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Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787.

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wenn sie ihren Grundton giebt, ebenfalls in vier schwingende Theile ein,
welche aber jeden Augenblick ihre Stelle verändern, und sich durch den gan-
zen Umfang der Glocke fortschieben. Der Ton ist dabey ganz der nämliche,
als wenn die Glocke angeschlagen oder mit dem Violinbogen gestrichen wür-
de, aber in Ansehung der Stelle, durch deren Reibung die schwingende Be-

wegung
braucht werden kann, aber schlechterdings nicht unmittelbar an die Glocken
gedrückt werden darf, weil dadurch, so wie auch durch angehaltenen Kork
u. dgl. ein unerträgliches Geschwirre entsteht.
Auch porcellanene Spühlnäpfe und ungehenkelte Tassen werden bey dieser
Behandlung einen fortdaurenden Klang geben können, wie auch metallene
Glocken, wenn sie dünn genug sind, und die äusere Oberfläche nahe am Ran-
de, wo die reibende Materie angehalten wird, so glatt als möglich ist. Man
könnte also auch aus metallenen oder porcellanenen Glocken eine Harmonica
verfertigen, die, so wie eine Glasglockenharmonica, entweder mit den Fin-
gern, oder auch vermittelst einer Tastatur gespielt werden könnte. Vielleicht
würde es der Mühe werth seyn, mit metallenen Glocken Versuche anzustel-
len; aber eine porcellanene Harmonica zu verfertigen, ist niemanden anzura-
then, weil die meisten Glocken, da sie ziemlich dünn seyn müßten, durch die
starke zum Brennen erforderliche Hitze schief werden, und die wenigen brauch-
baren wegen der beträchtlichen Härte des Porcellans äußerst schwer durch
Schleifen zu stimmen seyn würden, übrigens ein solches Jnstrument vermuth-
lich in keiner Rücksicht einer gläsernen Harmonica vorzuziehen seyn möchte.
Ueber die Anbringung einer Tastatur an die Harmonica, und über die Mik-
tel, um einigen dabey sich zeigenden Schwierigkeiten abzuhelfen, werde ich viel-
leicht zu einer andern Zeit einige Bemerkungen liefern, wenn nicht etwa einer von
denen, die mit gutem Erfolge an die Harmonica eine Tastatur angebracht
haben, (etwa Hr. Röllig oder Nikolai) sich entschließen sollte, mehrere Aus-
kunft darüber zu geben, und das dabey erforderliche Verfahren bekannt zu
machen.
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wenn ſie ihren Grundton giebt, ebenfalls in vier ſchwingende Theile ein,
welche aber jeden Augenblick ihre Stelle veraͤndern, und ſich durch den gan-
zen Umfang der Glocke fortſchieben. Der Ton iſt dabey ganz der naͤmliche,
als wenn die Glocke angeſchlagen oder mit dem Violinbogen geſtrichen wuͤr-
de, aber in Anſehung der Stelle, durch deren Reibung die ſchwingende Be-

