Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.unsern Arbeiten zusah, und eine Menge neugie¬ An dem bestimmten Tage fanden wir uns unſern Arbeiten zuſah, und eine Menge neugie¬ An dem beſtimmten Tage fanden wir uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0210" n="204"/> unſern Arbeiten zuſah, und eine Menge neugie¬<lb/> riger junger Noͤnnchen im Hintergrunde lauſchend<lb/> und fluͤſternd, vielleicht die liebliche Adeline<lb/> mitten unter ihnen, da wurde mir doch ganz<lb/> eigen um's Herz, und ich wuͤnſchte, wir haͤtten<lb/> uns auf die Sache nicht weiter eingelaſſen. Denn<lb/> wir verſtanden beide vom Reſtauriren ſo viel<lb/> wie nichts, und konnten hoͤchſtens ein ertraͤgliches<lb/> Bildchen zu Stande bringen. Aber nun wieder<lb/> die arme, in Thraͤnen ſich aufloͤſende Adeline, mit<lb/> der gluͤhenden Sehnſucht nach Freiheit in der Bruſt,<lb/> — nein, der Gedanke gab neuen Muth, neue<lb/> Spannkraft; es mußte, es ſollte ihr geholfen<lb/> werden! —</p><lb/> <p>An dem beſtimmten Tage fanden wir uns<lb/> im Kloſter ein. Eine alte zahnloſe Laienſchweſter<lb/> grinſ'te uns grisgramig an, und geleitete uns<lb/> durch eine Menge finſtere Corridors und Vor¬<lb/> hallen zu der ehrwuͤrdigen Frau, die mir ſehr<lb/> verhaßt war, wenn ſie mir auch die Hand zur<lb/> Rettung der armen Gefangenen unbewußt darge¬<lb/> boten. Die Dame empfing uns mit wahrhaft<lb/> ſeltener Wuͤrde; in ihrem Auge lag Geiſt und<lb/> Scharfblick, und ich fuͤrchtete beinahe, wir wuͤrden<lb/> vor ihr nicht beſtehen koͤnnen. Allein im Puncte<lb/> der Kunſt, und auf dieſen kam es hier haupt¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [204/0210]
unſern Arbeiten zuſah, und eine Menge neugie¬
riger junger Noͤnnchen im Hintergrunde lauſchend
und fluͤſternd, vielleicht die liebliche Adeline
mitten unter ihnen, da wurde mir doch ganz
eigen um's Herz, und ich wuͤnſchte, wir haͤtten
uns auf die Sache nicht weiter eingelaſſen. Denn
wir verſtanden beide vom Reſtauriren ſo viel
wie nichts, und konnten hoͤchſtens ein ertraͤgliches
Bildchen zu Stande bringen. Aber nun wieder
die arme, in Thraͤnen ſich aufloͤſende Adeline, mit
der gluͤhenden Sehnſucht nach Freiheit in der Bruſt,
— nein, der Gedanke gab neuen Muth, neue
Spannkraft; es mußte, es ſollte ihr geholfen
werden! —
An dem beſtimmten Tage fanden wir uns
im Kloſter ein. Eine alte zahnloſe Laienſchweſter
grinſ'te uns grisgramig an, und geleitete uns
durch eine Menge finſtere Corridors und Vor¬
hallen zu der ehrwuͤrdigen Frau, die mir ſehr
verhaßt war, wenn ſie mir auch die Hand zur
Rettung der armen Gefangenen unbewußt darge¬
boten. Die Dame empfing uns mit wahrhaft
ſeltener Wuͤrde; in ihrem Auge lag Geiſt und
Scharfblick, und ich fuͤrchtete beinahe, wir wuͤrden
vor ihr nicht beſtehen koͤnnen. Allein im Puncte
der Kunſt, und auf dieſen kam es hier haupt¬
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