Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

die Brust, und gestand mir Alles, wie sie Ihren
Vater kennen gelernt, wie innig sie ihn geliebt
habe, daß der alte Freiherr dies Band gewaltsam
getrennt, vielleicht wie sie meinte, wie ich aber mit
Zuverlässigkeit annehmen konnte, aus elender Geld¬
sucht, aus Furcht, sein Haus möge ohne meine Un¬
terstützungen in Elend versinken. Die Religions¬
verschiedenheit Mariens und ihres Geliebten war
nur Nebensache gewesen! --

Mariens Herz war in der That merklich er¬
leichtert durch ihre Mittheilung; sie schwebte wie
ein holder Engel des Himmels um mich her,
und machte mich durch meine beiden Kinder zum
glücklichsten Vater. Aber ein heimliches Gift
nagte an der zarten Blüthe ihres edlen Lebens,
und ehe noch die kleine Tina ihr achtes Jahr
erreichte, war meine Marie -- todt! -- -- Sie
war nicht für diese Welt, das elende Treiben
dieser jämmerlichen Menschen stimmte nicht zu der
klaren Reinheit ihres himmlischen Herzens. --

Erlassen Sie mir für heute die Auseinander¬
setzung mancher kleinen Nebenumstände, die Sie
vielleicht schon von selbst errathen. Ich hoffe, ich
stehe in Ihren Augen als kein Schuldiger da;
ich war schwach, und des Engels nicht werth,

die Bruſt, und geſtand mir Alles, wie ſie Ihren
Vater kennen gelernt, wie innig ſie ihn geliebt
habe, daß der alte Freiherr dies Band gewaltſam
getrennt, vielleicht wie ſie meinte, wie ich aber mit
Zuverlaͤſſigkeit annehmen konnte, aus elender Geld¬
ſucht, aus Furcht, ſein Haus moͤge ohne meine Un¬
terſtuͤtzungen in Elend verſinken. Die Religions¬
verſchiedenheit Mariens und ihres Geliebten war
nur Nebenſache geweſen! —

Mariens Herz war in der That merklich er¬
leichtert durch ihre Mittheilung; ſie ſchwebte wie
ein holder Engel des Himmels um mich her,
und machte mich durch meine beiden Kinder zum
gluͤcklichſten Vater. Aber ein heimliches Gift
nagte an der zarten Bluͤthe ihres edlen Lebens,
und ehe noch die kleine Tina ihr achtes Jahr
erreichte, war meine Marie — todt! — — Sie
war nicht fuͤr dieſe Welt, das elende Treiben
dieſer jaͤmmerlichen Menſchen ſtimmte nicht zu der
klaren Reinheit ihres himmliſchen Herzens. —

Erlaſſen Sie mir fuͤr heute die Auseinander¬
ſetzung mancher kleinen Nebenumſtaͤnde, die Sie
vielleicht ſchon von ſelbſt errathen. Ich hoffe, ich
ſtehe in Ihren Augen als kein Schuldiger da;
ich war ſchwach, und des Engels nicht werth,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0255" n="249"/>
die Bru&#x017F;t, und ge&#x017F;tand mir Alles, wie &#x017F;ie Ihren<lb/>
Vater kennen gelernt, wie innig &#x017F;ie ihn geliebt<lb/>
habe, daß der alte Freiherr dies Band gewalt&#x017F;am<lb/>
getrennt, vielleicht wie &#x017F;ie meinte, wie ich aber mit<lb/>
Zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit annehmen konnte, aus elender Geld¬<lb/>
&#x017F;ucht, aus Furcht, &#x017F;ein Haus mo&#x0364;ge ohne meine Un¬<lb/>
ter&#x017F;tu&#x0364;tzungen in Elend ver&#x017F;inken. Die Religions¬<lb/>
ver&#x017F;chiedenheit Mariens und ihres Geliebten war<lb/>
nur Neben&#x017F;ache gewe&#x017F;en! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Mariens Herz war in der That merklich er¬<lb/>
leichtert durch ihre Mittheilung; &#x017F;ie &#x017F;chwebte wie<lb/>
ein holder Engel des Himmels um mich her,<lb/>
und machte mich durch meine beiden Kinder zum<lb/>
glu&#x0364;cklich&#x017F;ten Vater. Aber ein heimliches Gift<lb/>
nagte an der zarten Blu&#x0364;the ihres edlen Lebens,<lb/>
und ehe noch die kleine Tina ihr achtes Jahr<lb/>
erreichte, war meine Marie &#x2014; todt! &#x2014; &#x2014; Sie<lb/>
war nicht fu&#x0364;r die&#x017F;e Welt, das elende Treiben<lb/>
die&#x017F;er ja&#x0364;mmerlichen Men&#x017F;chen &#x017F;timmte nicht zu der<lb/>
klaren Reinheit ihres himmli&#x017F;chen Herzens. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Erla&#x017F;&#x017F;en Sie mir fu&#x0364;r heute die Auseinander¬<lb/>
&#x017F;etzung mancher kleinen Nebenum&#x017F;ta&#x0364;nde, die Sie<lb/>
vielleicht &#x017F;chon von &#x017F;elb&#x017F;t errathen. Ich hoffe, ich<lb/>
&#x017F;tehe in Ihren Augen als kein Schuldiger da;<lb/>
ich war &#x017F;chwach, und des Engels nicht werth,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0255] die Bruſt, und geſtand mir Alles, wie ſie Ihren Vater kennen gelernt, wie innig ſie ihn geliebt habe, daß der alte Freiherr dies Band gewaltſam getrennt, vielleicht wie ſie meinte, wie ich aber mit Zuverlaͤſſigkeit annehmen konnte, aus elender Geld¬ ſucht, aus Furcht, ſein Haus moͤge ohne meine Un¬ terſtuͤtzungen in Elend verſinken. Die Religions¬ verſchiedenheit Mariens und ihres Geliebten war nur Nebenſache geweſen! — Mariens Herz war in der That merklich er¬ leichtert durch ihre Mittheilung; ſie ſchwebte wie ein holder Engel des Himmels um mich her, und machte mich durch meine beiden Kinder zum gluͤcklichſten Vater. Aber ein heimliches Gift nagte an der zarten Bluͤthe ihres edlen Lebens, und ehe noch die kleine Tina ihr achtes Jahr erreichte, war meine Marie — todt! — — Sie war nicht fuͤr dieſe Welt, das elende Treiben dieſer jaͤmmerlichen Menſchen ſtimmte nicht zu der klaren Reinheit ihres himmliſchen Herzens. — Erlaſſen Sie mir fuͤr heute die Auseinander¬ ſetzung mancher kleinen Nebenumſtaͤnde, die Sie vielleicht ſchon von ſelbſt errathen. Ich hoffe, ich ſtehe in Ihren Augen als kein Schuldiger da; ich war ſchwach, und des Engels nicht werth,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/255
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/255>, abgerufen am 24.11.2024.