näher, "hier steht mein Lebensretter! Ihm danke nächst der Vorsehung für seine That, für seine edle Aufopferung!" --
Blauenstein, war es Überraschung, war er verwirrt von dem Glanze dieser nie gekannten Schönheit, welche leuchtend wie ein Meteor vor seinen Blicken aufging, war es die plötzliche Lösung des Zweifels, ob die Dame noch jung sei, oder bereits dem alten Register angehöre, war es das verlegene Wesen einer zu weit gehenden Blö¬ digkeit? -- Blauenstein stand stumm wie ein Fisch, verlegen wie ein Schulknabe dem engel¬ schönen Mädchen gegenüber, und wußte am Ende nichts zu erwiedern, als ein mageres "bitte recht sehr!" -- Hundertmal, ja sein halbes Leben lang warf er sich diese abgeschmackte Redensart vor. Hatte er auch etwas Geistloseres sagen können, als dies infame "bitte recht sehr!" Und was mußte dies Mädchen von ihm denken, in welchem Lichte erschien er ihr, die ihm in so schönen, so unendlich weichen Worten für die Erhaltung ihres theuersten Gutes mit einer Glut auf den Wangen gedankt, die er in diesem Augenblicke nicht werth war. Wie dumm, wie entsetzlich dumm, sagte er bei sich; jedenfalls muß deine Albernheit dem Mädchen anstößig sein.
naͤher, „hier ſteht mein Lebensretter! Ihm danke naͤchſt der Vorſehung fuͤr ſeine That, fuͤr ſeine edle Aufopferung!“ —
Blauenſtein, war es Überraſchung, war er verwirrt von dem Glanze dieſer nie gekannten Schoͤnheit, welche leuchtend wie ein Meteor vor ſeinen Blicken aufging, war es die ploͤtzliche Loͤſung des Zweifels, ob die Dame noch jung ſei, oder bereits dem alten Regiſter angehoͤre, war es das verlegene Weſen einer zu weit gehenden Bloͤ¬ digkeit? — Blauenſtein ſtand ſtumm wie ein Fiſch, verlegen wie ein Schulknabe dem engel¬ ſchoͤnen Maͤdchen gegenuͤber, und wußte am Ende nichts zu erwiedern, als ein mageres „bitte recht ſehr!“ — Hundertmal, ja ſein halbes Leben lang warf er ſich dieſe abgeſchmackte Redensart vor. Hatte er auch etwas Geiſtloſeres ſagen koͤnnen, als dies infame „bitte recht ſehr!“ Und was mußte dies Maͤdchen von ihm denken, in welchem Lichte erſchien er ihr, die ihm in ſo ſchoͤnen, ſo unendlich weichen Worten fuͤr die Erhaltung ihres theuerſten Gutes mit einer Glut auf den Wangen gedankt, die er in dieſem Augenblicke nicht werth war. Wie dumm, wie entſetzlich dumm, ſagte er bei ſich; jedenfalls muß deine Albernheit dem Maͤdchen anſtoͤßig ſein.
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naͤher, „hier ſteht mein Lebensretter! Ihm danke
naͤchſt der Vorſehung fuͤr ſeine That, fuͤr ſeine
edle Aufopferung!“ —
Blauenſtein, war es Überraſchung, war er
verwirrt von dem Glanze dieſer nie gekannten
Schoͤnheit, welche leuchtend wie ein Meteor vor
ſeinen Blicken aufging, war es die ploͤtzliche
Loͤſung des Zweifels, ob die Dame noch jung ſei,
oder bereits dem alten Regiſter angehoͤre, war es
das verlegene Weſen einer zu weit gehenden Bloͤ¬
digkeit? — Blauenſtein ſtand ſtumm wie ein
Fiſch, verlegen wie ein Schulknabe dem engel¬
ſchoͤnen Maͤdchen gegenuͤber, und wußte am Ende
nichts zu erwiedern, als ein mageres „bitte recht
ſehr!“ — Hundertmal, ja ſein halbes Leben lang
warf er ſich dieſe abgeſchmackte Redensart vor.
Hatte er auch etwas Geiſtloſeres ſagen koͤnnen,
als dies infame „bitte recht ſehr!“ Und was
mußte dies Maͤdchen von ihm denken, in welchem
Lichte erſchien er ihr, die ihm in ſo ſchoͤnen, ſo
unendlich weichen Worten fuͤr die Erhaltung ihres
theuerſten Gutes mit einer Glut auf den Wangen
gedankt, die er in dieſem Augenblicke nicht werth
war. Wie dumm, wie entſetzlich dumm, ſagte er
bei ſich; jedenfalls muß deine Albernheit dem
Maͤdchen anſtoͤßig ſein.
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/16>, abgerufen am 02.03.2025.
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