Energie geführt wird, so kann man sagen daß in der Aus- führung eine Menge von kleinen, in der Theorie gar nicht zu berechnenden Hindernissen und Zufällen sich zum Nach- theil des Angreifenden zeigen werden, weil er der Handelnde ist, also mit ihnen am ersten in Konflikt kommt. Man bedenke nur wie oft die an sich unbedeutenden lombar- dischen Flüsse mit Erfolg vertheidigt worden sind. -- Wenn es in der Kriegsgeschichte dagegen auch Flußverthei- digungen giebt die nicht das von ihnen Erwartete geleistet haben, so liegt es darin daß man zuweilen von diesem Mittel ganz übertriebene Wirkung verlangt hat, die sich ganz und gar nicht auf seine taktische Natur gründete, sondern bloß auf seine aus der Erfahrung bekannte Wirk- samkeit, die man dann noch über alle Gebühr ausdeh- nen wollte.
4. Nur dann wenn der Vertheidiger den Fehler macht, auf die Vertheidigung des Flusses sein ganzes Heil zu bauen, und sich in den Fall setzt durch ihre Spren- gung in große Verlegenheiten und eine Art Katastrophe zu gerathen, nur dann kann die Flußvertheidigung als eine dem Angriff günstige Form des Widerstandes angesehen werden, denn es ist allerdings leichter eine Flußvertheidi- digung zu sprengen als eine gewöhnliche Schlacht zu gewinnen.
5. Es folgt aus dem Bisherigen von selbst, daß Fluß- vertheidigungen von einem großen Werth werden wenn keine große Entscheidung gesucht wird, daß aber da wo diese von der Übermacht oder Energie des Gegners zu er- warten ist, dies Mittel, wenn es falsch angewendet wird, von einem positiven Werth für den Angreifenden sein kann.
6. Die wenigsten Flußvertheidigungen sind so, daß sie nicht umgangen werden könnten, sei es im Allgemeinen
Energie gefuͤhrt wird, ſo kann man ſagen daß in der Aus- fuͤhrung eine Menge von kleinen, in der Theorie gar nicht zu berechnenden Hinderniſſen und Zufaͤllen ſich zum Nach- theil des Angreifenden zeigen werden, weil er der Handelnde iſt, alſo mit ihnen am erſten in Konflikt kommt. Man bedenke nur wie oft die an ſich unbedeutenden lombar- diſchen Fluͤſſe mit Erfolg vertheidigt worden ſind. — Wenn es in der Kriegsgeſchichte dagegen auch Flußverthei- digungen giebt die nicht das von ihnen Erwartete geleiſtet haben, ſo liegt es darin daß man zuweilen von dieſem Mittel ganz uͤbertriebene Wirkung verlangt hat, die ſich ganz und gar nicht auf ſeine taktiſche Natur gruͤndete, ſondern bloß auf ſeine aus der Erfahrung bekannte Wirk- ſamkeit, die man dann noch uͤber alle Gebuͤhr ausdeh- nen wollte.
4. Nur dann wenn der Vertheidiger den Fehler macht, auf die Vertheidigung des Fluſſes ſein ganzes Heil zu bauen, und ſich in den Fall ſetzt durch ihre Spren- gung in große Verlegenheiten und eine Art Kataſtrophe zu gerathen, nur dann kann die Flußvertheidigung als eine dem Angriff guͤnſtige Form des Widerſtandes angeſehen werden, denn es iſt allerdings leichter eine Flußvertheidi- digung zu ſprengen als eine gewoͤhnliche Schlacht zu gewinnen.
5. Es folgt aus dem Bisherigen von ſelbſt, daß Fluß- vertheidigungen von einem großen Werth werden wenn keine große Entſcheidung geſucht wird, daß aber da wo dieſe von der Übermacht oder Energie des Gegners zu er- warten iſt, dies Mittel, wenn es falſch angewendet wird, von einem poſitiven Werth fuͤr den Angreifenden ſein kann.
6. Die wenigſten Flußvertheidigungen ſind ſo, daß ſie nicht umgangen werden koͤnnten, ſei es im Allgemeinen
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Energie gefuͤhrt wird, ſo kann man ſagen daß in der Aus-
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theil des Angreifenden zeigen werden, weil er der Handelnde
iſt, alſo mit ihnen am erſten in Konflikt kommt. Man
bedenke nur wie oft die an ſich unbedeutenden lombar-
diſchen Fluͤſſe mit Erfolg vertheidigt worden ſind. —
Wenn es in der Kriegsgeſchichte dagegen auch Flußverthei-
digungen giebt die nicht das von ihnen Erwartete geleiſtet
haben, ſo liegt es darin daß man zuweilen von dieſem
Mittel ganz uͤbertriebene Wirkung verlangt hat, die ſich
ganz und gar nicht auf ſeine taktiſche Natur gruͤndete,
ſondern bloß auf ſeine aus der Erfahrung bekannte Wirk-
ſamkeit, die man dann noch uͤber alle Gebuͤhr ausdeh-
nen wollte.
4. Nur dann wenn der Vertheidiger den Fehler
macht, auf die Vertheidigung des Fluſſes ſein ganzes Heil
zu bauen, und ſich in den Fall ſetzt durch ihre Spren-
gung in große Verlegenheiten und eine Art Kataſtrophe
zu gerathen, nur dann kann die Flußvertheidigung als eine
dem Angriff guͤnſtige Form des Widerſtandes angeſehen
werden, denn es iſt allerdings leichter eine Flußvertheidi-
digung zu ſprengen als eine gewoͤhnliche Schlacht zu
gewinnen.
5. Es folgt aus dem Bisherigen von ſelbſt, daß Fluß-
vertheidigungen von einem großen Werth werden wenn
keine große Entſcheidung geſucht wird, daß aber da wo
dieſe von der Übermacht oder Energie des Gegners zu er-
warten iſt, dies Mittel, wenn es falſch angewendet wird,
von einem poſitiven Werth fuͤr den Angreifenden ſein kann.
6. Die wenigſten Flußvertheidigungen ſind ſo, daß
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/32>, abgerufen am 25.11.2024.
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