dieses sehnsüchtige Verlangen im tiefen Blau des offnen Seelenauges, der zarte, rosige Teint, und die üppige Fülle des goldigen Haars, das in langen, glänzenden Ringellocken den blendenden Nacken hinabrollte, wer hätte solchen Reizen widerstehen können?!
Mit einer gewissen Betroffenheit sahn die Frauen und Mädchen diese hohe Schönheit an, die in ihrer Demuth noch viel reizender wurde, und manche mogte vom gehässigen Neide nicht frei bleiben. Wie der Freiherr eigentlich hieher kam, in welchen Verhältnissen er zu dem Probste stand, wußte niemand, und der Neffe des letztern, der einzige, welcher hätte Aufschluß geben können, wurde von der seinen Blicken aufgegangenen Schönheit so angezogen, daß er für immer an ihren Siegswagen gefesselt schien, denn er erfreute sich einer sehr lebhaften Unterhaltung mit dem schönen Mädchen. Ich mußte ihn beneiden, wenn gleich an ihrem Wesen nicht zu bemerken war, daß sie ihm ein besonderes Wohlwollen schenke. Aber sein glänzender Witz, sein umfassendes Wissen, ja sein sehr vortheilhaftes Äußere, nebenbei auch wohl sein Stand, denn er arbeitete als Legations¬ rath im diplomatischen Büreau des russischen Gesandten, räumten ihm wohl manches Vorrecht
dieſes ſehnſuͤchtige Verlangen im tiefen Blau des offnen Seelenauges, der zarte, roſige Teint, und die uͤppige Fuͤlle des goldigen Haars, das in langen, glaͤnzenden Ringellocken den blendenden Nacken hinabrollte, wer haͤtte ſolchen Reizen widerſtehen koͤnnen?!
Mit einer gewiſſen Betroffenheit ſahn die Frauen und Maͤdchen dieſe hohe Schoͤnheit an, die in ihrer Demuth noch viel reizender wurde, und manche mogte vom gehaͤſſigen Neide nicht frei bleiben. Wie der Freiherr eigentlich hieher kam, in welchen Verhaͤltniſſen er zu dem Probſte ſtand, wußte niemand, und der Neffe des letztern, der einzige, welcher haͤtte Aufſchluß geben koͤnnen, wurde von der ſeinen Blicken aufgegangenen Schoͤnheit ſo angezogen, daß er fuͤr immer an ihren Siegswagen gefeſſelt ſchien, denn er erfreute ſich einer ſehr lebhaften Unterhaltung mit dem ſchoͤnen Maͤdchen. Ich mußte ihn beneiden, wenn gleich an ihrem Weſen nicht zu bemerken war, daß ſie ihm ein beſonderes Wohlwollen ſchenke. Aber ſein glaͤnzender Witz, ſein umfaſſendes Wiſſen, ja ſein ſehr vortheilhaftes Äußere, nebenbei auch wohl ſein Stand, denn er arbeitete als Legations¬ rath im diplomatiſchen Buͤreau des ruſſiſchen Geſandten, raͤumten ihm wohl manches Vorrecht
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dieſes ſehnſuͤchtige Verlangen im tiefen Blau des
offnen Seelenauges, der zarte, roſige Teint, und
die uͤppige Fuͤlle des goldigen Haars, das in
langen, glaͤnzenden Ringellocken den blendenden
Nacken hinabrollte, wer haͤtte ſolchen Reizen
widerſtehen koͤnnen?!
Mit einer gewiſſen Betroffenheit ſahn die
Frauen und Maͤdchen dieſe hohe Schoͤnheit an,
die in ihrer Demuth noch viel reizender wurde,
und manche mogte vom gehaͤſſigen Neide nicht
frei bleiben. Wie der Freiherr eigentlich hieher
kam, in welchen Verhaͤltniſſen er zu dem Probſte
ſtand, wußte niemand, und der Neffe des letztern,
der einzige, welcher haͤtte Aufſchluß geben koͤnnen,
wurde von der ſeinen Blicken aufgegangenen
Schoͤnheit ſo angezogen, daß er fuͤr immer an
ihren Siegswagen gefeſſelt ſchien, denn er erfreute
ſich einer ſehr lebhaften Unterhaltung mit dem
ſchoͤnen Maͤdchen. Ich mußte ihn beneiden, wenn
gleich an ihrem Weſen nicht zu bemerken war,
daß ſie ihm ein beſonderes Wohlwollen ſchenke.
Aber ſein glaͤnzender Witz, ſein umfaſſendes Wiſſen,
ja ſein ſehr vortheilhaftes Äußere, nebenbei auch
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rath im diplomatiſchen Buͤreau des ruſſiſchen
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/130>, abgerufen am 27.07.2024.
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