Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

mit in der Linie ständen und die Fronte verlängerten,
denn der Feind würde sie in diesem Falle selbst leicht um-
gehen. Auch dieser Punkt ist eine nähere Bestimmung
des zweiten.

5. Hat man viele Truppen die man zurückstellt, so
muß nur ein Theil gerade hinter der Fronte stehen; den
andern stellt man seitwärts zurück.

Von dieser letztern Stellung aus kann man die feind-
lichen Kolonnen welche uns umgehen selbst wieder in die
Flanke nehmen.

6. Ein Hauptgrundsatz ist: sich nie ganz passiv zu
verhalten, sondern den Feind selbst während er uns an-
greift, von vorn und von der Seite anzufallen. Man
vertheidigt sich also auf einer gewissen Linie nur um den
Feind zu veranlassen seine Kräfte zum Angriff derselben
zu entwickeln und geht dann mit andern zurückgehalte-
nen Truppen zum Angriff über. Wie Ew. Königliche
Hoheit einmal Selbst ganz vortrefflich gesagt haben, soll
die Verschanzungskunst dem Vertheidiger nicht dienen sich
wie hinter einem Walle mit mehr Sicherheit zu wehren,
sondern den Feind mit mehr Erfolg anzugreifen, -- eben
das muß man von aller passiven Defensive sagen; sie
ist immer nur das Mittel den Feind in der Gegend
welche ich mir ausersehe, in der ich meine Truppen dis-
ponirt, die ich für mich eingerichtet habe, mit Vortheil
anzufallen.

7. Dieser Angriff der Vertheidigung kann statthaben
in dem Augenblick wo der Feind mich wirklich angreift
oder während er im Marsch gegen mich begriffen ist. Sie
kann auch so geschehen daß ich meine Truppen wenn der
Feind sich zum Angriff anschickt, zurückziehe, ihn dadurch
in ein ihm fremdes Terrain hineinziehe und dann von allen

mit in der Linie ſtaͤnden und die Fronte verlaͤngerten,
denn der Feind wuͤrde ſie in dieſem Falle ſelbſt leicht um-
gehen. Auch dieſer Punkt iſt eine naͤhere Beſtimmung
des zweiten.

5. Hat man viele Truppen die man zuruͤckſtellt, ſo
muß nur ein Theil gerade hinter der Fronte ſtehen; den
andern ſtellt man ſeitwaͤrts zuruͤck.

Von dieſer letztern Stellung aus kann man die feind-
lichen Kolonnen welche uns umgehen ſelbſt wieder in die
Flanke nehmen.

6. Ein Hauptgrundſatz iſt: ſich nie ganz paſſiv zu
verhalten, ſondern den Feind ſelbſt waͤhrend er uns an-
greift, von vorn und von der Seite anzufallen. Man
vertheidigt ſich alſo auf einer gewiſſen Linie nur um den
Feind zu veranlaſſen ſeine Kraͤfte zum Angriff derſelben
zu entwickeln und geht dann mit andern zuruͤckgehalte-
nen Truppen zum Angriff uͤber. Wie Ew. Koͤnigliche
Hoheit einmal Selbſt ganz vortrefflich geſagt haben, ſoll
die Verſchanzungskunſt dem Vertheidiger nicht dienen ſich
wie hinter einem Walle mit mehr Sicherheit zu wehren,
ſondern den Feind mit mehr Erfolg anzugreifen, — eben
das muß man von aller paſſiven Defenſive ſagen; ſie
iſt immer nur das Mittel den Feind in der Gegend
welche ich mir auserſehe, in der ich meine Truppen dis-
ponirt, die ich fuͤr mich eingerichtet habe, mit Vortheil
anzufallen.

