier gegebene Anſicht daß jedes Gefecht in zwei getrennte Akte zerfaͤllt, wird bei der erſten Betrach- tung viel Widerſpruch finden.
189. Dieſer Widerſpruch wird theils aus einer ein- gewohnten falſchen Anſicht vom Gefecht, theils daraus ent- ſtehen daß man auf den Begriff des Getrennten eine zu pedantiſche Wichtigkeit legt.
190. Man denkt ſich den Gegenſatz zwiſchen Angriff und Vertheidigung zu groß, beide Thaͤtigkeiten zu rein antithetiſch, oder vielmehr man legt den Gegenſatz dahin wo er ſich in der Ausfuͤhrung nicht findet.
191. Die Folge iſt daß man ſich den Angreifenden vom erſten Augenblick bis zum letzten mit einem gleich- maͤßigen unausgeſetzten Streben zum Vorſchreiten und die Ermaͤßigung der vorſchreitenden Bewegung immer nur wie eine ganz unwillkuͤhrlich erzwungene denkt, die un- mittelbar vom Widerſtande ausgeht.
192. Nach dieſer Vorſtellungsart iſt Nichts natuͤr- licher als daß jeder Angriff mit der hoͤchſten Energie des des Sturmes anfinge.
193. Fuͤr die Artillerie hat man doch auch bei die- ſer Vorſtellungsart ſich ſchon an einen Vorbereitungsakt
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ſo wird auch der Feldherr welcher ſie annimmt mehr oder
weniger zu einer aktiven Vertheidigung uͤbergehen, d. h.
dem Anfall mit Anfall begegnen muͤſſen, theils weil die
natuͤrlichen Vortheile der Vertheidigung (Stellung, Ord-
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nach und nach erſchoͤpfen und zuletzt nicht mehr betraͤcht-
lich vorhanden ſind, theils weil, wie wir Nr. 184 geſagt
haben, das poſitive Prinzip ein immer groͤßeres Gewicht
bekommt.
Ihre Trennung in der Zeit.
188 b. Die hier gegebene Anſicht daß jedes Gefecht
in zwei getrennte Akte zerfaͤllt, wird bei der erſten Betrach-
tung viel Widerſpruch finden.
189. Dieſer Widerſpruch wird theils aus einer ein-
gewohnten falſchen Anſicht vom Gefecht, theils daraus ent-
ſtehen daß man auf den Begriff des Getrennten eine zu
pedantiſche Wichtigkeit legt.
190. Man denkt ſich den Gegenſatz zwiſchen Angriff
und Vertheidigung zu groß, beide Thaͤtigkeiten zu rein
antithetiſch, oder vielmehr man legt den Gegenſatz dahin
wo er ſich in der Ausfuͤhrung nicht findet.
191. Die Folge iſt daß man ſich den Angreifenden
vom erſten Augenblick bis zum letzten mit einem gleich-
maͤßigen unausgeſetzten Streben zum Vorſchreiten und
die Ermaͤßigung der vorſchreitenden Bewegung immer nur
wie eine ganz unwillkuͤhrlich erzwungene denkt, die un-
mittelbar vom Widerſtande ausgeht.
192. Nach dieſer Vorſtellungsart iſt Nichts natuͤr-
licher als daß jeder Angriff mit der hoͤchſten Energie des
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193. Fuͤr die Artillerie hat man doch auch bei die-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/328>, abgerufen am 03.03.2025.
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