Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

diesen Abtheilungen wollen wir uns hier beschäftigen; es
sind die Brigaden, Divisionen, Korps und die Armeen.

Beschäftigen wir uns zuerst einen Augenblick mit der
Philosophie der Sache. Wozu sind überhaupt die Massen
in Theile geordnet? Offenbar weil Einer nur einer ge-
wissen Anzahl unmittelbar befehlen kann. Der Feldherr
kann nicht 50,000 Soldaten jeden auf seinen Fleck stellen
und erhalten und ihm heißen was er thun und lassen soll;
welches, wenn es denkbar wäre, offenbar das Beste sein
würde; denn keiner der unzähligen Unterbefehlshaber thut
Etwas hinzu (wenigstens wäre dies eine Anomalie), jeder
aber, der eine mehr, der andere weniger, benimmt dem
Befehl Etwas von seiner ursprünglichen Kraft und der
Idee Etwas von ihrer ursprünglichen Präzision. Außer-
dem braucht, wenn mehrere untergeordnete Eintheilungen
stattfinden, der Befehl ein Beträchtliches mehr an Zeit
um sein Ziel zu erreichen. Woraus dann folgt daß die
Eintheilungen und Untereintheilungen, woraus eine Stufen-
leiter des Befehls entsteht, ein nothwendiges Übel
seien. Hier hört unsere Philosophie auf und wir fangen an
etwas taktisch und strategisch zu werden.

Eine ganz isolirte Masse die gegen den Feind wie
ein großes oder kleines selbstständiges Ganze hingestellt
wird, hat drei wesentliche Theile ohne welche sie kaum
gedacht werden kann, nämlich einen Theil welchen sie vor-
schiebt, einen welchen sie für unvorhergesehene Fälle zurück-
stellt, und den Haupttheil zwischen beiden, a b und c.

[Tabelle]

dieſen Abtheilungen wollen wir uns hier beſchaͤftigen; es
ſind die Brigaden, Diviſionen, Korps und die Armeen.

Beſchaͤftigen wir uns zuerſt einen Augenblick mit der
Philoſophie der Sache. Wozu ſind uͤberhaupt die Maſſen
in Theile geordnet? Offenbar weil Einer nur einer ge-
wiſſen Anzahl unmittelbar befehlen kann. Der Feldherr
kann nicht 50,000 Soldaten jeden auf ſeinen Fleck ſtellen
und erhalten und ihm heißen was er thun und laſſen ſoll;
welches, wenn es denkbar waͤre, offenbar das Beſte ſein
wuͤrde; denn keiner der unzaͤhligen Unterbefehlshaber thut
Etwas hinzu (wenigſtens waͤre dies eine Anomalie), jeder
aber, der eine mehr, der andere weniger, benimmt dem
Befehl Etwas von ſeiner urſpruͤnglichen Kraft und der
Idee Etwas von ihrer urſpruͤnglichen Praͤziſion. Außer-
dem braucht, wenn mehrere untergeordnete Eintheilungen
ſtattfinden, der Befehl ein Betraͤchtliches mehr an Zeit
um ſein Ziel zu erreichen. Woraus dann folgt daß die
Eintheilungen und Untereintheilungen, woraus eine Stufen-
leiter des Befehls entſteht, ein nothwendiges Übel
ſeien. Hier hoͤrt unſere Philoſophie auf und wir fangen an
etwas taktiſch und ſtrategiſch zu werden.

Eine ganz iſolirte Maſſe die gegen den Feind wie
ein großes oder kleines ſelbſtſtaͤndiges Ganze hingeſtellt
wird, hat drei weſentliche Theile ohne welche ſie kaum
gedacht werden kann, naͤmlich einen Theil welchen ſie vor-
ſchiebt, einen welchen ſie fuͤr unvorhergeſehene Faͤlle zuruͤck-
ſtellt, und den Haupttheil zwiſchen beiden, a b und c.