wegung
braucht werden kann, aber ſchlechterdings nicht unmittelbar an die Glocken
gedruͤckt werden darf, weil dadurch, ſo wie auch durch angehaltenen Kork
u. dgl. ein unertraͤgliches Geſchwirre entſteht.
Auch porcellanene Spuͤhlnaͤpfe und ungehenkelte Taſſen werden bey dieſer
Behandlung einen fortdaurenden Klang geben koͤnnen, wie auch metallene
Glocken, wenn ſie duͤnn genug ſind, und die aͤuſere Oberflaͤche nahe am Ran-
de, wo die reibende Materie angehalten wird, ſo glatt als moͤglich iſt. Man
koͤnnte alſo auch aus metallenen oder porcellanenen Glocken eine Harmonica
verfertigen, die, ſo wie eine Glasglockenharmonica, entweder mit den Fin-
gern, oder auch vermittelſt einer Taſtatur geſpielt werden koͤnnte. Vielleicht
wuͤrde es der Muͤhe werth ſeyn, mit metallenen Glocken Verſuche anzuſtel-
len; aber eine porcellanene Harmonica zu verfertigen, iſt niemanden anzura-
then, weil die meiſten Glocken, da ſie ziemlich duͤnn ſeyn muͤßten, durch die
ſtarke zum Brennen erforderliche Hitze ſchief werden, und die wenigen brauch-
baren wegen der betraͤchtlichen Haͤrte des Porcellans aͤußerſt ſchwer durch
Schleifen zu ſtimmen ſeyn wuͤrden, uͤbrigens ein ſolches Jnſtrument vermuth-
lich in keiner Ruͤckſicht einer glaͤſernen Harmonica vorzuziehen ſeyn moͤchte.
Ueber die Anbringung einer Taſtatur an die Harmonica, und uͤber die Mik-
tel, um einigen dabey ſich zeigenden Schwierigkeiten abzuhelfen, werde ich viel-
leicht zu einer andern Zeit einige Bemerkungen liefern, wenn nicht etwa einer von
denen, die mit gutem Erfolge an die Harmonica eine Taſtatur angebracht
haben, (etwa Hr. Roͤllig oder Nikolai) ſich entſchließen ſollte, mehrere Aus-
kunft daruͤber zu geben, und das dabey erforderliche Verfahren bekannt zu
machen.
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[27/0035] wenn ſie ihren Grundton giebt, ebenfalls in vier ſchwingende Theile ein, welche aber jeden Augenblick ihre Stelle veraͤndern, und ſich durch den gan- zen Umfang der Glocke fortſchieben. Der Ton iſt dabey ganz der naͤmliche, als wenn die Glocke angeſchlagen oder mit dem Violinbogen geſtrichen wuͤr- de, aber in Anſehung der Stelle, durch deren Reibung die ſchwingende Be- wegung x x braucht werden kann, aber ſchlechterdings nicht unmittelbar an die Glocken gedruͤckt werden darf, weil dadurch, ſo wie auch durch angehaltenen Kork u. dgl. ein unertraͤgliches Geſchwirre entſteht. Auch porcellanene Spuͤhlnaͤpfe und ungehenkelte Taſſen werden bey dieſer Behandlung einen fortdaurenden Klang geben koͤnnen, wie auch metallene Glocken, wenn ſie duͤnn genug ſind, und die aͤuſere Oberflaͤche nahe am Ran- de, wo die reibende Materie angehalten wird, ſo glatt als moͤglich iſt. Man koͤnnte alſo auch aus metallenen oder porcellanenen Glocken eine Harmonica verfertigen, die, ſo wie eine Glasglockenharmonica, entweder mit den Fin- gern, oder auch vermittelſt einer Taſtatur geſpielt werden koͤnnte. Vielleicht wuͤrde es der Muͤhe werth ſeyn, mit metallenen Glocken Verſuche anzuſtel- len; aber eine porcellanene Harmonica zu verfertigen, iſt niemanden anzura- then, weil die meiſten Glocken, da ſie ziemlich duͤnn ſeyn muͤßten, durch die ſtarke zum Brennen erforderliche Hitze ſchief werden, und die wenigen brauch- baren wegen der betraͤchtlichen Haͤrte des Porcellans aͤußerſt ſchwer durch Schleifen zu ſtimmen ſeyn wuͤrden, uͤbrigens ein ſolches Jnſtrument vermuth- lich in keiner Ruͤckſicht einer glaͤſernen Harmonica vorzuziehen ſeyn moͤchte. Ueber die Anbringung einer Taſtatur an die Harmonica, und uͤber die Mik- tel, um einigen dabey ſich zeigenden Schwierigkeiten abzuhelfen, werde ich viel- leicht zu einer andern Zeit einige Bemerkungen liefern, wenn nicht etwa einer von denen, die mit gutem Erfolge an die Harmonica eine Taſtatur angebracht haben, (etwa Hr. Roͤllig oder Nikolai) ſich entſchließen ſollte, mehrere Aus- kunft daruͤber zu geben, und das dabey erforderliche Verfahren bekannt zu machen. D 2

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Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Entdeckungen über die Theorie des Klanges. Leipzig, 1787, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_klang_1787/35>, abgerufen am 23.11.2024.