Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Capitel,
klärung allerdings abgehet, hat dennoch ihren gu-
ten Grund; nehmlich in demjenigen, was (§. 19.)
gelehret worden, und kommt mit denen gemeinen
Urtheilen der Menschen genau überein. Wir ge-
ben z. E. auf nichts so sehr achtung, als auf die
Gestalt der Menschen: Wenn aber sehen wir
wohl eines Menschen Angesicht, ohne daß die um-
stehenden Sachen in das Bild desselben einen Ein-
fluß haben sollten? Wie ändert es nicht gleich die
Gestalt des Gesichts, nachdem die Haare bescho-
ren, oder aber häuffig vorhanden sind: Uns hilfft
der Schmuck, womit der Kopf gezieret wird,
wenn die umstehenden Dinge keinen Einfluß in
die Gestalt der Dinge haben. Doch gegenwär-
tiger Abhandlung wegen, kan man ebenfalls An-
sehen und Gestalt mit einander vermengen, wenn
anders jemahls eine Vermischung zweyer Begrif-
fe unschädlich seyn kan.

§. 24.
Woraus die Gestalt bestehet?

Wenn wir aber etwas genauer achtung ge-
ben, was in dem Begriffe des Ansehens oder der
Gestalt eines Cörpers enthalten sey, so werden
wir finden, daß uns theils die Figur, theils die
Farben unter diesen Nahmen vorgestellet werden.

§. 25.
Die Grösse gehört auch zur Gestalt.

Ausser der Gestalt wird zum Ansehen des Cör-
pers die Grösse deffelben zu rechnen seyn; welche
in der Höhe und Breite des Cörpers bestehet.
Die Dicke eines Cörpers lässet sich unmittelbar

durchs

Zweytes Capitel,
klaͤrung allerdings abgehet, hat dennoch ihren gu-
ten Grund; nehmlich in demjenigen, was (§. 19.)
gelehret worden, und kommt mit denen gemeinen
Urtheilen der Menſchen genau uͤberein. Wir ge-
ben z. E. auf nichts ſo ſehr achtung, als auf die
Geſtalt der Menſchen: Wenn aber ſehen wir
wohl eines Menſchen Angeſicht, ohne daß die um-
ſtehenden Sachen in das Bild deſſelben einen Ein-
fluß haben ſollten? Wie aͤndert es nicht gleich die
Geſtalt des Geſichts, nachdem die Haare beſcho-
ren, oder aber haͤuffig vorhanden ſind: Uns hilfft
der Schmuck, womit der Kopf gezieret wird,
wenn die umſtehenden Dinge keinen Einfluß in
die Geſtalt der Dinge haben. Doch gegenwaͤr-
tiger Abhandlung wegen, kan man ebenfalls An-
ſehen und Geſtalt mit einander vermengen, wenn
anders jemahls eine Vermiſchung zweyer Begrif-
fe unſchaͤdlich ſeyn kan.

§. 24.
Woraus die Geſtalt beſtehet?

Wenn wir aber etwas genauer achtung ge-
ben, was in dem Begriffe des Anſehens oder der
Geſtalt eines Coͤrpers enthalten ſey, ſo werden
wir finden, daß uns theils die Figur, theils die
Farben unter dieſen Nahmen vorgeſtellet werden.

§. 25.
Die Groͤſſe gehoͤrt auch zur Geſtalt.

Auſſer der Geſtalt wird zum Anſehen des Coͤr-
pers die Groͤſſe deffelben zu rechnen ſeyn; welche
in der Hoͤhe und Breite des Coͤrpers beſtehet.
Die Dicke eines Coͤrpers laͤſſet ſich unmittelbar

