seligen Freundlichkeit einen guten Morgen, und schlüpfte, ein häusliches Geschäft vorgebend, in eine Seitenthür.
"Hören Sie, Blauensteinchen," hob Oncle Heinrich an, und faßte ihn zutraulich am Arme, "erzeigen Sie mir und uns Allen eine Freund¬ schaft. Wir kennen uns zwar erst seit gestern, aber alle gute Menschen sind leicht erkennbar; unser Herrgott hat seine Lieblinge mit etwas ge¬ zeichnet, das wie glänzende Schrift auf den Ge¬ sichtern steht. Und sehn Sie, just so einer sind Sie auch!"
"Sehr verbunden," erwiederte Blauenstein lächlend. "Aber Sie sprachen von einem Wunsche, wenn ich Sie recht verstand; darf ich ihn wissen?" "Gleich, gleich, Freundchen," sagte Heinrich, nahm aus einer unförmlichen Dose eine verhältnißmä¬ ßige Priese, und bot seinem Begleiter ein Gleiches an. "Ach Sie sind wohl nicht schnippisch?" fuhr er fort, als Blauenstein dankte. "Nun, das ist in der Ordnung; ein junger Herr will stets nett und zierlich aussehn; und der Taback besu¬ delt doch immer Jabot und Weste. Aber, was ich sagen wollte; in kurzer Zeit erwarten wir den Staunitz, unsern Tinchens Bräutigam."
ſeligen Freundlichkeit einen guten Morgen, und ſchluͤpfte, ein haͤusliches Geſchaͤft vorgebend, in eine Seitenthuͤr.
„Hoͤren Sie, Blauenſteinchen,“ hob Oncle Heinrich an, und faßte ihn zutraulich am Arme, „erzeigen Sie mir und uns Allen eine Freund¬ ſchaft. Wir kennen uns zwar erſt ſeit geſtern, aber alle gute Menſchen ſind leicht erkennbar; unſer Herrgott hat ſeine Lieblinge mit etwas ge¬ zeichnet, das wie glaͤnzende Schrift auf den Ge¬ ſichtern ſteht. Und ſehn Sie, juſt ſo einer ſind Sie auch!“
„Sehr verbunden,“ erwiederte Blauenſtein laͤchlend. „Aber Sie ſprachen von einem Wunſche, wenn ich Sie recht verſtand; darf ich ihn wiſſen?“ „Gleich, gleich, Freundchen,“ ſagte Heinrich, nahm aus einer unfoͤrmlichen Doſe eine verhaͤltnißmaͤ¬ ßige Prieſe, und bot ſeinem Begleiter ein Gleiches an. „Ach Sie ſind wohl nicht ſchnippiſch?“ fuhr er fort, als Blauenſtein dankte. „Nun, das iſt in der Ordnung; ein junger Herr will ſtets nett und zierlich ausſehn; und der Taback beſu¬ delt doch immer Jabot und Weſte. Aber, was ich ſagen wollte; in kurzer Zeit erwarten wir den Staunitz, unſern Tinchens Braͤutigam.“
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ſeligen Freundlichkeit einen guten Morgen, und
ſchluͤpfte, ein haͤusliches Geſchaͤft vorgebend, in
eine Seitenthuͤr.
„Hoͤren Sie, Blauenſteinchen,“ hob Oncle
Heinrich an, und faßte ihn zutraulich am Arme,
„erzeigen Sie mir und uns Allen eine Freund¬
ſchaft. Wir kennen uns zwar erſt ſeit geſtern,
aber alle gute Menſchen ſind leicht erkennbar;
unſer Herrgott hat ſeine Lieblinge mit etwas ge¬
zeichnet, das wie glaͤnzende Schrift auf den Ge¬
ſichtern ſteht. Und ſehn Sie, juſt ſo einer ſind
Sie auch!“
„Sehr verbunden,“ erwiederte Blauenſtein
laͤchlend. „Aber Sie ſprachen von einem Wunſche,
wenn ich Sie recht verſtand; darf ich ihn wiſſen?“
„Gleich, gleich, Freundchen,“ ſagte Heinrich, nahm
aus einer unfoͤrmlichen Doſe eine verhaͤltnißmaͤ¬
ßige Prieſe, und bot ſeinem Begleiter ein Gleiches
an. „Ach Sie ſind wohl nicht ſchnippiſch?“
fuhr er fort, als Blauenſtein dankte. „Nun, das
iſt in der Ordnung; ein junger Herr will ſtets
nett und zierlich ausſehn; und der Taback beſu¬
delt doch immer Jabot und Weſte. Aber, was
ich ſagen wollte; in kurzer Zeit erwarten wir
den Staunitz, unſern Tinchens Braͤutigam.“
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/40>, abgerufen am 16.02.2025.
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