nicht entsprechende Wirkung verspricht, kann sie mit ihren Bestimmungen einen schädlichen Einfluß auf den Krieg haben. Wie Jemand in einer Sprache, der er nicht ganz gewachsen ist, mit einem richtigen Gedanken zuweilen Un- richtiges sagt, so wird die Politik dann oft Dinge anord- nen, die ihrer eigenen Absicht nicht entsprechen.
Dies ist unendlich oft vorgekommen und dies macht es fühlbar daß eine gewisse Einsicht in das Kriegswesen von der Führung des politischen Verkehrs nicht getrennt werden sollte.
Aber ehe wir ein Wort weiter reden, müssen wir uns vor einer falschen Deutung verwahren, die sehr nahe liegt. Wir sind weit entfernt zu glauben daß ein in Akten vergrabener Kriegsminister oder ein gelehrter Inge- nieur oder auch selbst ein im Felde tüchtiger Soldat darum den beßten Staatsminister abgeben würde, wo der Fürst es nicht selbst ist; oder, mit andern Worten, wir wollen durchaus nicht daß diese Einsicht in das Kriegs- wesen die Haupteigenschaft desselben sei; ein großartiger, ausgezeichneter Kopf, ein starker Charakter, das sind die Haupteigenschaften; die Einsicht in das Kriegswesen läßt sich auf eine oder die andere Art wohl ergänzen. Frank- reich ist in seinen kriegerischen und politischen Händeln nie schlechter berathen gewesen, als unter den Gebrüdern Belle- isle und dem Herzog von Choiseuil, obgleich alle drei gute Soldaten waren.
Soll ein Krieg ganz den Absichten der Politik ent- sprechen und soll die Politik den Mitteln zum Kriege ganz angemessen sein, so bleibt, wo der Staatsmann und der Soldat nicht in einer Person vereinigt sind, nur ein gutes Mittel übrig, nämlich den obersten Feldherrn zum Mitglied des Kabinets zu machen, damit dasselbe Theil an
nicht entſprechende Wirkung verſpricht, kann ſie mit ihren Beſtimmungen einen ſchaͤdlichen Einfluß auf den Krieg haben. Wie Jemand in einer Sprache, der er nicht ganz gewachſen iſt, mit einem richtigen Gedanken zuweilen Un- richtiges ſagt, ſo wird die Politik dann oft Dinge anord- nen, die ihrer eigenen Abſicht nicht entſprechen.
Dies iſt unendlich oft vorgekommen und dies macht es fuͤhlbar daß eine gewiſſe Einſicht in das Kriegsweſen von der Fuͤhrung des politiſchen Verkehrs nicht getrennt werden ſollte.
Aber ehe wir ein Wort weiter reden, muͤſſen wir uns vor einer falſchen Deutung verwahren, die ſehr nahe liegt. Wir ſind weit entfernt zu glauben daß ein in Akten vergrabener Kriegsminiſter oder ein gelehrter Inge- nieur oder auch ſelbſt ein im Felde tuͤchtiger Soldat darum den beßten Staatsminiſter abgeben wuͤrde, wo der Fuͤrſt es nicht ſelbſt iſt; oder, mit andern Worten, wir wollen durchaus nicht daß dieſe Einſicht in das Kriegs- weſen die Haupteigenſchaft deſſelben ſei; ein großartiger, ausgezeichneter Kopf, ein ſtarker Charakter, das ſind die Haupteigenſchaften; die Einſicht in das Kriegsweſen laͤßt ſich auf eine oder die andere Art wohl ergaͤnzen. Frank- reich iſt in ſeinen kriegeriſchen und politiſchen Haͤndeln nie ſchlechter berathen geweſen, als unter den Gebruͤdern Belle- isle und dem Herzog von Choiſeuil, obgleich alle drei gute Soldaten waren.
Soll ein Krieg ganz den Abſichten der Politik ent- ſprechen und ſoll die Politik den Mitteln zum Kriege ganz angemeſſen ſein, ſo bleibt, wo der Staatsmann und der Soldat nicht in einer Perſon vereinigt ſind, nur ein gutes Mittel uͤbrig, naͤmlich den oberſten Feldherrn zum Mitglied des Kabinets zu machen, damit daſſelbe Theil an
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nicht entſprechende Wirkung verſpricht, kann ſie mit ihren
Beſtimmungen einen ſchaͤdlichen Einfluß auf den Krieg
haben. Wie Jemand in einer Sprache, der er nicht ganz
gewachſen iſt, mit einem richtigen Gedanken zuweilen Un-
richtiges ſagt, ſo wird die Politik dann oft Dinge anord-
nen, die ihrer eigenen Abſicht nicht entſprechen.
Dies iſt unendlich oft vorgekommen und dies macht
es fuͤhlbar daß eine gewiſſe Einſicht in das Kriegsweſen
von der Fuͤhrung des politiſchen Verkehrs nicht getrennt
werden ſollte.
Aber ehe wir ein Wort weiter reden, muͤſſen wir
uns vor einer falſchen Deutung verwahren, die ſehr nahe
liegt. Wir ſind weit entfernt zu glauben daß ein in
Akten vergrabener Kriegsminiſter oder ein gelehrter Inge-
nieur oder auch ſelbſt ein im Felde tuͤchtiger Soldat
darum den beßten Staatsminiſter abgeben wuͤrde, wo der
Fuͤrſt es nicht ſelbſt iſt; oder, mit andern Worten, wir
wollen durchaus nicht daß dieſe Einſicht in das Kriegs-
weſen die Haupteigenſchaft deſſelben ſei; ein großartiger,
ausgezeichneter Kopf, ein ſtarker Charakter, das ſind die
Haupteigenſchaften; die Einſicht in das Kriegsweſen laͤßt
ſich auf eine oder die andere Art wohl ergaͤnzen. Frank-
reich iſt in ſeinen kriegeriſchen und politiſchen Haͤndeln nie
ſchlechter berathen geweſen, als unter den Gebruͤdern Belle-
isle und dem Herzog von Choiſeuil, obgleich alle drei gute
Soldaten waren.
Soll ein Krieg ganz den Abſichten der Politik ent-
ſprechen und ſoll die Politik den Mitteln zum Kriege
ganz angemeſſen ſein, ſo bleibt, wo der Staatsmann und
der Soldat nicht in einer Perſon vereinigt ſind, nur ein
gutes Mittel uͤbrig, naͤmlich den oberſten Feldherrn zum
Mitglied des Kabinets zu machen, damit daſſelbe Theil an
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/160>, abgerufen am 25.11.2024.
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