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Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

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Darin hat also der Oberst Jomini ganz Recht, und
wenn Herr von Bülow mit so vielem Anschein von Wahr-
heit das Gegentheil demonstrirt hat, so liegt es bloß darin
daß er der Einwirkung auf die Verpflegung eine zu schnelle
Wirkung zugeschrieben, den unausbleiblichen Erfolg einer
Schlacht aber leichtsinnigerweise ganz geleugnet hat.

Um den Feind von seinem Rückzugspunkte abzuschnei-
den ist ein strategisches Umgehen und Umfassen allerdings
sehr wirksam; da man diesen Zweck aber auch allenfalls
durch das taktische Umgehen erreichen kann, so wird das
strategische Umgehen immer nur dann rathsam sein, wenn
man (physisch und moralisch) so überlegen ist daß man auf
dem Hauptpunkte stark genug bleibt und mithin das deta-
schirte Korps entbehren kann.

Der Kaiser von Frankreich hat sich auf das strate-
gische Umgehen nie eingelassen, wiewohl er doch physisch
und moralisch so oft, fast immer überlegen war.

Friedrich II. that es nur ein einziges Mal im Angriff
auf Böhmen 1757. Allerdings veranlaßte er dadurch daß
die erste Schlacht von den Östreichern erst bei Prag ge-
liefert werden konnte; allein was half ihm die Eroberung
Böhmens bis Prag ohne entscheidenden Sieg? Die Schlacht
von Kollin zwang ihn sie wieder aufzugeben; ein Beweis
daß Schlachten Alles entscheiden. Bei Prag war er of-
fenbar in Gefahr von der ganzen östreichischen Macht an-
gefallen zu werden ehe Schwerin herankam. Dieser Ge-
fahr hätte er sich nicht ausgesetzt wenn er mit der ganzen
Macht durch Sachsen gezogen wäre. Bei Budin an der
Eger wäre dann vielleicht die erste Schlacht geliefert wor-
den und diese wäre eben so entscheidend gewesen wie die
von Prag. Die Dislokation der preußischen Armee wäh-
rend des Winters in Schlesien und Sachsen hatte zu die-

Darin hat alſo der Oberſt Jomini ganz Recht, und
wenn Herr von Buͤlow mit ſo vielem Anſchein von Wahr-
heit das Gegentheil demonſtrirt hat, ſo liegt es bloß darin
daß er der Einwirkung auf die Verpflegung eine zu ſchnelle
Wirkung zugeſchrieben, den unausbleiblichen Erfolg einer
Schlacht aber leichtſinnigerweiſe ganz geleugnet hat.

Um den Feind von ſeinem Ruͤckzugspunkte abzuſchnei-
den iſt ein ſtrategiſches Umgehen und Umfaſſen allerdings
ſehr wirkſam; da man dieſen Zweck aber auch allenfalls
durch das taktiſche Umgehen erreichen kann, ſo wird das
ſtrategiſche Umgehen immer nur dann rathſam ſein, wenn
man (phyſiſch und moraliſch) ſo uͤberlegen iſt daß man auf
dem Hauptpunkte ſtark genug bleibt und mithin das deta-
ſchirte Korps entbehren kann.

Der Kaiſer von Frankreich hat ſich auf das ſtrate-
giſche Umgehen nie eingelaſſen, wiewohl er doch phyſiſch
und moraliſch ſo oft, faſt immer uͤberlegen war.

Friedrich II. that es nur ein einziges Mal im Angriff
auf Boͤhmen 1757. Allerdings veranlaßte er dadurch daß
die erſte Schlacht von den Öſtreichern erſt bei Prag ge-
liefert werden konnte; allein was half ihm die Eroberung
Boͤhmens bis Prag ohne entſcheidenden Sieg? Die Schlacht
von Kollin zwang ihn ſie wieder aufzugeben; ein Beweis
daß Schlachten Alles entſcheiden. Bei Prag war er of-
fenbar in Gefahr von der ganzen oͤſtreichiſchen Macht an-
gefallen zu werden ehe Schwerin herankam. Dieſer Ge-
fahr haͤtte er ſich nicht ausgeſetzt wenn er mit der ganzen
Macht durch Sachſen gezogen waͤre. Bei Budin an der
Eger waͤre dann vielleicht die erſte Schlacht geliefert wor-
den und dieſe waͤre eben ſo entſcheidend geweſen wie die
von Prag. Die Dislokation der preußiſchen Armee waͤh-
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[244/0258] Darin hat alſo der Oberſt Jomini ganz Recht, und wenn Herr von Buͤlow mit ſo vielem Anſchein von Wahr- heit das Gegentheil demonſtrirt hat, ſo liegt es bloß darin daß er der Einwirkung auf die Verpflegung eine zu ſchnelle Wirkung zugeſchrieben, den unausbleiblichen Erfolg einer Schlacht aber leichtſinnigerweiſe ganz geleugnet hat. Um den Feind von ſeinem Ruͤckzugspunkte abzuſchnei- den iſt ein ſtrategiſches Umgehen und Umfaſſen allerdings ſehr wirkſam; da man dieſen Zweck aber auch allenfalls durch das taktiſche Umgehen erreichen kann, ſo wird das ſtrategiſche Umgehen immer nur dann rathſam ſein, wenn man (phyſiſch und moraliſch) ſo uͤberlegen iſt daß man auf dem Hauptpunkte ſtark genug bleibt und mithin das deta- ſchirte Korps entbehren kann. Der Kaiſer von Frankreich hat ſich auf das ſtrate- giſche Umgehen nie eingelaſſen, wiewohl er doch phyſiſch und moraliſch ſo oft, faſt immer uͤberlegen war. Friedrich II. that es nur ein einziges Mal im Angriff auf Boͤhmen 1757. Allerdings veranlaßte er dadurch daß die erſte Schlacht von den Öſtreichern erſt bei Prag ge- liefert werden konnte; allein was half ihm die Eroberung Boͤhmens bis Prag ohne entſcheidenden Sieg? Die Schlacht von Kollin zwang ihn ſie wieder aufzugeben; ein Beweis daß Schlachten Alles entſcheiden. Bei Prag war er of- fenbar in Gefahr von der ganzen oͤſtreichiſchen Macht an- gefallen zu werden ehe Schwerin herankam. Dieſer Ge- fahr haͤtte er ſich nicht ausgeſetzt wenn er mit der ganzen Macht durch Sachſen gezogen waͤre. Bei Budin an der Eger waͤre dann vielleicht die erſte Schlacht geliefert wor- den und dieſe waͤre eben ſo entſcheidend geweſen wie die von Prag. Die Dislokation der preußiſchen Armee waͤh- rend des Winters in Schleſien und Sachſen hatte zu die-

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Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/258>, abgerufen am 24.11.2024.