Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.Zierlichkeit, daß er ihr seine höchste Zufriedenheit Blauenstein vermogte kaum einen Bissen der Zierlichkeit, daß er ihr ſeine hoͤchſte Zufriedenheit Blauenſtein vermogte kaum einen Biſſen der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="189"/> Zierlichkeit, daß er ihr ſeine hoͤchſte Zufriedenheit<lb/> durch einige, faſt zu oft wiederholte Umarmungen<lb/> und mit feurigen Kuͤſſen inniger Liebe an den<lb/> Tag legte; denn Oncle Heinrich und Bruder<lb/> Emil meinten, wenn das ſo fortgehe, ſo muͤßten<lb/> ſie gegenſeitig, ſammt und ſonders den Tiſch ohne<lb/> gehoͤrige Speiſe und Trank verlaſſen. Emil ſchlug<lb/> daher vor, man ſolle Herrn Sander, den Ober¬<lb/> verwalter rufen, der vermoͤge ſeiner geiſtreichen,<lb/> oͤconomiſchen Unterhaltung die alte Ordnung leicht<lb/> herſtellen koͤnne; aber Staunitz wußte ein weit<lb/> einfacheres Mittelchen, und ſetzte ſich ohne weitere<lb/> Umſtaͤnde zwiſchen das darob faſt zuͤrnende Paar,<lb/> das jetzt auf nichts, als vielſagende Blicke beſchraͤnkt<lb/> blieb. Tina ſchmollte ein wenig, denn ſie hatte<lb/> wohlweislich den Tiſch nur fuͤr die Familie und<lb/> Gaͤſte eingerichtet, damit die Verwalter, welche<lb/> ihr Vater auf Heinrichs Empfehlung immer um<lb/> ſich hatte, nicht Zeuge ihrer Unterhaltung ſein<lb/> ſollten, und nun war ihr Plan geſcheitert! —</p><lb/> <p>Blauenſtein vermogte kaum einen Biſſen der<lb/> delicaten Speiſen zu genießen, ſo voll des ſuͤßen<lb/> Liebesgluͤcks war er, und ſah mit Verwunderung<lb/> dem Schnelleſſer Emil zu, der ſich um das ganze<lb/> Treiben weiter nicht kuͤmmerte.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [189/0195]
Zierlichkeit, daß er ihr ſeine hoͤchſte Zufriedenheit
durch einige, faſt zu oft wiederholte Umarmungen
und mit feurigen Kuͤſſen inniger Liebe an den
Tag legte; denn Oncle Heinrich und Bruder
Emil meinten, wenn das ſo fortgehe, ſo muͤßten
ſie gegenſeitig, ſammt und ſonders den Tiſch ohne
gehoͤrige Speiſe und Trank verlaſſen. Emil ſchlug
daher vor, man ſolle Herrn Sander, den Ober¬
verwalter rufen, der vermoͤge ſeiner geiſtreichen,
oͤconomiſchen Unterhaltung die alte Ordnung leicht
herſtellen koͤnne; aber Staunitz wußte ein weit
einfacheres Mittelchen, und ſetzte ſich ohne weitere
Umſtaͤnde zwiſchen das darob faſt zuͤrnende Paar,
das jetzt auf nichts, als vielſagende Blicke beſchraͤnkt
blieb. Tina ſchmollte ein wenig, denn ſie hatte
wohlweislich den Tiſch nur fuͤr die Familie und
Gaͤſte eingerichtet, damit die Verwalter, welche
ihr Vater auf Heinrichs Empfehlung immer um
ſich hatte, nicht Zeuge ihrer Unterhaltung ſein
ſollten, und nun war ihr Plan geſcheitert! —
Blauenſtein vermogte kaum einen Biſſen der
delicaten Speiſen zu genießen, ſo voll des ſuͤßen
Liebesgluͤcks war er, und ſah mit Verwunderung
dem Schnelleſſer Emil zu, der ſich um das ganze
Treiben weiter nicht kuͤmmerte.
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