Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Capitel,
ben, Beyspiele: Diejenigen Dinge aus einem
Hauffen, die wir eintzeln nicht kennen, wollen
wir das übrige, oder den Rest, (turbam fine
nomine
) nennen.

§. 41.
Unterschied der allgemeinen Anmerckungen?

Wenn man die Eigenschafften eines oder meh-
rerer Exempel dem gantzen Hauffen beylegt, so
heisset das eine allgemeine Anmerckung, lo-
cus communis.
Nun siehet man gleich, daß die
indiuidua, welche zusammen genommen einen
Hauffen ausmachen, ihrer Aehnlichkeit, wodurch
sie zu einem Hauffen werden, ungeachtet, widrige
Eigenschafften haben können, wie das Exempel
(§. 40.) besaget; und also auch zu widersprechen-
den allgemeinen Anmerckungen Anlaß geben kön-
nen. Wenn also ein solcher Fall von zwey widerspre-
chenden allgemeinen Anmerckungen vorkommt, so
ist kein anderer Weg zur Entdeckung der Wahrheit
vorhanden, als daß man die Exempel, worauf sich je-
de von beyden Anmerckungen gründet, aufsuchet, und
daraus den Ursprung des Widerspruches erkennet.

§. 42.
Und der allgemeinen Sätze.

Noch mißlicher ist es, wenn man von einer
Menge eintzelner Dinge und ihrer Beschaffenheit
auf die gantze Art schlüsset, und solche allg mei-
ne Anmerckungen denen würcklich allgemeinen Sä-
tzen, welche aus allgemeinen Begriffen herge-
leitet
werden, gleich setzen will: als daß alle Ra-
ben schwartz seyn sollten; daß kein Fisch fliegen

kan;

Zweytes Capitel,
ben, Beyſpiele: Diejenigen Dinge aus einem
Hauffen, die wir eintzeln nicht kennen, wollen
wir das uͤbrige, oder den Reſt, (turbam fine
nomine
) nennen.

§. 41.
Unterſchied der allgemeinen Anmerckungen?

Wenn man die Eigenſchafften eines oder meh-
rerer Exempel dem gantzen Hauffen beylegt, ſo
heiſſet das eine allgemeine Anmerckung, lo-
cus communis.
Nun ſiehet man gleich, daß die
indiuidua, welche zuſammen genommen einen
Hauffen ausmachen, ihrer Aehnlichkeit, wodurch
ſie zu einem Hauffen werden, ungeachtet, widrige
Eigenſchafften haben koͤnnen, wie das Exempel
(§. 40.) beſaget; und alſo auch zu widerſprechen-
den allgemeinen Anmerckungen Anlaß geben koͤn-
nen. Wenn alſo ein ſolcher Fall von zwey widerſpre-
chenden allgemeinen Anmerckungen vorkommt, ſo
iſt kein anderer Weg zur Entdeckung der Wahrheit
vorhanden, als daß man die Exempel, worauf ſich je-
de von beyden Anmerckungen gruͤndet, aufſuchet, und
daraus den Urſprung des Widerſpruches erkennet.

§. 42.
Und der allgemeinen Saͤtze.

Noch mißlicher iſt es, wenn man von einer
Menge eintzelner Dinge und ihrer Beſchaffenheit
auf die gantze Art ſchluͤſſet, und ſolche allg mei-
ne Anmerckungen denen wuͤrcklich allgemeinen Saͤ-
tzen, welche aus allgemeinen Begriffen herge-
leitet
werden, gleich ſetzen will: als daß alle Ra-
ben ſchwartz ſeyn ſollten; daß kein Fiſch fliegen

