Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Capitel,
schen dem Auge und dem Objeckt ist, als wo-
durch die Strahlen auf mancherley Weise nicht
ohne Veränderung des daraus entstehenden Bil-
des, pflegen gebrochen zu werden. Von dieser
Art der historischen Erkentniß sind wir freylich
schon längst aus der Optick treflich versehen.
Nur müssen wir hie und da deutliche Begriffe
noch suchen, damit man allgemeinere Begriffe
abstrahiren kan, die sich auch auf Geschichte, die
nicht sichtlich sind, anwenden lassen.

§. 18.
Wie ein und mehrere Cörper vermengt
werden?

Wenn ein Cörper B eben die Empfindung
bey uns verursachet, welche schon vorher ein Cör-
per A bey uns hervorgebracht hat; so halten wir
beydes vor einen Cörper. Es kan nehmlich ent-
weder wircklich eben derselbe seyn, oder es kan
auch ein anderer seyn, den wir aber durch einen
Jrrthum vor den vorigen halten. Es ist aber
leicht zu ermessen, wie es anzufangen sey, daß
wir nicht aus Jrrthum zwey Cörper vor einen
halten, oder auch, wie es manchmal zu geschehen
pflegt, einen einigen Cörper vor zwey ver-
schiedene Cörper halten.
Die Lehre von der
Aehnlichkeit giebt Licht genug in dieser Mate-
rie; daher wir uns dabey nicht auf halten wollen.

§. 19.
Wir sehen keinen Cörper allein?

Wir sehen weder auf der Erde, noch auch in
der Höhe jemahls einen Cörper allein: sondern

es

Zweytes Capitel,
ſchen dem Auge und dem Objeckt iſt, als wo-
durch die Strahlen auf mancherley Weiſe nicht
ohne Veraͤnderung des daraus entſtehenden Bil-
des, pflegen gebrochen zu werden. Von dieſer
Art der hiſtoriſchen Erkentniß ſind wir freylich
ſchon laͤngſt aus der Optick treflich verſehen.
Nur muͤſſen wir hie und da deutliche Begriffe
noch ſuchen, damit man allgemeinere Begriffe
abſtrahiren kan, die ſich auch auf Geſchichte, die
nicht ſichtlich ſind, anwenden laſſen.

§. 18.
Wie ein und mehrere Coͤrper vermengt
werden?

Wenn ein Coͤrper B eben die Empfindung
bey uns verurſachet, welche ſchon vorher ein Coͤr-
per A bey uns hervorgebracht hat; ſo halten wir
beydes vor einen Coͤrper. Es kan nehmlich ent-
weder wircklich eben derſelbe ſeyn, oder es kan
auch ein anderer ſeyn, den wir aber durch einen
Jrrthum vor den vorigen halten. Es iſt aber
leicht zu ermeſſen, wie es anzufangen ſey, daß
wir nicht aus Jrrthum zwey Coͤrper vor einen
halten, oder auch, wie es manchmal zu geſchehen
pflegt, einen einigen Coͤrper vor zwey ver-
ſchiedene Coͤrper halten.
Die Lehre von der
Aehnlichkeit giebt Licht genug in dieſer Mate-
rie; daher wir uns dabey nicht auf halten wollen.

§. 19.
Wir ſehen keinen Coͤrper allein?

Wir ſehen weder auf der Erde, noch auch in
der Hoͤhe jemahls einen Coͤrper allein: ſondern

