Sind es Heere eines Herrn, so hat es meist keine Schwie- rigkeit; sind es verbündete Heere, deren das eine als bloßer Bundesgenosse ohne eigenes Interesse handelt, so ist die Schwierigkeit nicht viel größer; sind es zu gemeinschaftli- chen Zwecken Verbündete, so kommt es auf den Grad der Befreundung an; wir haben davon schon geredet.
Zweitens von der Lage des Kriegstheaters auf wel- chem die verschiedenen feindlichen Heere erscheinen.
Sind die feindlichen Kräfte auf einem Kriegstheater in einem Heere beisammen, so bilden sie faktisch eine Ein- heit und wir brauchen nach dem Übrigen nicht zu fragen; sind sie auf einem Kriegstheater in getrennten Heeren, die verschiedenen Mächten angehören, so ist die Einheit nicht mehr absolut, es ist aber doch noch ein hinreichender Zu- sammenhang der Theile da, um durch einen entschiedenen Stoß gegen einen Theil den andern mitfortzureißen. Sind die Heere auf benachbarten, durch keine großen Na- turgegenstände getrennten Kriegstheatern aufgestellt, so fehlt es auch hier noch nicht an dem entschiedenen Einfluß des einen auf das andere; sind die Kriegstheater sehr weit von einander entfernt, liegen neutrale Strecken, große Gebirge u. s. w. dazwischen, so ist der Einfluß sehr zwei- felhaft, also unwahrscheinlich; liegen sie gar an ganz ver- schiedenen Seiten des bekriegten Staates, so daß die Wir- kungen gegen dieselben in excentrischen Linien aus einander gehen, so ist fast die Spur jedes Zusammenhanges ver- schwunden.
Wenn Preußen von Rußland und Frankreich zugleich bekriegt würde, so wäre das, in Beziehung auf die Krieg- führung, so gut als wenn es zwei verschiedene Kriege wä- ren; allenfalls würde die Einheit in den Unterhandlungen zum Vorschein kommen.
Sind es Heere eines Herrn, ſo hat es meiſt keine Schwie- rigkeit; ſind es verbuͤndete Heere, deren das eine als bloßer Bundesgenoſſe ohne eigenes Intereſſe handelt, ſo iſt die Schwierigkeit nicht viel groͤßer; ſind es zu gemeinſchaftli- chen Zwecken Verbuͤndete, ſo kommt es auf den Grad der Befreundung an; wir haben davon ſchon geredet.
Zweitens von der Lage des Kriegstheaters auf wel- chem die verſchiedenen feindlichen Heere erſcheinen.
Sind die feindlichen Kraͤfte auf einem Kriegstheater in einem Heere beiſammen, ſo bilden ſie faktiſch eine Ein- heit und wir brauchen nach dem Übrigen nicht zu fragen; ſind ſie auf einem Kriegstheater in getrennten Heeren, die verſchiedenen Maͤchten angehoͤren, ſo iſt die Einheit nicht mehr abſolut, es iſt aber doch noch ein hinreichender Zu- ſammenhang der Theile da, um durch einen entſchiedenen Stoß gegen einen Theil den andern mitfortzureißen. Sind die Heere auf benachbarten, durch keine großen Na- turgegenſtaͤnde getrennten Kriegstheatern aufgeſtellt, ſo fehlt es auch hier noch nicht an dem entſchiedenen Einfluß des einen auf das andere; ſind die Kriegstheater ſehr weit von einander entfernt, liegen neutrale Strecken, große Gebirge u. ſ. w. dazwiſchen, ſo iſt der Einfluß ſehr zwei- felhaft, alſo unwahrſcheinlich; liegen ſie gar an ganz ver- ſchiedenen Seiten des bekriegten Staates, ſo daß die Wir- kungen gegen dieſelben in excentriſchen Linien aus einander gehen, ſo iſt faſt die Spur jedes Zuſammenhanges ver- ſchwunden.
Wenn Preußen von Rußland und Frankreich zugleich bekriegt wuͤrde, ſo waͤre das, in Beziehung auf die Krieg- fuͤhrung, ſo gut als wenn es zwei verſchiedene Kriege waͤ- ren; allenfalls wuͤrde die Einheit in den Unterhandlungen zum Vorſchein kommen.
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Sind es Heere eines Herrn, ſo hat es meiſt keine Schwie-
rigkeit; ſind es verbuͤndete Heere, deren das eine als bloßer
Bundesgenoſſe ohne eigenes Intereſſe handelt, ſo iſt die
Schwierigkeit nicht viel groͤßer; ſind es zu gemeinſchaftli-
chen Zwecken Verbuͤndete, ſo kommt es auf den Grad der
Befreundung an; wir haben davon ſchon geredet.
Zweitens von der Lage des Kriegstheaters auf wel-
chem die verſchiedenen feindlichen Heere erſcheinen.
Sind die feindlichen Kraͤfte auf einem Kriegstheater
in einem Heere beiſammen, ſo bilden ſie faktiſch eine Ein-
heit und wir brauchen nach dem Übrigen nicht zu fragen;
ſind ſie auf einem Kriegstheater in getrennten Heeren, die
verſchiedenen Maͤchten angehoͤren, ſo iſt die Einheit nicht
mehr abſolut, es iſt aber doch noch ein hinreichender Zu-
ſammenhang der Theile da, um durch einen entſchiedenen
Stoß gegen einen Theil den andern mitfortzureißen.
Sind die Heere auf benachbarten, durch keine großen Na-
turgegenſtaͤnde getrennten Kriegstheatern aufgeſtellt, ſo fehlt
es auch hier noch nicht an dem entſchiedenen Einfluß des
einen auf das andere; ſind die Kriegstheater ſehr weit
von einander entfernt, liegen neutrale Strecken, große
Gebirge u. ſ. w. dazwiſchen, ſo iſt der Einfluß ſehr zwei-
felhaft, alſo unwahrſcheinlich; liegen ſie gar an ganz ver-
ſchiedenen Seiten des bekriegten Staates, ſo daß die Wir-
kungen gegen dieſelben in excentriſchen Linien aus einander
gehen, ſo iſt faſt die Spur jedes Zuſammenhanges ver-
ſchwunden.
Wenn Preußen von Rußland und Frankreich zugleich
bekriegt wuͤrde, ſo waͤre das, in Beziehung auf die Krieg-
fuͤhrung, ſo gut als wenn es zwei verſchiedene Kriege waͤ-
ren; allenfalls wuͤrde die Einheit in den Unterhandlungen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/176>, abgerufen am 27.11.2024.
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