unser Hauptheer nur einen schmalen Landstrich hinter sich behält, welchen es sein nennen kann und der also sein Kriegstheater ausmacht. Die Art wie dies die Stoßkraft an der Spitze schwächt, die Gefahren welche dem Angrei- fenden daraus erwachsen, haben wir früher gezeigt. Wird diese Schwierigkeit, wird dieses innere Gegengewicht nicht einen Punkt erreichen können der das weitere Vordringen hemmt? Allerdings kann das sein. Aber so wie wir oben behauptet haben, daß es ein Fehler wäre von Hause aus dieses verengte Kriegstheater vermeiden zu wollen und um dieses Zweckes willen dem Angriff seine Schnell- kraft zu benehmen, so behaupten wir auch jetzt: so lange der Feldherr seinen Gegner noch nicht niedergewor- fen hat, so lange er glaubt stark genug zu sein um das Ziel zu gewinnen, so lange muß er es verfolgen. Er thut es vielleicht mit steigender Gefahr, aber auch mit steigen- der Größe des Erfolgs. Kommt ein Punkt wo er es nicht wagt weiterzugehen, wo er glaubt für seinen Rük- ken sorgen zu müssen, sich rechts und links auszubreiten -- wohlan, es ist höchst wahrscheinlich sein Kulminationspunkt. Die Flugkraft ist dann zu Ende, und wenn der Gegner nicht niedergeworfen ist so wird höchst wahrscheinlich Nichts daraus werden.
Alles was er zur intensiven Ausbildung seines An- griffs mit Eroberung von Festungen, Pässen, Provinzen thut, ist zwar noch ein langsames Vorschreiten, aber nur ein relatives, kein absolutes mehr. Der Feind ist nicht mehr auf der Flucht, er rüstet sich vielleicht schon zu er- neuertem Widerstand, und es ist also schon möglich daß, obgleich der Angreifende noch intensiv vorwärtsschreitet, der Vertheidiger, indem er es auch thut, schon täglich et- was über ihn gewinnt. Kurz wir kommen darauf zurück:
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unſer Hauptheer nur einen ſchmalen Landſtrich hinter ſich behaͤlt, welchen es ſein nennen kann und der alſo ſein Kriegstheater ausmacht. Die Art wie dies die Stoßkraft an der Spitze ſchwaͤcht, die Gefahren welche dem Angrei- fenden daraus erwachſen, haben wir fruͤher gezeigt. Wird dieſe Schwierigkeit, wird dieſes innere Gegengewicht nicht einen Punkt erreichen koͤnnen der das weitere Vordringen hemmt? Allerdings kann das ſein. Aber ſo wie wir oben behauptet haben, daß es ein Fehler waͤre von Hauſe aus dieſes verengte Kriegstheater vermeiden zu wollen und um dieſes Zweckes willen dem Angriff ſeine Schnell- kraft zu benehmen, ſo behaupten wir auch jetzt: ſo lange der Feldherr ſeinen Gegner noch nicht niedergewor- fen hat, ſo lange er glaubt ſtark genug zu ſein um das Ziel zu gewinnen, ſo lange muß er es verfolgen. Er thut es vielleicht mit ſteigender Gefahr, aber auch mit ſteigen- der Groͤße des Erfolgs. Kommt ein Punkt wo er es nicht wagt weiterzugehen, wo er glaubt fuͤr ſeinen Ruͤk- ken ſorgen zu muͤſſen, ſich rechts und links auszubreiten — wohlan, es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich ſein Kulminationspunkt. Die Flugkraft iſt dann zu Ende, und wenn der Gegner nicht niedergeworfen iſt ſo wird hoͤchſt wahrſcheinlich Nichts daraus werden.
Alles was er zur intenſiven Ausbildung ſeines An- griffs mit Eroberung von Feſtungen, Paͤſſen, Provinzen thut, iſt zwar noch ein langſames Vorſchreiten, aber nur ein relatives, kein abſolutes mehr. Der Feind iſt nicht mehr auf der Flucht, er ruͤſtet ſich vielleicht ſchon zu er- neuertem Widerſtand, und es iſt alſo ſchon moͤglich daß, obgleich der Angreifende noch intenſiv vorwaͤrtsſchreitet, der Vertheidiger, indem er es auch thut, ſchon taͤglich et- was uͤber ihn gewinnt. Kurz wir kommen darauf zuruͤck:
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unſer Hauptheer nur einen ſchmalen Landſtrich hinter ſich
behaͤlt, welchen es ſein nennen kann und der alſo ſein
Kriegstheater ausmacht. Die Art wie dies die Stoßkraft
an der Spitze ſchwaͤcht, die Gefahren welche dem Angrei-
fenden daraus erwachſen, haben wir fruͤher gezeigt. Wird
dieſe Schwierigkeit, wird dieſes innere Gegengewicht nicht
einen Punkt erreichen koͤnnen der das weitere Vordringen
hemmt? Allerdings kann das ſein. Aber ſo wie wir
oben behauptet haben, daß es ein Fehler waͤre von Hauſe
aus dieſes verengte Kriegstheater vermeiden zu wollen
und um dieſes Zweckes willen dem Angriff ſeine Schnell-
kraft zu benehmen, ſo behaupten wir auch jetzt: ſo
lange der Feldherr ſeinen Gegner noch nicht niedergewor-
fen hat, ſo lange er glaubt ſtark genug zu ſein um das
Ziel zu gewinnen, ſo lange muß er es verfolgen. Er thut
es vielleicht mit ſteigender Gefahr, aber auch mit ſteigen-
der Groͤße des Erfolgs. Kommt ein Punkt wo er es
nicht wagt weiterzugehen, wo er glaubt fuͤr ſeinen Ruͤk-
ken ſorgen zu muͤſſen, ſich rechts und links auszubreiten —
wohlan, es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich ſein Kulminationspunkt.
Die Flugkraft iſt dann zu Ende, und wenn der Gegner
nicht niedergeworfen iſt ſo wird hoͤchſt wahrſcheinlich Nichts
daraus werden.
Alles was er zur intenſiven Ausbildung ſeines An-
griffs mit Eroberung von Feſtungen, Paͤſſen, Provinzen
thut, iſt zwar noch ein langſames Vorſchreiten, aber nur
ein relatives, kein abſolutes mehr. Der Feind iſt nicht
mehr auf der Flucht, er ruͤſtet ſich vielleicht ſchon zu er-
neuertem Widerſtand, und es iſt alſo ſchon moͤglich daß,
obgleich der Angreifende noch intenſiv vorwaͤrtsſchreitet,
der Vertheidiger, indem er es auch thut, ſchon taͤglich et-
was uͤber ihn gewinnt. Kurz wir kommen darauf zuruͤck:
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/193>, abgerufen am 24.11.2024.
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