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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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sind," hob ich an, und sah in ihr ehrliches Auge,
"Sie sind Mariens Freundin, Sie besitzen ihr
Vertrauen; darf ich Ihnen ein Geständniß thun?"

"Reden Sie nicht vor der Zeit, Herr von
Blauenstein," erwiederte sie mit einer gewissen
Beklommenheit, "es hat sich Manches ereignet,
das bedeutende Folgen nach sich ziehen könnte.
Sie selbst, warum soll ich es nicht sagen, sind
mit im Spiele, und wenn ich Ihnen schon die
Versicherung geben kann, daß Marie Ihnen wohl
will, so weiß ich doch bestimmt, daß es ihr lieber
sein muß, wenn Sie meine Freundin vermeiden!"

"Sie sprechen in Räthseln, mein Fräulein,"
erwiederte ich, "es muß etwas vorgefallen sein,
von dem ich nichts weiß, wenigstens kann ich den
Zusammenhang nicht fassen. Ich beschwöre Sie,
reißen Sie mich aus dieser tödtenden Ungewißheit!"

"Daß Sie meine Freundin lieben, ist mir
nicht unbekannt," erwiederte sie; "aber es ist
nöthig, Ihnen kürzlich eine Aufklärung zu geben,
da Sie noch jetzt kräftig für sich selbst wirken
können. Sie lernten meine theure Marie im
Hause des Probstes Kirchheim kennen; was Sie
empfanden, mögen Sie selbst ermessen. Der

ſind,“ hob ich an, und ſah in ihr ehrliches Auge,
„Sie ſind Mariens Freundin, Sie beſitzen ihr
Vertrauen; darf ich Ihnen ein Geſtaͤndniß thun?“

„Reden Sie nicht vor der Zeit, Herr von
Blauenſtein,“ erwiederte ſie mit einer gewiſſen
Beklommenheit, „es hat ſich Manches ereignet,
das bedeutende Folgen nach ſich ziehen koͤnnte.
Sie ſelbſt, warum ſoll ich es nicht ſagen, ſind
mit im Spiele, und wenn ich Ihnen ſchon die
Verſicherung geben kann, daß Marie Ihnen wohl
will, ſo weiß ich doch beſtimmt, daß es ihr lieber
ſein muß, wenn Sie meine Freundin vermeiden!“

„Sie ſprechen in Raͤthſeln, mein Fraͤulein,“
erwiederte ich, „es muß etwas vorgefallen ſein,
von dem ich nichts weiß, wenigſtens kann ich den
Zuſammenhang nicht faſſen. Ich beſchwoͤre Sie,
reißen Sie mich aus dieſer toͤdtenden Ungewißheit!“

„Daß Sie meine Freundin lieben, iſt mir
nicht unbekannt,“ erwiederte ſie; „aber es iſt
noͤthig, Ihnen kuͤrzlich eine Aufklaͤrung zu geben,
da Sie noch jetzt kraͤftig fuͤr ſich ſelbſt wirken
koͤnnen. Sie lernten meine theure Marie im
Hauſe des Probſtes Kirchheim kennen; was Sie
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[141/0147] ſind,“ hob ich an, und ſah in ihr ehrliches Auge, „Sie ſind Mariens Freundin, Sie beſitzen ihr Vertrauen; darf ich Ihnen ein Geſtaͤndniß thun?“ „Reden Sie nicht vor der Zeit, Herr von Blauenſtein,“ erwiederte ſie mit einer gewiſſen Beklommenheit, „es hat ſich Manches ereignet, das bedeutende Folgen nach ſich ziehen koͤnnte. Sie ſelbſt, warum ſoll ich es nicht ſagen, ſind mit im Spiele, und wenn ich Ihnen ſchon die Verſicherung geben kann, daß Marie Ihnen wohl will, ſo weiß ich doch beſtimmt, daß es ihr lieber ſein muß, wenn Sie meine Freundin vermeiden!“ „Sie ſprechen in Raͤthſeln, mein Fraͤulein,“ erwiederte ich, „es muß etwas vorgefallen ſein, von dem ich nichts weiß, wenigſtens kann ich den Zuſammenhang nicht faſſen. Ich beſchwoͤre Sie, reißen Sie mich aus dieſer toͤdtenden Ungewißheit!“ „Daß Sie meine Freundin lieben, iſt mir nicht unbekannt,“ erwiederte ſie; „aber es iſt noͤthig, Ihnen kuͤrzlich eine Aufklaͤrung zu geben, da Sie noch jetzt kraͤftig fuͤr ſich ſelbſt wirken koͤnnen. Sie lernten meine theure Marie im Hauſe des Probſtes Kirchheim kennen; was Sie empfanden, moͤgen Sie ſelbſt ermeſſen. Der

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/147>, abgerufen am 04.12.2024.