Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827."Herr Graf," sagte Blauenstein, als jener ein "Entschuldigen Sie diese innere Aufregung," „Herr Graf,“ ſagte Blauenſtein, als jener ein „Entſchuldigen Sie dieſe innere Aufregung,“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0250" n="244"/> <p>„Herr Graf,“ ſagte Blauenſtein, als jener ein<lb/> wenig in ſeiner Rede ſtill ſtand, „Sie ſind in<lb/> einer zu aufgeregten Stimmung, ſchonen Sie<lb/> Ihre Kraͤfte! Schon der innige Antheil an dem<lb/> Mißgeſchick meines Vaters zeigt mir, das Ihnen<lb/> ſeine Verhaͤltniſſe zu Fraͤulein Marie von Struen<lb/> unbekannt ſein mußten!“</p><lb/> <p>„Entſchuldigen Sie dieſe innere Aufregung,“<lb/> entgegnete der Graf mit Ruhe, „aber ich weiß<lb/> nicht, was mich heute ſo innig bewegt und wei¬<lb/> biſche Thraͤnen in mein Auge lockt. Hoͤren Sie<lb/> mich denn an, ich werde bald zu Ende ſein. —<lb/> Ich lernte Marien auf dem Landſitze einer Tante<lb/> kennen, in deren Naͤhe Struens Erbguͤter liegen,<lb/> welche ſchon damals ſehr uͤberſchuldet waren.<lb/> Wer haͤtte dieſen holden Engel ſehn und nicht<lb/> augenblicklich lieben koͤnnen! — Ich ſah ſie oft,<lb/> beinahe taͤglich; wir unterhielten uns, ich las ihr<lb/> vor, meine Hand leitete mit ſicherer Keckheit den<lb/> Kahn uͤber den großen, mit Wald begrenzten<lb/> Weiher meiner Tante, und Marie folgte mir gern.<lb/> Der Freiherr und ſeine Gemahlin mogten bemer¬<lb/> ken, was ich fuͤr ihr Kind empfinde, und zeigten<lb/> ſich mir jeder Zeit freundlich und zuvorkommend;<lb/> aber mein Mund war verſchloſſen, eine namenloſe<lb/> Angſt ergriff mein Herz, wenn mir in Mariens<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [244/0250]
„Herr Graf,“ ſagte Blauenſtein, als jener ein
wenig in ſeiner Rede ſtill ſtand, „Sie ſind in
einer zu aufgeregten Stimmung, ſchonen Sie
Ihre Kraͤfte! Schon der innige Antheil an dem
Mißgeſchick meines Vaters zeigt mir, das Ihnen
ſeine Verhaͤltniſſe zu Fraͤulein Marie von Struen
unbekannt ſein mußten!“
„Entſchuldigen Sie dieſe innere Aufregung,“
entgegnete der Graf mit Ruhe, „aber ich weiß
nicht, was mich heute ſo innig bewegt und wei¬
biſche Thraͤnen in mein Auge lockt. Hoͤren Sie
mich denn an, ich werde bald zu Ende ſein. —
Ich lernte Marien auf dem Landſitze einer Tante
kennen, in deren Naͤhe Struens Erbguͤter liegen,
welche ſchon damals ſehr uͤberſchuldet waren.
Wer haͤtte dieſen holden Engel ſehn und nicht
augenblicklich lieben koͤnnen! — Ich ſah ſie oft,
beinahe taͤglich; wir unterhielten uns, ich las ihr
vor, meine Hand leitete mit ſicherer Keckheit den
Kahn uͤber den großen, mit Wald begrenzten
Weiher meiner Tante, und Marie folgte mir gern.
Der Freiherr und ſeine Gemahlin mogten bemer¬
ken, was ich fuͤr ihr Kind empfinde, und zeigten
ſich mir jeder Zeit freundlich und zuvorkommend;
aber mein Mund war verſchloſſen, eine namenloſe
Angſt ergriff mein Herz, wenn mir in Mariens
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