Weshalb diese sonderbaren Zweifel? unterbrach ich sie rasch und etwas ruhiger. Meine Zukunft ist sicher, wenigstens kenne ich für jetzt keine Sorge, als die, dieses ungestüme Herz zu befrie¬ digen. Ich gehe zurück auf meine Güter, ich will meine Untergebenen zu glücklichen Menschen machen. Und wie würden sie gesegnet werden, wenn ich an der Hand eines Engels heimkehrte, der mich zum seligsten der Sterblichen macht! -- Also schlage ein, mein heilig geliebtes Mädchen, sei mein, sprich, ob Du mich lieben kannst!
Sie reichte mir ihre Hand; ein zartes Errö¬ then übergoß ihr liebliches Gesicht mit jungfräu¬ licher Scham, und sie vermogte keinen Laut über die süßen Lippen zu bringen. Da zog ich sie mit stürmischer Freude an mein Herz, sie war mein, und eine lange, selige Umarmung, schloß den Bund der keuschesten Liebe! -- -- Wir ver¬ mogten nun auf einmal aus der süßen Tändelei nicht herauszukommen, und begriffen in der That nicht, wie wir noch vor wenigen Stunden so mißmuthig, so verstimmt hatten sein können. Die Liebe kennt nur süße Sorgen, wir enteilten daher der Gegenwart mit dem Gedanken an die nächste Zukunft, wie wir die Verwandten in Blumenau überraschen, auf welcher meiner
Weshalb dieſe ſonderbaren Zweifel? unterbrach ich ſie raſch und etwas ruhiger. Meine Zukunft iſt ſicher, wenigſtens kenne ich fuͤr jetzt keine Sorge, als die, dieſes ungeſtuͤme Herz zu befrie¬ digen. Ich gehe zuruͤck auf meine Guͤter, ich will meine Untergebenen zu gluͤcklichen Menſchen machen. Und wie wuͤrden ſie geſegnet werden, wenn ich an der Hand eines Engels heimkehrte, der mich zum ſeligſten der Sterblichen macht! — Alſo ſchlage ein, mein heilig geliebtes Maͤdchen, ſei mein, ſprich, ob Du mich lieben kannſt!
Sie reichte mir ihre Hand; ein zartes Erroͤ¬ then uͤbergoß ihr liebliches Geſicht mit jungfraͤu¬ licher Scham, und ſie vermogte keinen Laut uͤber die ſuͤßen Lippen zu bringen. Da zog ich ſie mit ſtuͤrmiſcher Freude an mein Herz, ſie war mein, und eine lange, ſelige Umarmung, ſchloß den Bund der keuſcheſten Liebe! — — Wir ver¬ mogten nun auf einmal aus der ſuͤßen Taͤndelei nicht herauszukommen, und begriffen in der That nicht, wie wir noch vor wenigen Stunden ſo mißmuthig, ſo verſtimmt hatten ſein koͤnnen. Die Liebe kennt nur ſuͤße Sorgen, wir enteilten daher der Gegenwart mit dem Gedanken an die naͤchſte Zukunft, wie wir die Verwandten in Blumenau uͤberraſchen, auf welcher meiner
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0230"n="224"/><p>Weshalb dieſe ſonderbaren Zweifel? unterbrach<lb/>
ich ſie raſch und etwas ruhiger. Meine Zukunft<lb/>
iſt ſicher, wenigſtens kenne ich fuͤr jetzt keine<lb/>
Sorge, als die, dieſes ungeſtuͤme Herz zu befrie¬<lb/>
digen. Ich gehe zuruͤck auf meine Guͤter, ich<lb/>
will meine Untergebenen zu gluͤcklichen Menſchen<lb/>
machen. Und wie wuͤrden ſie geſegnet werden,<lb/>
wenn ich an der Hand eines Engels heimkehrte,<lb/>
der mich zum ſeligſten der Sterblichen macht!<lb/>— Alſo ſchlage ein, mein heilig geliebtes Maͤdchen,<lb/>ſei mein, ſprich, ob Du mich lieben kannſt!</p><lb/><p>Sie reichte mir ihre Hand; ein zartes Erroͤ¬<lb/>
then uͤbergoß ihr liebliches Geſicht mit jungfraͤu¬<lb/>
licher Scham, und ſie vermogte keinen Laut uͤber<lb/>
die ſuͤßen Lippen zu bringen. Da zog ich ſie<lb/>
mit ſtuͤrmiſcher Freude an mein Herz, ſie war<lb/>
mein, und eine lange, ſelige Umarmung, ſchloß<lb/>
den Bund der keuſcheſten Liebe! —— Wir ver¬<lb/>
mogten nun auf einmal aus der ſuͤßen Taͤndelei<lb/>
nicht herauszukommen, und begriffen in der<lb/>
That nicht, wie wir noch vor wenigen Stunden<lb/>ſo mißmuthig, ſo verſtimmt hatten ſein koͤnnen.<lb/>
Die Liebe kennt nur ſuͤße Sorgen, wir enteilten<lb/>
daher der Gegenwart mit dem Gedanken an die<lb/>
naͤchſte Zukunft, wie wir die Verwandten in<lb/>
Blumenau uͤberraſchen, auf welcher meiner<lb/></p></div></body></text></TEI>
[224/0230]
Weshalb dieſe ſonderbaren Zweifel? unterbrach
ich ſie raſch und etwas ruhiger. Meine Zukunft
iſt ſicher, wenigſtens kenne ich fuͤr jetzt keine
Sorge, als die, dieſes ungeſtuͤme Herz zu befrie¬
digen. Ich gehe zuruͤck auf meine Guͤter, ich
will meine Untergebenen zu gluͤcklichen Menſchen
machen. Und wie wuͤrden ſie geſegnet werden,
wenn ich an der Hand eines Engels heimkehrte,
der mich zum ſeligſten der Sterblichen macht!
— Alſo ſchlage ein, mein heilig geliebtes Maͤdchen,
ſei mein, ſprich, ob Du mich lieben kannſt!
Sie reichte mir ihre Hand; ein zartes Erroͤ¬
then uͤbergoß ihr liebliches Geſicht mit jungfraͤu¬
licher Scham, und ſie vermogte keinen Laut uͤber
die ſuͤßen Lippen zu bringen. Da zog ich ſie
mit ſtuͤrmiſcher Freude an mein Herz, ſie war
mein, und eine lange, ſelige Umarmung, ſchloß
den Bund der keuſcheſten Liebe! — — Wir ver¬
mogten nun auf einmal aus der ſuͤßen Taͤndelei
nicht herauszukommen, und begriffen in der
That nicht, wie wir noch vor wenigen Stunden
ſo mißmuthig, ſo verſtimmt hatten ſein koͤnnen.
Die Liebe kennt nur ſuͤße Sorgen, wir enteilten
daher der Gegenwart mit dem Gedanken an die
naͤchſte Zukunft, wie wir die Verwandten in
Blumenau uͤberraſchen, auf welcher meiner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/230>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.