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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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Marien zu sprechen. "Vielleicht," sagte ich, "hegt
der Freiherr mildere Gesinnungen, als wir glauben,
denn weshalb hätte er sich sonst nach mir er¬
kundigt? Mein Vermögen wird mir bald gerettet
sein, ich darf ihr meine Hand reichen, denn meine
Geburt ist der ihrigen gleich!"

"Was Ihr Vermögen betrifft," erwiederte
Antonie, "so hat der Freiherr geäußert, es wäre
so gut als verloren; auch in diesem Punkte hat
er sich zu unterrichten gewußt. Aber seine Ge¬
mahlin ist catholischen Glaubens, und Marie soll
nur einem Glaubensverwandten ihre Hand reichen!"

"Sie verwunden mein Herz durch diese Nach¬
richt tief!" erwiederte ich. "Aber dennoch bitte
ich Sie, mir meine Bitte nicht abzuschlagen.
Ich werde mit Ihrer Mutter reden, sie wird
Mitleid mit mir haben, und mir gewähren, ohne
das ich nicht glücklich sein kann!"

"Sind Sie," fragte Antonie lächlend, "Sind
Sie denn Ihrer Sache so gewiß, Herr v. Blauen¬
stein? Halten Sie ein bloßes Wohlwollen von
Seiten meiner Freundin nicht gleich für Gegen¬
liebe. Aber ich selbst wünsche eine Zusammenkunft,
vielleicht läßt sich Manches ausgleichen, Sie

Marien zu ſprechen. „Vielleicht,“ ſagte ich, „hegt
der Freiherr mildere Geſinnungen, als wir glauben,
denn weshalb haͤtte er ſich ſonſt nach mir er¬
kundigt? Mein Vermoͤgen wird mir bald gerettet
ſein, ich darf ihr meine Hand reichen, denn meine
Geburt iſt der ihrigen gleich!“

„Was Ihr Vermoͤgen betrifft,“ erwiederte
Antonie, „ſo hat der Freiherr geaͤußert, es waͤre
ſo gut als verloren; auch in dieſem Punkte hat
er ſich zu unterrichten gewußt. Aber ſeine Ge¬
mahlin iſt catholiſchen Glaubens, und Marie ſoll
nur einem Glaubensverwandten ihre Hand reichen!“

„Sie verwunden mein Herz durch dieſe Nach¬
richt tief!“ erwiederte ich. „Aber dennoch bitte
ich Sie, mir meine Bitte nicht abzuſchlagen.
Ich werde mit Ihrer Mutter reden, ſie wird
Mitleid mit mir haben, und mir gewaͤhren, ohne
das ich nicht gluͤcklich ſein kann!“

„Sind Sie,“ fragte Antonie laͤchlend, „Sind
Sie denn Ihrer Sache ſo gewiß, Herr v. Blauen¬
ſtein? Halten Sie ein bloßes Wohlwollen von
Seiten meiner Freundin nicht gleich fuͤr Gegen¬
liebe. Aber ich ſelbſt wuͤnſche eine Zuſammenkunft,
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[143/0149] Marien zu ſprechen. „Vielleicht,“ ſagte ich, „hegt der Freiherr mildere Geſinnungen, als wir glauben, denn weshalb haͤtte er ſich ſonſt nach mir er¬ kundigt? Mein Vermoͤgen wird mir bald gerettet ſein, ich darf ihr meine Hand reichen, denn meine Geburt iſt der ihrigen gleich!“ „Was Ihr Vermoͤgen betrifft,“ erwiederte Antonie, „ſo hat der Freiherr geaͤußert, es waͤre ſo gut als verloren; auch in dieſem Punkte hat er ſich zu unterrichten gewußt. Aber ſeine Ge¬ mahlin iſt catholiſchen Glaubens, und Marie ſoll nur einem Glaubensverwandten ihre Hand reichen!“ „Sie verwunden mein Herz durch dieſe Nach¬ richt tief!“ erwiederte ich. „Aber dennoch bitte ich Sie, mir meine Bitte nicht abzuſchlagen. Ich werde mit Ihrer Mutter reden, ſie wird Mitleid mit mir haben, und mir gewaͤhren, ohne das ich nicht gluͤcklich ſein kann!“ „Sind Sie,“ fragte Antonie laͤchlend, „Sind Sie denn Ihrer Sache ſo gewiß, Herr v. Blauen¬ ſtein? Halten Sie ein bloßes Wohlwollen von Seiten meiner Freundin nicht gleich fuͤr Gegen¬ liebe. Aber ich ſelbſt wuͤnſche eine Zuſammenkunft, vielleicht laͤßt ſich Manches ausgleichen, Sie

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/149>, abgerufen am 12.12.2024.