ihm statt allen Dankes auf biedermännische Art die Hand.
Daß Blauenstein von dem Augenblicke an, als er dem Grafen seinen Namen genannt, un¬ gleich höflicher und zuvorkommender behandelt wurde, bis allenfalls auf den Oncle Heinrich und die reizende Tina, machte ihm einigen Verdruß. Aber der erwähnte Oncle, dem Anscheine nach ein drolliger, biederer Kautz, ließ ihm zum Nachden¬ ken keine Zeit. "Kommen Sie," sagte er, und zog den jungen Mann in eine Fenstervertiefung des Zimmers, ohne sich an die mißbilligende Miene seines Schwagers zu kehren, "haben Sie die Güte, mir zu sagen, wie sich eigentlich das Un¬ glück mit dem Pferde zutrug. Sie nehmen mir das nicht übel, nicht wahr?"
Blauenstein gehorchte gern. Tina aber, das Zimmer war dem Mädchen zu enge für das unge¬ stüm klopfende Herz, Tina schlüpfte hinaus in den Garten. Der Abendwind saus'te durch die hohen, schlanken Pappeln am See, und das leichte Ge¬ büsch des Bosquets flüsterte treulich der Lieblichen den Willkommen entgegen. Der Gärtner hatte eben ein Beet mit den schönsten Astern gereinigt und ausgeputzt; Tina pflückte sich eine davon,
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ihm ſtatt allen Dankes auf biedermaͤnniſche Art die Hand.
Daß Blauenſtein von dem Augenblicke an, als er dem Grafen ſeinen Namen genannt, un¬ gleich hoͤflicher und zuvorkommender behandelt wurde, bis allenfalls auf den Oncle Heinrich und die reizende Tina, machte ihm einigen Verdruß. Aber der erwaͤhnte Oncle, dem Anſcheine nach ein drolliger, biederer Kautz, ließ ihm zum Nachden¬ ken keine Zeit. „Kommen Sie,“ ſagte er, und zog den jungen Mann in eine Fenſtervertiefung des Zimmers, ohne ſich an die mißbilligende Miene ſeines Schwagers zu kehren, „haben Sie die Guͤte, mir zu ſagen, wie ſich eigentlich das Un¬ gluͤck mit dem Pferde zutrug. Sie nehmen mir das nicht uͤbel, nicht wahr?“
Blauenſtein gehorchte gern. Tina aber, das Zimmer war dem Maͤdchen zu enge fuͤr das unge¬ ſtuͤm klopfende Herz, Tina ſchluͤpfte hinaus in den Garten. Der Abendwind ſauſ'te durch die hohen, ſchlanken Pappeln am See, und das leichte Ge¬ buͤſch des Bosquets fluͤſterte treulich der Lieblichen den Willkommen entgegen. Der Gaͤrtner hatte eben ein Beet mit den ſchoͤnſten Aſtern gereinigt und ausgeputzt; Tina pfluͤckte ſich eine davon,
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ihm ſtatt allen Dankes auf biedermaͤnniſche Art
die Hand.
Daß Blauenſtein von dem Augenblicke an,
als er dem Grafen ſeinen Namen genannt, un¬
gleich hoͤflicher und zuvorkommender behandelt
wurde, bis allenfalls auf den Oncle Heinrich und
die reizende Tina, machte ihm einigen Verdruß.
Aber der erwaͤhnte Oncle, dem Anſcheine nach ein
drolliger, biederer Kautz, ließ ihm zum Nachden¬
ken keine Zeit. „Kommen Sie,“ ſagte er, und
zog den jungen Mann in eine Fenſtervertiefung
des Zimmers, ohne ſich an die mißbilligende Miene
ſeines Schwagers zu kehren, „haben Sie die
Guͤte, mir zu ſagen, wie ſich eigentlich das Un¬
gluͤck mit dem Pferde zutrug. Sie nehmen mir
das nicht uͤbel, nicht wahr?“
Blauenſtein gehorchte gern. Tina aber, das
Zimmer war dem Maͤdchen zu enge fuͤr das unge¬
ſtuͤm klopfende Herz, Tina ſchluͤpfte hinaus in den
Garten. Der Abendwind ſauſ'te durch die hohen,
ſchlanken Pappeln am See, und das leichte Ge¬
buͤſch des Bosquets fluͤſterte treulich der Lieblichen
den Willkommen entgegen. Der Gaͤrtner hatte
eben ein Beet mit den ſchoͤnſten Aſtern gereinigt
und ausgeputzt; Tina pfluͤckte ſich eine davon,
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/25>, abgerufen am 16.02.2025.
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