Der junge Reisende fuhr aus seinem Taumel auf, und starrte nach wenigen Augenblicken dem flinken Marquer des Gasthauses, vor dem der Schwager seine keuchenden Thiere anhielt, in's Gesicht, und fragte, wie das Hotel heiße.
"Ew. Excellenz belieben zu spaßen," erwiederte der Gefragte schmunzelnd. "Das ehrenwerthe, einzige Gasthaus zu Friedlingen nennt sich zum blauen Fuchs, Ew. Gnaden zu dienen!"
Blauenstein sah sich ein wenig in dem ihm eingeräumten Zimmer um; er streckte die müden Glieder aus, und goß, mit seinen Gedanken wieder einmal im elterlichen Hause, ein Stutzglas Bur¬ gunder in die durstige Kehle. Indem trat der Postillon herein, kam treuherzig näher mit gekrümmter Hand, und nickte lächelnd. "Hab' ich Ew. Gnaden nicht gut gefahren? Das macht der Bergunter und der Habersack, den mir Ew. Gna¬ den in Beutelwitz einschenkten; ha ha. Hab' aber mein Handpferd besser in der Faust, wie der Blumenauer Graf. Daß dich! flog doch mein Seel' der alte Grauschimmel in den Graben, daß ich denke, der Herr zerschmettert sich justemente die Beine am Marksteine!"
Der junge Reiſende fuhr aus ſeinem Taumel auf, und ſtarrte nach wenigen Augenblicken dem flinken Marquer des Gaſthauſes, vor dem der Schwager ſeine keuchenden Thiere anhielt, in's Geſicht, und fragte, wie das Hotel heiße.
„Ew. Excellenz belieben zu ſpaßen,“ erwiederte der Gefragte ſchmunzelnd. „Das ehrenwerthe, einzige Gaſthaus zu Friedlingen nennt ſich zum blauen Fuchs, Ew. Gnaden zu dienen!“
Blauenſtein ſah ſich ein wenig in dem ihm eingeraͤumten Zimmer um; er ſtreckte die muͤden Glieder aus, und goß, mit ſeinen Gedanken wieder einmal im elterlichen Hauſe, ein Stutzglas Bur¬ gunder in die durſtige Kehle. Indem trat der Poſtillon herein, kam treuherzig naͤher mit gekruͤmmter Hand, und nickte laͤchelnd. „Hab' ich Ew. Gnaden nicht gut gefahren? Das macht der Bergunter und der Haberſack, den mir Ew. Gna¬ den in Beutelwitz einſchenkten; ha ha. Hab' aber mein Handpferd beſſer in der Fauſt, wie der Blumenauer Graf. Daß dich! flog doch mein Seel' der alte Grauſchimmel in den Graben, daß ich denke, der Herr zerſchmettert ſich juſtemente die Beine am Markſteine!“
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Der junge Reiſende fuhr aus ſeinem Taumel auf,
und ſtarrte nach wenigen Augenblicken dem flinken
Marquer des Gaſthauſes, vor dem der Schwager
ſeine keuchenden Thiere anhielt, in's Geſicht, und
fragte, wie das Hotel heiße.
„Ew. Excellenz belieben zu ſpaßen,“ erwiederte
der Gefragte ſchmunzelnd. „Das ehrenwerthe,
einzige Gaſthaus zu Friedlingen nennt ſich zum
blauen Fuchs, Ew. Gnaden zu dienen!“
Blauenſtein ſah ſich ein wenig in dem ihm
eingeraͤumten Zimmer um; er ſtreckte die muͤden
Glieder aus, und goß, mit ſeinen Gedanken wieder
einmal im elterlichen Hauſe, ein Stutzglas Bur¬
gunder in die durſtige Kehle. Indem trat der
Poſtillon herein, kam treuherzig naͤher mit
gekruͤmmter Hand, und nickte laͤchelnd. „Hab' ich
Ew. Gnaden nicht gut gefahren? Das macht der
Bergunter und der Haberſack, den mir Ew. Gna¬
den in Beutelwitz einſchenkten; ha ha. Hab' aber
mein Handpferd beſſer in der Fauſt, wie der
Blumenauer Graf. Daß dich! flog doch mein
Seel' der alte Grauſchimmel in den Graben, daß
ich denke, der Herr zerſchmettert ſich juſtemente
die Beine am Markſteine!“
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/11>, abgerufen am 17.02.2025.
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