Nachdem man überall Maaßstäbe hat, so ist nichts leichter als die Grösse eines Cörpers durch Worte dem andern bekannt zu machen. Die Figuren aber lassen sich schwerer beschreiben; wel- ches jedoch auf folgende Art geschiehet. Die Menge eintzelner Cörper, welche einerley Figur haben, veranlasset bey uns einen allgemeinen Be- griff dieser oder jener Figur. So erlernen wir von Jugend auf die verschiedenen Figuren, von allerhand Arten der Thiere, Bäume, Pflantzen, Steine, und so weiter. Jedoch kommen die Men- schen in Ansehung dieser Begriffe, wenn sie sich gleich auf einerley Art durch Worte ausdrucken, dennoch nicht vollkommen, mit einander überein, und zwar aus folgenden Ursachen.
§. 29. Wie man von Figuren verschieden denckt.
Anfangs ist bekannt, daß man bey den Figu- ren nicht allemahl auf die Grösse siehet, sondern Dingen von gantz sehr verschiedener Grösse den- noch einerley Figur zuschreibt. Ein Strausseney und ein Taubeney haben beyde die Figur eines Eyes: eine Zuckerpyramide und eine Egyptische Pyramide sind beydes Pyramiden. Daraus ent- stehet nun folgender Unterschied der Begriffe und Gedancken. Wer lauter solche Cörper von einer- ley Figur gesehen hat, die auch zugleich von einer- ley oder von wenig unterschiedener Grösse gewe- sen, der wird auch die Grösse mit zur Figur rech-
nen:
Zweytes Capitel,
§. 28. Figuren laſſen ſich nicht gut erklaͤren.
Nachdem man uͤberall Maaßſtaͤbe hat, ſo iſt nichts leichter als die Groͤſſe eines Coͤrpers durch Worte dem andern bekannt zu machen. Die Figuren aber laſſen ſich ſchwerer beſchreiben; wel- ches jedoch auf folgende Art geſchiehet. Die Menge eintzelner Coͤrper, welche einerley Figur haben, veranlaſſet bey uns einen allgemeinen Be- griff dieſer oder jener Figur. So erlernen wir von Jugend auf die verſchiedenen Figuren, von allerhand Arten der Thiere, Baͤume, Pflantzen, Steine, und ſo weiter. Jedoch kommen die Men- ſchen in Anſehung dieſer Begriffe, wenn ſie ſich gleich auf einerley Art durch Worte ausdrucken, dennoch nicht vollkommen, mit einander uͤberein, und zwar aus folgenden Urſachen.
§. 29. Wie man von Figuren verſchieden denckt.
Anfangs iſt bekannt, daß man bey den Figu- ren nicht allemahl auf die Groͤſſe ſiehet, ſondern Dingen von gantz ſehr verſchiedener Groͤſſe den- noch einerley Figur zuſchreibt. Ein Strauſſeney und ein Taubeney haben beyde die Figur eines Eyes: eine Zuckerpyramide und eine Egyptiſche Pyramide ſind beydes Pyramiden. Daraus ent- ſtehet nun folgender Unterſchied der Begriffe und Gedancken. Wer lauter ſolche Coͤrper von einer- ley Figur geſehen hat, die auch zugleich von einer- ley oder von wenig unterſchiedener Groͤſſe gewe- ſen, der wird auch die Groͤſſe mit zur Figur rech-
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Zweytes Capitel,
§. 28.
Figuren laſſen ſich nicht gut erklaͤren.
Nachdem man uͤberall Maaßſtaͤbe hat, ſo iſt
nichts leichter als die Groͤſſe eines Coͤrpers durch
Worte dem andern bekannt zu machen. Die
Figuren aber laſſen ſich ſchwerer beſchreiben; wel-
ches jedoch auf folgende Art geſchiehet. Die
Menge eintzelner Coͤrper, welche einerley Figur
haben, veranlaſſet bey uns einen allgemeinen Be-
griff dieſer oder jener Figur. So erlernen wir
von Jugend auf die verſchiedenen Figuren, von
allerhand Arten der Thiere, Baͤume, Pflantzen,
Steine, und ſo weiter. Jedoch kommen die Men-
ſchen in Anſehung dieſer Begriffe, wenn ſie ſich
gleich auf einerley Art durch Worte ausdrucken,
dennoch nicht vollkommen, mit einander uͤberein,
und zwar aus folgenden Urſachen.
§. 29.
Wie man von Figuren verſchieden denckt.
Anfangs iſt bekannt, daß man bey den Figu-
ren nicht allemahl auf die Groͤſſe ſiehet, ſondern
Dingen von gantz ſehr verſchiedener Groͤſſe den-
noch einerley Figur zuſchreibt. Ein Strauſſeney
und ein Taubeney haben beyde die Figur eines
Eyes: eine Zuckerpyramide und eine Egyptiſche
Pyramide ſind beydes Pyramiden. Daraus ent-
ſtehet nun folgender Unterſchied der Begriffe und
Gedancken. Wer lauter ſolche Coͤrper von einer-
ley Figur geſehen hat, die auch zugleich von einer-
ley oder von wenig unterſchiedener Groͤſſe gewe-
ſen, der wird auch die Groͤſſe mit zur Figur rech-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/80>, abgerufen am 13.11.2024.
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