in die düstere Nacht hinein. Der Secretair Blum war im höchsten Grade ermüdet; ein mitleidiger Schlaf wiegte ihn in eine ununterbrochene Ruhe, die nur Blauenstein selbst nicht hold war. Die Ereignisse der letzten Tage, die vor wenigen Stunden erhaltene Trauerpost durchkreuzten sich in seinem Kopfe; er schloß in finsterer Wehmuth die Augen, und warf sich in die weichen Leder¬ kissen seines Wagens.
5. Liebespein.
Tina wünschte nichts sehnlicher, als der Ball möge zu Ende sein. Sie überlegte hin und her, ob sie sich der Gesellschaft entziehen könnte; sich krank melden, das war zu gewagt, denn noch kaum war sie gesund wie ein Fischchen im Saale herumgehüpft; irgend etwas anderes vorwenden, war auch nicht räthlich, denn die giftige Verläum¬ dung brachte sie dann in's Gerede mit dem Baron, der bereits viel zu viel Liebhaberinnen gewonnen hatte. Also das Beste blieb auf jeden Fall, in den Saal zurückzugehn, zu tanzen, und zu thun,
in die duͤſtere Nacht hinein. Der Secretair Blum war im hoͤchſten Grade ermuͤdet; ein mitleidiger Schlaf wiegte ihn in eine ununterbrochene Ruhe, die nur Blauenſtein ſelbſt nicht hold war. Die Ereigniſſe der letzten Tage, die vor wenigen Stunden erhaltene Trauerpoſt durchkreuzten ſich in ſeinem Kopfe; er ſchloß in finſterer Wehmuth die Augen, und warf ſich in die weichen Leder¬ kiſſen ſeines Wagens.
5. Liebespein.
Tina wuͤnſchte nichts ſehnlicher, als der Ball moͤge zu Ende ſein. Sie uͤberlegte hin und her, ob ſie ſich der Geſellſchaft entziehen koͤnnte; ſich krank melden, das war zu gewagt, denn noch kaum war ſie geſund wie ein Fiſchchen im Saale herumgehuͤpft; irgend etwas anderes vorwenden, war auch nicht raͤthlich, denn die giftige Verlaͤum¬ dung brachte ſie dann in's Gerede mit dem Baron, der bereits viel zu viel Liebhaberinnen gewonnen hatte. Alſo das Beſte blieb auf jeden Fall, in den Saal zuruͤckzugehn, zu tanzen, und zu thun,
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in die duͤſtere Nacht hinein. Der Secretair Blum
war im hoͤchſten Grade ermuͤdet; ein mitleidiger
Schlaf wiegte ihn in eine ununterbrochene Ruhe,
die nur Blauenſtein ſelbſt nicht hold war. Die
Ereigniſſe der letzten Tage, die vor wenigen
Stunden erhaltene Trauerpoſt durchkreuzten ſich
in ſeinem Kopfe; er ſchloß in finſterer Wehmuth
die Augen, und warf ſich in die weichen Leder¬
kiſſen ſeines Wagens.
5.
Liebespein.
Tina wuͤnſchte nichts ſehnlicher, als der Ball
moͤge zu Ende ſein. Sie uͤberlegte hin und her,
ob ſie ſich der Geſellſchaft entziehen koͤnnte; ſich
krank melden, das war zu gewagt, denn noch
kaum war ſie geſund wie ein Fiſchchen im Saale
herumgehuͤpft; irgend etwas anderes vorwenden,
war auch nicht raͤthlich, denn die giftige Verlaͤum¬
dung brachte ſie dann in's Gerede mit dem Baron,
der bereits viel zu viel Liebhaberinnen gewonnen
hatte. Alſo das Beſte blieb auf jeden Fall, in
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/88>, abgerufen am 18.12.2024.
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