einen überaus schönen Mädchenkopf darstellend, dessen Züge unsern jungen Freund auf eine wun¬ derbare Weise überraschten, indem das Bild mit seiner angebeteten Albertine eine unverkennbare Ähnlichkeit hatte, machte den Drang nach genauerer Kenntniß der ihm noch verborgenen Verhältnisse sehr lebhaft, und mit klopfendem Herzen sah er dem Publicationstage des väterlichen Testaments entgegen.
Dem Geheimderath Werden, einem bewährten Freunde des Verstorbenen, war von dem Justiz¬ collegio dies Geschäft übertragen worden, und Blauenstein begab sich zu dem Ende in das alte Regierungsgebäude, wo die Themis ihren Sitz aufgeschlagen hatte. Mit milder Freundlichkeit wurde er von dem Geheimderath empfangen; nach einigen Gesprächen über den Seligen, brachte ein Secretair ein versiegeltes Packet Schriften nebst dem verschlossenen Testamente. Das letztere war sehr einfach, enthielt einige Bestimmungen über die Verwaltung des hinterlassenen Vermögens nebst mehreren zu wohlthätigen Zwecken verwen¬ deten Legaten, und am Schlusse eine Bemer¬ kung, welche wir kürzlich hier mittheilen.
"Es war seit einigen Jahren mein inniger
einen uͤberaus ſchoͤnen Maͤdchenkopf darſtellend, deſſen Zuͤge unſern jungen Freund auf eine wun¬ derbare Weiſe uͤberraſchten, indem das Bild mit ſeiner angebeteten Albertine eine unverkennbare Ähnlichkeit hatte, machte den Drang nach genauerer Kenntniß der ihm noch verborgenen Verhaͤltniſſe ſehr lebhaft, und mit klopfendem Herzen ſah er dem Publicationstage des vaͤterlichen Teſtaments entgegen.
Dem Geheimderath Werden, einem bewaͤhrten Freunde des Verſtorbenen, war von dem Juſtiz¬ collegio dies Geſchaͤft uͤbertragen worden, und Blauenſtein begab ſich zu dem Ende in das alte Regierungsgebaͤude, wo die Themis ihren Sitz aufgeſchlagen hatte. Mit milder Freundlichkeit wurde er von dem Geheimderath empfangen; nach einigen Geſpraͤchen uͤber den Seligen, brachte ein Secretair ein verſiegeltes Packet Schriften nebſt dem verſchloſſenen Teſtamente. Das letztere war ſehr einfach, enthielt einige Beſtimmungen uͤber die Verwaltung des hinterlaſſenen Vermoͤgens nebſt mehreren zu wohlthaͤtigen Zwecken verwen¬ deten Legaten, und am Schluſſe eine Bemer¬ kung, welche wir kuͤrzlich hier mittheilen.
„Es war ſeit einigen Jahren mein inniger
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einen uͤberaus ſchoͤnen Maͤdchenkopf darſtellend,
deſſen Zuͤge unſern jungen Freund auf eine wun¬
derbare Weiſe uͤberraſchten, indem das Bild mit
ſeiner angebeteten Albertine eine unverkennbare
Ähnlichkeit hatte, machte den Drang nach genauerer
Kenntniß der ihm noch verborgenen Verhaͤltniſſe
ſehr lebhaft, und mit klopfendem Herzen ſah er
dem Publicationstage des vaͤterlichen Teſtaments
entgegen.
Dem Geheimderath Werden, einem bewaͤhrten
Freunde des Verſtorbenen, war von dem Juſtiz¬
collegio dies Geſchaͤft uͤbertragen worden, und
Blauenſtein begab ſich zu dem Ende in das alte
Regierungsgebaͤude, wo die Themis ihren Sitz
aufgeſchlagen hatte. Mit milder Freundlichkeit
wurde er von dem Geheimderath empfangen;
nach einigen Geſpraͤchen uͤber den Seligen, brachte
ein Secretair ein verſiegeltes Packet Schriften
nebſt dem verſchloſſenen Teſtamente. Das letztere
war ſehr einfach, enthielt einige Beſtimmungen
uͤber die Verwaltung des hinterlaſſenen Vermoͤgens
nebſt mehreren zu wohlthaͤtigen Zwecken verwen¬
deten Legaten, und am Schluſſe eine Bemer¬
kung, welche wir kuͤrzlich hier mittheilen.
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/116>, abgerufen am 28.07.2024.
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