7. Dieſer Angriff der Vertheidigung kann ſtatthaben
in dem Augenblick wo der Feind mich wirklich angreift
oder waͤhrend er im Marſch gegen mich begriffen iſt. Sie
kann auch ſo geſchehen daß ich meine Truppen wenn der
Feind ſich zum Angriff anſchickt, zuruͤckziehe, ihn dadurch
in ein ihm fremdes Terrain hineinziehe und dann von allen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0228" n="214"/>
mit in der Linie &#x017F;ta&#x0364;nden und die Fronte verla&#x0364;ngerten,<lb/>
denn der Feind wu&#x0364;rde &#x017F;ie in die&#x017F;em Falle &#x017F;elb&#x017F;t leicht um-<lb/>
gehen. Auch die&#x017F;er Punkt i&#x017F;t eine na&#x0364;here Be&#x017F;timmung<lb/>
des zweiten.</p><lb/>
                <p>5. Hat man viele Truppen die man zuru&#x0364;ck&#x017F;tellt, &#x017F;o<lb/>
muß nur ein Theil gerade hinter der Fronte &#x017F;tehen; den<lb/>
andern &#x017F;tellt man &#x017F;eitwa&#x0364;rts zuru&#x0364;ck.</p><lb/>
                <p>Von die&#x017F;er letztern Stellung aus kann man die feind-<lb/>
lichen Kolonnen welche uns umgehen &#x017F;elb&#x017F;t wieder in die<lb/>
Flanke nehmen.</p><lb/>
                <p>6. Ein Hauptgrund&#x017F;atz i&#x017F;t: &#x017F;ich nie ganz pa&#x017F;&#x017F;iv zu<lb/>
verhalten, &#x017F;ondern den Feind &#x017F;elb&#x017F;t wa&#x0364;hrend er uns an-<lb/>
greift, von vorn und von der Seite anzufallen. Man<lb/>
vertheidigt &#x017F;ich al&#x017F;o auf einer gewi&#x017F;&#x017F;en Linie nur um den<lb/>
Feind zu veranla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eine Kra&#x0364;fte zum Angriff der&#x017F;elben<lb/>
zu entwickeln und geht dann mit andern zuru&#x0364;ckgehalte-<lb/>
nen Truppen zum Angriff u&#x0364;ber. Wie Ew. Ko&#x0364;nigliche<lb/>
Hoheit einmal Selb&#x017F;t ganz vortrefflich ge&#x017F;agt haben, &#x017F;oll<lb/>
die Ver&#x017F;chanzungskun&#x017F;t dem Vertheidiger nicht dienen &#x017F;ich<lb/>
wie hinter einem Walle mit mehr Sicherheit zu wehren,<lb/>
&#x017F;ondern den Feind mit mehr Erfolg anzugreifen, &#x2014; eben<lb/>
das muß man von aller pa&#x017F;&#x017F;iven Defen&#x017F;ive &#x017F;agen; &#x017F;ie<lb/>
i&#x017F;t immer nur das Mittel den Feind in der Gegend<lb/>
welche ich mir auser&#x017F;ehe, in der ich meine Truppen dis-<lb/>
ponirt, die ich fu&#x0364;r mich eingerichtet habe, mit Vortheil<lb/>
anzufallen.</p><lb/>
                <p>7. Die&#x017F;er Angriff der Vertheidigung kann &#x017F;tatthaben<lb/>
in dem Augenblick wo der Feind mich wirklich angreift<lb/>
oder wa&#x0364;hrend er im Mar&#x017F;ch gegen mich begriffen i&#x017F;t. Sie<lb/>
kann auch &#x017F;o ge&#x017F;chehen daß ich meine Truppen wenn der<lb/>
Feind &#x017F;ich zum Angriff an&#x017F;chickt, zuru&#x0364;ckziehe, ihn dadurch<lb/>
in ein ihm fremdes Terrain hineinziehe und dann von allen<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0228] mit in der Linie ſtaͤnden und die Fronte verlaͤngerten, denn der Feind wuͤrde ſie in dieſem Falle ſelbſt leicht um- gehen. Auch dieſer Punkt iſt eine naͤhere Beſtimmung des zweiten. 5. Hat man viele Truppen die man zuruͤckſtellt, ſo muß nur ein Theil gerade hinter der Fronte ſtehen; den andern ſtellt man ſeitwaͤrts zuruͤck. Von dieſer letztern Stellung aus kann man die feind- lichen Kolonnen welche uns umgehen ſelbſt wieder in die Flanke nehmen. 6. Ein Hauptgrundſatz iſt: ſich nie ganz paſſiv zu verhalten, ſondern den Feind ſelbſt waͤhrend er uns an- greift, von vorn und von der Seite anzufallen. Man vertheidigt ſich alſo auf einer gewiſſen Linie nur um den Feind zu veranlaſſen ſeine Kraͤfte zum Angriff derſelben zu entwickeln und geht dann mit andern zuruͤckgehalte- nen Truppen zum Angriff uͤber. Wie Ew. Koͤnigliche Hoheit einmal Selbſt ganz vortrefflich geſagt haben, ſoll die Verſchanzungskunſt dem Vertheidiger nicht dienen ſich wie hinter einem Walle mit mehr Sicherheit zu wehren, ſondern den Feind mit mehr Erfolg anzugreifen, — eben das muß man von aller paſſiven Defenſive ſagen; ſie iſt immer nur das Mittel den Feind in der Gegend welche ich mir auserſehe, in der ich meine Truppen dis- ponirt, die ich fuͤr mich eingerichtet habe, mit Vortheil anzufallen. 7. Dieſer Angriff der Vertheidigung kann ſtatthaben in dem Augenblick wo der Feind mich wirklich angreift oder waͤhrend er im Marſch gegen mich begriffen iſt. Sie kann auch ſo geſchehen daß ich meine Truppen wenn der Feind ſich zum Angriff anſchickt, zuruͤckziehe, ihn dadurch in ein ihm fremdes Terrain hineinziehe und dann von allen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/228
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/228>, abgerufen am 23.11.2024.