kan;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0090" n="54"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Capitel,</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">ben, Bey&#x017F;piele:</hi> Diejenigen Dinge aus einem<lb/>
Hauffen, die wir eintzeln nicht kennen, wollen<lb/>
wir das <hi rendition="#fr">u&#x0364;brige,</hi> oder den <hi rendition="#fr">Re&#x017F;t,</hi> (<hi rendition="#aq">turbam fine<lb/>
nomine</hi>) nennen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 41.<lb/>
Unter&#x017F;chied der allgemeinen Anmerckungen?</head><lb/>
          <p>Wenn man die Eigen&#x017F;chafften eines oder meh-<lb/>
rerer Exempel dem gantzen Hauffen beylegt, &#x017F;o<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;et das eine <hi rendition="#fr">allgemeine Anmerckung,</hi> <hi rendition="#aq">lo-<lb/>
cus communis.</hi> Nun &#x017F;iehet man gleich, daß die<lb/><hi rendition="#aq">indiuidua,</hi> welche zu&#x017F;ammen genommen einen<lb/>
Hauffen ausmachen, ihrer Aehnlichkeit, wodurch<lb/>
&#x017F;ie zu einem Hauffen werden, ungeachtet, widrige<lb/>
Eigen&#x017F;chafften haben ko&#x0364;nnen, wie das Exempel<lb/>
(§. 40.) be&#x017F;aget; und al&#x017F;o auch zu wider&#x017F;prechen-<lb/>
den allgemeinen Anmerckungen Anlaß geben ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Wenn al&#x017F;o ein &#x017F;olcher Fall von zwey wider&#x017F;pre-<lb/>
chenden allgemeinen Anmerckungen vorkommt, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t kein anderer Weg zur Entdeckung der Wahrheit<lb/>
vorhanden, als daß man die Exempel, worauf &#x017F;ich je-<lb/>
de von beyden Anmerckungen gru&#x0364;ndet, auf&#x017F;uchet, und<lb/>
daraus den Ur&#x017F;prung des Wider&#x017F;pruches erkennet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 42.<lb/>
Und der allgemeinen Sa&#x0364;tze.</head><lb/>
          <p>Noch mißlicher i&#x017F;t es, wenn man von einer<lb/>
Menge eintzelner Dinge und ihrer Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
auf die gantze <hi rendition="#fr">Art</hi> &#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, und &#x017F;olche allg mei-<lb/>
ne Anmerckungen denen wu&#x0364;rcklich allgemeinen Sa&#x0364;-<lb/>
tzen, welche aus allgemeinen Begriffen <hi rendition="#fr">herge-<lb/>
leitet</hi> werden, gleich &#x017F;etzen will: als daß alle Ra-<lb/>
ben &#x017F;chwartz &#x017F;eyn &#x017F;ollten; daß kein Fi&#x017F;ch fliegen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kan;</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0090] Zweytes Capitel, ben, Beyſpiele: Diejenigen Dinge aus einem Hauffen, die wir eintzeln nicht kennen, wollen wir das uͤbrige, oder den Reſt, (turbam fine nomine) nennen. §. 41. Unterſchied der allgemeinen Anmerckungen? Wenn man die Eigenſchafften eines oder meh- rerer Exempel dem gantzen Hauffen beylegt, ſo heiſſet das eine allgemeine Anmerckung, lo- cus communis. Nun ſiehet man gleich, daß die indiuidua, welche zuſammen genommen einen Hauffen ausmachen, ihrer Aehnlichkeit, wodurch ſie zu einem Hauffen werden, ungeachtet, widrige Eigenſchafften haben koͤnnen, wie das Exempel (§. 40.) beſaget; und alſo auch zu widerſprechen- den allgemeinen Anmerckungen Anlaß geben koͤn- nen. Wenn alſo ein ſolcher Fall von zwey widerſpre- chenden allgemeinen Anmerckungen vorkommt, ſo iſt kein anderer Weg zur Entdeckung der Wahrheit vorhanden, als daß man die Exempel, worauf ſich je- de von beyden Anmerckungen gruͤndet, aufſuchet, und daraus den Urſprung des Widerſpruches erkennet. §. 42. Und der allgemeinen Saͤtze. Noch mißlicher iſt es, wenn man von einer Menge eintzelner Dinge und ihrer Beſchaffenheit auf die gantze Art ſchluͤſſet, und ſolche allg mei- ne Anmerckungen denen wuͤrcklich allgemeinen Saͤ- tzen, welche aus allgemeinen Begriffen herge- leitet werden, gleich ſetzen will: als daß alle Ra- ben ſchwartz ſeyn ſollten; daß kein Fiſch fliegen kan;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/90
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/90>, abgerufen am 21.11.2024.