durchs
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0078" n="42"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Capitel,</hi></fw><lb/>
kla&#x0364;rung allerdings abgehet, hat dennoch ihren gu-<lb/>
ten Grund; nehmlich in demjenigen, was (§. 19.)<lb/>
gelehret worden, und kommt mit denen gemeinen<lb/>
Urtheilen der Men&#x017F;chen genau u&#x0364;berein. Wir ge-<lb/>
ben z. E. auf nichts &#x017F;o &#x017F;ehr achtung, als auf die<lb/><hi rendition="#fr">Ge&#x017F;talt</hi> der Men&#x017F;chen: Wenn aber &#x017F;ehen wir<lb/>
wohl eines Men&#x017F;chen Ange&#x017F;icht, ohne daß die um-<lb/>
&#x017F;tehenden Sachen in das Bild de&#x017F;&#x017F;elben einen Ein-<lb/>
fluß haben &#x017F;ollten? Wie a&#x0364;ndert es nicht gleich die<lb/>
Ge&#x017F;talt des Ge&#x017F;ichts, nachdem die Haare be&#x017F;cho-<lb/>
ren, oder aber ha&#x0364;uffig vorhanden &#x017F;ind: Uns hilfft<lb/>
der Schmuck, womit der Kopf gezieret wird,<lb/>
wenn die um&#x017F;tehenden Dinge keinen Einfluß in<lb/>
die Ge&#x017F;talt der Dinge haben. Doch gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tiger Abhandlung wegen, kan man ebenfalls An-<lb/>
&#x017F;ehen und Ge&#x017F;talt mit einander vermengen, wenn<lb/>
anders jemahls eine Vermi&#x017F;chung zweyer Begrif-<lb/>
fe un&#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;eyn kan.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 24.<lb/>
Woraus die Ge&#x017F;talt be&#x017F;tehet?</head><lb/>
          <p>Wenn wir aber etwas genauer achtung ge-<lb/>
ben, was in dem Begriffe des An&#x017F;ehens oder der<lb/>
Ge&#x017F;talt eines Co&#x0364;rpers enthalten &#x017F;ey, &#x017F;o werden<lb/>
wir finden, daß uns theils die <hi rendition="#fr">Figur,</hi> theils die<lb/><hi rendition="#fr">Farben</hi> unter die&#x017F;en Nahmen vorge&#x017F;tellet werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 25.<lb/>
Die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e geho&#x0364;rt auch zur Ge&#x017F;talt.</head><lb/>
          <p>Au&#x017F;&#x017F;er der Ge&#x017F;talt wird zum An&#x017F;ehen des Co&#x0364;r-<lb/>
pers die <hi rendition="#fr">Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e</hi> deffelben zu rechnen &#x017F;eyn; welche<lb/>
in der <hi rendition="#fr">Ho&#x0364;he</hi> und Breite des Co&#x0364;rpers be&#x017F;tehet.<lb/>
Die <hi rendition="#fr">Dicke</hi> eines Co&#x0364;rpers la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich unmittelbar<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">durchs</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0078] Zweytes Capitel, klaͤrung allerdings abgehet, hat dennoch ihren gu- ten Grund; nehmlich in demjenigen, was (§. 19.) gelehret worden, und kommt mit denen gemeinen Urtheilen der Menſchen genau uͤberein. Wir ge- ben z. E. auf nichts ſo ſehr achtung, als auf die Geſtalt der Menſchen: Wenn aber ſehen wir wohl eines Menſchen Angeſicht, ohne daß die um- ſtehenden Sachen in das Bild deſſelben einen Ein- fluß haben ſollten? Wie aͤndert es nicht gleich die Geſtalt des Geſichts, nachdem die Haare beſcho- ren, oder aber haͤuffig vorhanden ſind: Uns hilfft der Schmuck, womit der Kopf gezieret wird, wenn die umſtehenden Dinge keinen Einfluß in die Geſtalt der Dinge haben. Doch gegenwaͤr- tiger Abhandlung wegen, kan man ebenfalls An- ſehen und Geſtalt mit einander vermengen, wenn anders jemahls eine Vermiſchung zweyer Begrif- fe unſchaͤdlich ſeyn kan. §. 24. Woraus die Geſtalt beſtehet? Wenn wir aber etwas genauer achtung ge- ben, was in dem Begriffe des Anſehens oder der Geſtalt eines Coͤrpers enthalten ſey, ſo werden wir finden, daß uns theils die Figur, theils die Farben unter dieſen Nahmen vorgeſtellet werden. §. 25. Die Groͤſſe gehoͤrt auch zur Geſtalt. Auſſer der Geſtalt wird zum Anſehen des Coͤr- pers die Groͤſſe deffelben zu rechnen ſeyn; welche in der Hoͤhe und Breite des Coͤrpers beſtehet. Die Dicke eines Coͤrpers laͤſſet ſich unmittelbar durchs

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/78
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/78>, abgerufen am 03.12.2024.