Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

für immer verloren, Am Morgen sandte ich den
Brief in des Freiherrn Hotel, und gegen Abend
empfing ich folgende Zeilen:

"Mon chere Lieutenant!

Es stand zu vermuthen, was Ihr Brief ent¬
halten würde, und ich wollte anfangs Bedenken
tragen, ihn zu erbrechen. Damit ich nicht für
unbillig gelte, gab ich nach, und habe ihre An¬
träge gelesen. Sie haben einen nicht unbedeutenden
Rechtshandel, je le sais; mais mon chere, ob
er zu Ihren Gunsten ausfällt, bezweifelt jeder
Sachverständige, denn Ihre Sache ist critisch, und
ungerecht; cela en passant. Aber Sie sind
ohne Dienst, und einem Bettler reicht mein Kind
ihre Hand nie. Dies auf den ersten Theil Ihres
Schreibens. Allein Sie sind auch ferner refor¬
mirten Glaubens, meine Tochter dem catholischen
ergeben, und nur Glaubensverwandte dürfen es
wagen, sich um meine Tochter zu bewerben, wonach
sich zu richten. Behelligen Sie weder mich, noch
meine Tochter mit fernern unerwünschten Anträgen,
und suchen Sie vor allen Dingen wieder einen
Dienst zu bekommen!

Ihr wohlaffectionirter
Boromäus, Freiherr von und zu Struen."

fuͤr immer verloren, Am Morgen ſandte ich den
Brief in des Freiherrn Hotel, und gegen Abend
empfing ich folgende Zeilen:

„Mon chere Lieutenant!

Es ſtand zu vermuthen, was Ihr Brief ent¬
halten wuͤrde, und ich wollte anfangs Bedenken
tragen, ihn zu erbrechen. Damit ich nicht fuͤr
unbillig gelte, gab ich nach, und habe ihre An¬
traͤge geleſen. Sie haben einen nicht unbedeutenden
Rechtshandel, je le sais; mais mon chere, ob
er zu Ihren Gunſten ausfaͤllt, bezweifelt jeder
Sachverſtaͤndige, denn Ihre Sache iſt critiſch, und
ungerecht; çela en passant. Aber Sie ſind
ohne Dienſt, und einem Bettler reicht mein Kind
ihre Hand nie. Dies auf den erſten Theil Ihres
Schreibens. Allein Sie ſind auch ferner refor¬
mirten Glaubens, meine Tochter dem catholiſchen
ergeben, und nur Glaubensverwandte duͤrfen es
wagen, ſich um meine Tochter zu bewerben, wonach
ſich zu richten. Behelligen Sie weder mich, noch
meine Tochter mit fernern unerwuͤnſchten Antraͤgen,
und ſuchen Sie vor allen Dingen wieder einen
Dienſt zu bekommen!

Ihr wohlaffectionirter
Boromaͤus, Freiherr von und zu Struen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0158" n="152"/>
fu&#x0364;r immer verloren, Am Morgen &#x017F;andte ich den<lb/>
Brief in des Freiherrn Hotel, und gegen Abend<lb/>
empfing ich folgende Zeilen:</p><lb/>
        <p rendition="#c"> <hi rendition="#aq">&#x201E;Mon chere Lieutenant!</hi> </p><lb/>
        <p>Es &#x017F;tand zu vermuthen, was Ihr Brief ent¬<lb/>
halten wu&#x0364;rde, und ich wollte anfangs Bedenken<lb/>
tragen, ihn zu erbrechen. Damit ich nicht fu&#x0364;r<lb/>
unbillig gelte, gab ich nach, und habe ihre An¬<lb/>
tra&#x0364;ge gele&#x017F;en. Sie haben einen nicht unbedeutenden<lb/>
Rechtshandel, <hi rendition="#aq">je le sais; mais mon chere,</hi> ob<lb/>
er zu Ihren Gun&#x017F;ten ausfa&#x0364;llt, bezweifelt jeder<lb/>
Sachver&#x017F;ta&#x0364;ndige, denn Ihre Sache i&#x017F;t criti&#x017F;ch, und<lb/>
ungerecht; <hi rendition="#aq">çela en passant</hi>. Aber Sie &#x017F;ind<lb/>
ohne Dien&#x017F;t, und einem Bettler reicht mein Kind<lb/>
ihre Hand nie. Dies auf den er&#x017F;ten Theil Ihres<lb/>
Schreibens. Allein Sie &#x017F;ind auch ferner refor¬<lb/>
mirten Glaubens, meine Tochter dem catholi&#x017F;chen<lb/>
ergeben, und nur Glaubensverwandte du&#x0364;rfen es<lb/>
wagen, &#x017F;ich um meine Tochter zu bewerben, wonach<lb/>
&#x017F;ich zu richten. Behelligen Sie weder mich, noch<lb/>
meine Tochter mit fernern unerwu&#x0364;n&#x017F;chten Antra&#x0364;gen,<lb/>
und &#x017F;uchen Sie vor allen Dingen wieder einen<lb/>
Dien&#x017F;t zu bekommen!</p><lb/>
        <p rendition="#right">Ihr wohlaffectionirter<lb/>
Boroma&#x0364;us, Freiherr von und zu Struen.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0158] fuͤr immer verloren, Am Morgen ſandte ich den Brief in des Freiherrn Hotel, und gegen Abend empfing ich folgende Zeilen: „Mon chere Lieutenant! Es ſtand zu vermuthen, was Ihr Brief ent¬ halten wuͤrde, und ich wollte anfangs Bedenken tragen, ihn zu erbrechen. Damit ich nicht fuͤr unbillig gelte, gab ich nach, und habe ihre An¬ traͤge geleſen. Sie haben einen nicht unbedeutenden Rechtshandel, je le sais; mais mon chere, ob er zu Ihren Gunſten ausfaͤllt, bezweifelt jeder Sachverſtaͤndige, denn Ihre Sache iſt critiſch, und ungerecht; çela en passant. Aber Sie ſind ohne Dienſt, und einem Bettler reicht mein Kind ihre Hand nie. Dies auf den erſten Theil Ihres Schreibens. Allein Sie ſind auch ferner refor¬ mirten Glaubens, meine Tochter dem catholiſchen ergeben, und nur Glaubensverwandte duͤrfen es wagen, ſich um meine Tochter zu bewerben, wonach ſich zu richten. Behelligen Sie weder mich, noch meine Tochter mit fernern unerwuͤnſchten Antraͤgen, und ſuchen Sie vor allen Dingen wieder einen Dienſt zu bekommen! Ihr wohlaffectionirter Boromaͤus, Freiherr von und zu Struen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/158
Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/158>, abgerufen am 18.12.2024.