[Tabelle]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0280" n="266"/>
die&#x017F;en Abtheilungen wollen wir uns hier be&#x017F;cha&#x0364;ftigen; es<lb/>
&#x017F;ind die Brigaden, Divi&#x017F;ionen, Korps und die Armeen.</p><lb/>
          <p>Be&#x017F;cha&#x0364;ftigen wir uns zuer&#x017F;t einen Augenblick mit der<lb/>
Philo&#x017F;ophie der Sache. Wozu &#x017F;ind u&#x0364;berhaupt die Ma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
in Theile geordnet? Offenbar weil Einer nur einer ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Anzahl unmittelbar befehlen kann. Der Feldherr<lb/>
kann nicht 50,000 Soldaten jeden auf &#x017F;einen Fleck &#x017F;tellen<lb/>
und erhalten und ihm heißen was er thun und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll;<lb/>
welches, wenn es denkbar wa&#x0364;re, offenbar das Be&#x017F;te &#x017F;ein<lb/>
wu&#x0364;rde; denn keiner der unza&#x0364;hligen Unterbefehlshaber thut<lb/>
Etwas hinzu (wenig&#x017F;tens wa&#x0364;re dies eine Anomalie), jeder<lb/>
aber, der eine mehr, der andere weniger, benimmt dem<lb/>
Befehl Etwas von &#x017F;einer ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Kraft und der<lb/>
Idee Etwas von ihrer ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Pra&#x0364;zi&#x017F;ion. Außer-<lb/>
dem braucht, wenn mehrere untergeordnete Eintheilungen<lb/>
&#x017F;tattfinden, der Befehl ein Betra&#x0364;chtliches mehr an Zeit<lb/>
um &#x017F;ein Ziel zu erreichen. Woraus dann folgt daß die<lb/>
Eintheilungen und Untereintheilungen, woraus eine Stufen-<lb/>
leiter des Befehls ent&#x017F;teht, <hi rendition="#g">ein nothwendiges Übel</hi><lb/>
&#x017F;eien. Hier ho&#x0364;rt un&#x017F;ere Philo&#x017F;ophie auf und wir fangen an<lb/>
etwas takti&#x017F;ch und &#x017F;trategi&#x017F;ch zu werden.</p><lb/>
          <p>Eine ganz i&#x017F;olirte Ma&#x017F;&#x017F;e die gegen den Feind wie<lb/>
ein großes oder kleines &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndiges Ganze hinge&#x017F;tellt<lb/>
wird, hat drei we&#x017F;entliche Theile ohne welche &#x017F;ie kaum<lb/>
gedacht werden kann, na&#x0364;mlich einen Theil welchen &#x017F;ie vor-<lb/>
&#x017F;chiebt, einen welchen &#x017F;ie fu&#x0364;r unvorherge&#x017F;ehene Fa&#x0364;lle zuru&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;tellt, und den Haupttheil zwi&#x017F;chen beiden, <hi rendition="#aq">a b</hi> und <hi rendition="#aq">c.</hi><lb/><table><row><cell/></row></table>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0280] dieſen Abtheilungen wollen wir uns hier beſchaͤftigen; es ſind die Brigaden, Diviſionen, Korps und die Armeen. Beſchaͤftigen wir uns zuerſt einen Augenblick mit der Philoſophie der Sache. Wozu ſind uͤberhaupt die Maſſen in Theile geordnet? Offenbar weil Einer nur einer ge- wiſſen Anzahl unmittelbar befehlen kann. Der Feldherr kann nicht 50,000 Soldaten jeden auf ſeinen Fleck ſtellen und erhalten und ihm heißen was er thun und laſſen ſoll; welches, wenn es denkbar waͤre, offenbar das Beſte ſein wuͤrde; denn keiner der unzaͤhligen Unterbefehlshaber thut Etwas hinzu (wenigſtens waͤre dies eine Anomalie), jeder aber, der eine mehr, der andere weniger, benimmt dem Befehl Etwas von ſeiner urſpruͤnglichen Kraft und der Idee Etwas von ihrer urſpruͤnglichen Praͤziſion. Außer- dem braucht, wenn mehrere untergeordnete Eintheilungen ſtattfinden, der Befehl ein Betraͤchtliches mehr an Zeit um ſein Ziel zu erreichen. Woraus dann folgt daß die Eintheilungen und Untereintheilungen, woraus eine Stufen- leiter des Befehls entſteht, ein nothwendiges Übel ſeien. Hier hoͤrt unſere Philoſophie auf und wir fangen an etwas taktiſch und ſtrategiſch zu werden. Eine ganz iſolirte Maſſe die gegen den Feind wie ein großes oder kleines ſelbſtſtaͤndiges Ganze hingeſtellt wird, hat drei weſentliche Theile ohne welche ſie kaum gedacht werden kann, naͤmlich einen Theil welchen ſie vor- ſchiebt, einen welchen ſie fuͤr unvorhergeſehene Faͤlle zuruͤck- ſtellt, und den Haupttheil zwiſchen beiden, a b und c.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/280
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/280>, abgerufen am 26.11.2024.