"mir fiel Euer Benehmen gestern auf. Der junge interessante Baron Blauenstein zeigte eine ungewöhnliche Aufmerksamkeit für Tina, und sie selbst war ganz Ohr bei seiner Unterhaltung, -- sagen Sie, Vetter, sind Sie eifersüchtig?"
"Sie mögen in der That ein guter Beobachter sein," sagte Staunitz ruhig, und schien sich inner¬ lich zu erholen, "aber sollte ich dem Engel nicht trauen, dem mein Herz angehört? Gerade in dem größten Vertrauen liegt auch nach meiner Ansicht die größte Liebe! -- Nein, mein bester Vetter, so sehr ich Ihnen dankbar sein muß, aber hier sind Sie im Irrthum! -- Freilich können Verhältnisse eintreten, welche diese und jene Art irgend eines auffallenden Benehmens motiviren, und zugleich rechtfertigen; aber es bleibt eine andere Frage, ob man in solchen Umständen strafbar handelt, wenn die innere und äußere Nothwendigkeit gebot!"
"Was für eine Nothwendigkeit, was für Ver¬ hältnisse?" fragte Heinrich rasch und neugierig.
"Lassen Sie uns hiervon schweigen!" ent¬ gegnete Staunitz, und erhob sich von dem weichen Moossitze, auf welchen er sich neben Oncle
„mir fiel Euer Benehmen geſtern auf. Der junge intereſſante Baron Blauenſtein zeigte eine ungewoͤhnliche Aufmerkſamkeit fuͤr Tina, und ſie ſelbſt war ganz Ohr bei ſeiner Unterhaltung, — ſagen Sie, Vetter, ſind Sie eiferſuͤchtig?“
„Sie moͤgen in der That ein guter Beobachter ſein,“ ſagte Staunitz ruhig, und ſchien ſich inner¬ lich zu erholen, „aber ſollte ich dem Engel nicht trauen, dem mein Herz angehoͤrt? Gerade in dem groͤßten Vertrauen liegt auch nach meiner Anſicht die groͤßte Liebe! — Nein, mein beſter Vetter, ſo ſehr ich Ihnen dankbar ſein muß, aber hier ſind Sie im Irrthum! — Freilich koͤnnen Verhaͤltniſſe eintreten, welche dieſe und jene Art irgend eines auffallenden Benehmens motiviren, und zugleich rechtfertigen; aber es bleibt eine andere Frage, ob man in ſolchen Umſtaͤnden ſtrafbar handelt, wenn die innere und aͤußere Nothwendigkeit gebot!“
„Was fuͤr eine Nothwendigkeit, was fuͤr Ver¬ haͤltniſſe?“ fragte Heinrich raſch und neugierig.
„Laſſen Sie uns hiervon ſchweigen!“ ent¬ gegnete Staunitz, und erhob ſich von dem weichen Moosſitze, auf welchen er ſich neben Oncle
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„mir fiel Euer Benehmen geſtern auf. Der
junge intereſſante Baron Blauenſtein zeigte eine
ungewoͤhnliche Aufmerkſamkeit fuͤr Tina, und ſie
ſelbſt war ganz Ohr bei ſeiner Unterhaltung, —
ſagen Sie, Vetter, ſind Sie eiferſuͤchtig?“
„Sie moͤgen in der That ein guter Beobachter
ſein,“ ſagte Staunitz ruhig, und ſchien ſich inner¬
lich zu erholen, „aber ſollte ich dem Engel nicht
trauen, dem mein Herz angehoͤrt? Gerade in
dem groͤßten Vertrauen liegt auch nach meiner
Anſicht die groͤßte Liebe! — Nein, mein beſter
Vetter, ſo ſehr ich Ihnen dankbar ſein muß, aber
hier ſind Sie im Irrthum! — Freilich koͤnnen
Verhaͤltniſſe eintreten, welche dieſe und jene Art
irgend eines auffallenden Benehmens motiviren,
und zugleich rechtfertigen; aber es bleibt eine
andere Frage, ob man in ſolchen Umſtaͤnden
ſtrafbar handelt, wenn die innere und aͤußere
Nothwendigkeit gebot!“
„Was fuͤr eine Nothwendigkeit, was fuͤr Ver¬
haͤltniſſe?“ fragte Heinrich raſch und neugierig.
„Laſſen Sie uns hiervon ſchweigen!“ ent¬
gegnete Staunitz, und erhob ſich von dem weichen
Moosſitze, auf welchen er ſich neben Oncle
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/108>, abgerufen am 22.07.2024.
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