es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0074" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Capitel,</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;chen</hi> dem Auge und dem Objeckt <hi rendition="#fr">i&#x017F;t,</hi> als wo-<lb/>
durch die Strahlen auf mancherley Wei&#x017F;e nicht<lb/>
ohne Vera&#x0364;nderung des daraus ent&#x017F;tehenden Bil-<lb/>
des, pflegen gebrochen zu werden. Von die&#x017F;er<lb/>
Art der hi&#x017F;tori&#x017F;chen Erkentniß &#x017F;ind wir freylich<lb/>
&#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t aus der <hi rendition="#fr">Optick</hi> treflich ver&#x017F;ehen.<lb/>
Nur mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir hie und da deutliche Begriffe<lb/>
noch &#x017F;uchen, damit man allgemeinere Begriffe<lb/>
ab&#x017F;trahiren kan, die &#x017F;ich auch auf Ge&#x017F;chichte, die<lb/>
nicht <hi rendition="#fr">&#x017F;ichtlich</hi> &#x017F;ind, anwenden la&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 18.<lb/>
Wie ein und mehrere Co&#x0364;rper vermengt<lb/>
werden?</head><lb/>
          <p>Wenn ein Co&#x0364;rper <hi rendition="#aq">B</hi> eben die Empfindung<lb/>
bey uns verur&#x017F;achet, welche &#x017F;chon vorher ein Co&#x0364;r-<lb/>
per <hi rendition="#aq">A</hi> bey uns hervorgebracht hat; &#x017F;o halten wir<lb/>
beydes vor <hi rendition="#fr">einen</hi> Co&#x0364;rper. Es kan nehmlich ent-<lb/>
weder wircklich eben der&#x017F;elbe &#x017F;eyn, oder es kan<lb/>
auch ein anderer &#x017F;eyn, den wir aber durch einen<lb/>
Jrrthum vor den vorigen halten. Es i&#x017F;t aber<lb/>
leicht zu erme&#x017F;&#x017F;en, wie es anzufangen &#x017F;ey, daß<lb/>
wir nicht aus Jrrthum zwey Co&#x0364;rper vor einen<lb/>
halten, oder auch, wie es manchmal zu ge&#x017F;chehen<lb/>
pflegt, <hi rendition="#fr">einen einigen Co&#x0364;rper vor zwey ver-<lb/>
&#x017F;chiedene Co&#x0364;rper halten.</hi> Die Lehre von der<lb/><hi rendition="#fr">Aehnlichkeit</hi> giebt Licht genug in die&#x017F;er Mate-<lb/>
rie; daher wir uns dabey nicht auf halten wollen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 19.<lb/>
Wir &#x017F;ehen keinen Co&#x0364;rper allein?</head><lb/>
          <p>Wir &#x017F;ehen weder auf der Erde, noch auch in<lb/>
der Ho&#x0364;he jemahls einen Co&#x0364;rper allein: &#x017F;ondern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0074] Zweytes Capitel, ſchen dem Auge und dem Objeckt iſt, als wo- durch die Strahlen auf mancherley Weiſe nicht ohne Veraͤnderung des daraus entſtehenden Bil- des, pflegen gebrochen zu werden. Von dieſer Art der hiſtoriſchen Erkentniß ſind wir freylich ſchon laͤngſt aus der Optick treflich verſehen. Nur muͤſſen wir hie und da deutliche Begriffe noch ſuchen, damit man allgemeinere Begriffe abſtrahiren kan, die ſich auch auf Geſchichte, die nicht ſichtlich ſind, anwenden laſſen. §. 18. Wie ein und mehrere Coͤrper vermengt werden? Wenn ein Coͤrper B eben die Empfindung bey uns verurſachet, welche ſchon vorher ein Coͤr- per A bey uns hervorgebracht hat; ſo halten wir beydes vor einen Coͤrper. Es kan nehmlich ent- weder wircklich eben derſelbe ſeyn, oder es kan auch ein anderer ſeyn, den wir aber durch einen Jrrthum vor den vorigen halten. Es iſt aber leicht zu ermeſſen, wie es anzufangen ſey, daß wir nicht aus Jrrthum zwey Coͤrper vor einen halten, oder auch, wie es manchmal zu geſchehen pflegt, einen einigen Coͤrper vor zwey ver- ſchiedene Coͤrper halten. Die Lehre von der Aehnlichkeit giebt Licht genug in dieſer Mate- rie; daher wir uns dabey nicht auf halten wollen. §. 19. Wir ſehen keinen Coͤrper allein? Wir ſehen weder auf der Erde, noch auch in der Hoͤhe jemahls einen Coͤrper allein: ſondern es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/74
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/74>, abgerufen am 21.11.2024.