es desto mehr Abwechselung: indem jede Kunst und Uebung, derer unzehlige sind, eine besondere Art der Bewegung erfordert. Mithin entstehen aus diesen Arten der cörperlichen Veränderungen auch so viele Arten der Begebenheiten (§. 3. C. 1.) und der Geschichte (§. 16. C. 1.) von Cörpern, die hernach durch Erzehlungen zu einem Theile der Historie werden (§. 16. 17. C. 1.).
§. 34. Die innerlichen Begebenheiten werden nach ihren Würckungen benennet.
Bey lebendigen Cörpern ist man gewohnt die meisten Handlungen und Veränderungen, nicht sowohl darnach zu rechnen, was in der handeln- den Sache selbst vorgehet; als darnach was die- selbe würcket, oder ausser sich hervorbringet, und hervorbringen will. Z. E. der Wolff frist das Schaaf, man schiest breche, man bauet ei- ne Kirche. Man siehet nehmlich die Sache auf der Seite an, wo sie am meisten in die Sinne fällt, oder auch, woran uns am meisten ge- legen ist. Nun fället uns bey vielen Sachen der Effect, oder das hervorgebrachte Werck am mei- sten in die Sinne; und daher wird auch die Be- nennung genommen. Z. E. Apelles mahlet ei- nen Kriegsgott: seine Handlung ist eigentlich die Bewegung seiner Finger, die den Pinsel führen: diß aber fällt viel weniger in die Augen, als der nach und nach entstehende Mars. Wir benen- nen also von ihm die Handlung des Mahlers. Beym breche schiessen würde es vor die Canoniers
einerley
Zweytes Capitel,
es deſto mehr Abwechſelung: indem jede Kunſt und Uebung, derer unzehlige ſind, eine beſondere Art der Bewegung erfordert. Mithin entſtehen aus dieſen Arten der coͤrperlichen Veraͤnderungen auch ſo viele Arten der Begebenheiten (§. 3. C. 1.) und der Geſchichte (§. 16. C. 1.) von Coͤrpern, die hernach durch Erzehlungen zu einem Theile der Hiſtorie werden (§. 16. 17. C. 1.).
§. 34. Die innerlichen Begebenheiten werden nach ihren Wuͤrckungen benennet.
Bey lebendigen Coͤrpern iſt man gewohnt die meiſten Handlungen und Veraͤnderungen, nicht ſowohl darnach zu rechnen, was in der handeln- den Sache ſelbſt vorgehet; als darnach was die- ſelbe wuͤrcket, oder auſſer ſich hervorbringet, und hervorbringen will. Z. E. der Wolff friſt das Schaaf, man ſchieſt breche, man bauet ei- ne Kirche. Man ſiehet nehmlich die Sache auf der Seite an, wo ſie am meiſten in die Sinne faͤllt, oder auch, woran uns am meiſten ge- legen iſt. Nun faͤllet uns bey vielen Sachen der Effect, oder das hervorgebrachte Werck am mei- ſten in die Sinne; und daher wird auch die Be- nennung genommen. Z. E. Apelles mahlet ei- nen Kriegsgott: ſeine Handlung iſt eigentlich die Bewegung ſeiner Finger, die den Pinſel fuͤhren: diß aber faͤllt viel weniger in die Augen, als der nach und nach entſtehende Mars. Wir benen- nen alſo von ihm die Handlung des Mahlers. Beym breche ſchieſſen wuͤrde es vor die Canoniers
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Zweytes Capitel,
es deſto mehr Abwechſelung: indem jede Kunſt
und Uebung, derer unzehlige ſind, eine beſondere
Art der Bewegung erfordert. Mithin entſtehen
aus dieſen Arten der coͤrperlichen Veraͤnderungen
auch ſo viele Arten der Begebenheiten (§. 3. C. 1.)
und der Geſchichte (§. 16. C. 1.) von Coͤrpern,
die hernach durch Erzehlungen zu einem Theile
der Hiſtorie werden (§. 16. 17. C. 1.).
§. 34.
Die innerlichen Begebenheiten werden nach
ihren Wuͤrckungen benennet.
Bey lebendigen Coͤrpern iſt man gewohnt die
meiſten Handlungen und Veraͤnderungen, nicht
ſowohl darnach zu rechnen, was in der handeln-
den Sache ſelbſt vorgehet; als darnach was die-
ſelbe wuͤrcket, oder auſſer ſich hervorbringet,
und hervorbringen will. Z. E. der Wolff friſt
das Schaaf, man ſchieſt breche, man bauet ei-
ne Kirche. Man ſiehet nehmlich die Sache auf
der Seite an, wo ſie am meiſten in die Sinne
faͤllt, oder auch, woran uns am meiſten ge-
legen iſt. Nun faͤllet uns bey vielen Sachen der
Effect, oder das hervorgebrachte Werck am mei-
ſten in die Sinne; und daher wird auch die Be-
nennung genommen. Z. E. Apelles mahlet ei-
nen Kriegsgott: ſeine Handlung iſt eigentlich die
Bewegung ſeiner Finger, die den Pinſel fuͤhren:
diß aber faͤllt viel weniger in die Augen, als der
nach und nach entſtehende Mars. Wir benen-
nen alſo von ihm die Handlung des Mahlers.
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/84>, abgerufen am 03.03.2025.
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