Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.von alten u. ausländisch. Geschichten. schreiber unterstehen, dem Landesherrn eine Ge-mahlin beyzulegen, mit der er nicht würcklich ver- mählt ist: Eine Stadt in der Nähe zu dichten, die nicht vorhanden ist: Ein Erdbeben zu erzeh- len, davon niemand im Lande etwas weiß. 2. An- dern Theils aber bringt die Beschaffenheit eines Scriptoris coaeui mit sich, daß das Stillschweigen anderer Geschichtschreiber, ohngefehr von gleichem Alter, und die bald darauf folgen, und daß sich niemand darwider gereget, vor eine Bestätigung zu achten ist (§. 32. C. 9.). §. 15. Warum die Geschichtschreiber die Nahmen der Zuschauer weglassen: Ein Geschichtschreiber, wenn er sich nicht auf sen
von alten u. auslaͤndiſch. Geſchichten. ſchreiber unterſtehen, dem Landesherrn eine Ge-mahlin beyzulegen, mit der er nicht wuͤrcklich ver- maͤhlt iſt: Eine Stadt in der Naͤhe zu dichten, die nicht vorhanden iſt: Ein Erdbeben zu erzeh- len, davon niemand im Lande etwas weiß. 2. An- dern Theils aber bringt die Beſchaffenheit eines Scriptoris coæui mit ſich, daß das Stillſchweigen anderer Geſchichtſchreiber, ohngefehr von gleichem Alter, und die bald darauf folgen, und daß ſich niemand darwider gereget, vor eine Beſtaͤtigung zu achten iſt (§. 32. C. 9.). §. 15. Warum die Geſchichtſchreiber die Nahmen der Zuſchauer weglaſſen: Ein Geſchichtſchreiber, wenn er ſich nicht auf ſen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0401" n="365"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von alten u. auslaͤndiſch. Geſchichten.</hi></fw><lb/> ſchreiber unterſtehen, dem Landesherrn eine Ge-<lb/> mahlin beyzulegen, mit der er nicht wuͤrcklich ver-<lb/> maͤhlt iſt: Eine Stadt in der Naͤhe zu dichten,<lb/> die nicht vorhanden iſt: Ein Erdbeben zu erzeh-<lb/> len, davon niemand im Lande etwas weiß. 2. An-<lb/> dern Theils aber bringt die Beſchaffenheit eines<lb/><hi rendition="#aq">Scriptoris coæui</hi> mit ſich, daß das Stillſchweigen<lb/> anderer Geſchichtſchreiber, ohngefehr von gleichem<lb/> Alter, und die bald darauf folgen, und daß ſich<lb/> niemand darwider gereget, vor eine Beſtaͤtigung<lb/> zu achten iſt (§. 32. C. 9.).</p> </div><lb/> <div n="2"> <head>§. 15.<lb/> Warum die Geſchichtſchreiber die Nahmen<lb/> der Zuſchauer weglaſſen:</head><lb/> <p>Ein Geſchichtſchreiber, wenn er ſich nicht auf<lb/> ſein eigen Wiſſen, ſondern auf Nachrichten, von<lb/> geweſenen Zuſchauern gruͤndet; ſollte dieſelben lie-<lb/> ber <hi rendition="#fr">nahmentlich</hi> anfuͤhren; weil auf den Zu-<lb/> ſchauer bey jeder Geſchichte gar zu viel ankommt<lb/> (§. 1. C. 5.). Allein da doch die meiſten Leſer,<lb/> ja alle, die Perſonen meiſtens nicht kennen wuͤr-<lb/> den, folglich auch, das <hi rendition="#fr">Anſehen</hi> derſelben bey de-<lb/> nen Leſern geringe ſeyn wuͤrde, ob es gleich bey<lb/> dem Geſchichtſchreiber ſtarck, ja voͤllig geweſen:<lb/> So verliert man nicht viel dabey, wenn der Ge-<lb/> ſchichtſchreiber ſie nicht anfuͤhret. Denn wenn<lb/> wir ihn einmahl vor einen Lehrer der Geſchichte<lb/> gelten laſſen (§. 11.) ſo verſtehets ſich, daß wir<lb/> ihm zutrauen, er werde die Sache von ſolchen Per-<lb/> ſonen, mittelbar oder unmittelbar in Erfahrung<lb/> gebracht haben, welche wuͤrcklich Zuſchauer gewe-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [365/0401]
von alten u. auslaͤndiſch. Geſchichten.
ſchreiber unterſtehen, dem Landesherrn eine Ge-
mahlin beyzulegen, mit der er nicht wuͤrcklich ver-
maͤhlt iſt: Eine Stadt in der Naͤhe zu dichten,
die nicht vorhanden iſt: Ein Erdbeben zu erzeh-
len, davon niemand im Lande etwas weiß. 2. An-
dern Theils aber bringt die Beſchaffenheit eines
Scriptoris coæui mit ſich, daß das Stillſchweigen
anderer Geſchichtſchreiber, ohngefehr von gleichem
Alter, und die bald darauf folgen, und daß ſich
niemand darwider gereget, vor eine Beſtaͤtigung
zu achten iſt (§. 32. C. 9.).
§. 15.
Warum die Geſchichtſchreiber die Nahmen
der Zuſchauer weglaſſen:
Ein Geſchichtſchreiber, wenn er ſich nicht auf
ſein eigen Wiſſen, ſondern auf Nachrichten, von
geweſenen Zuſchauern gruͤndet; ſollte dieſelben lie-
ber nahmentlich anfuͤhren; weil auf den Zu-
ſchauer bey jeder Geſchichte gar zu viel ankommt
(§. 1. C. 5.). Allein da doch die meiſten Leſer,
ja alle, die Perſonen meiſtens nicht kennen wuͤr-
den, folglich auch, das Anſehen derſelben bey de-
nen Leſern geringe ſeyn wuͤrde, ob es gleich bey
dem Geſchichtſchreiber ſtarck, ja voͤllig geweſen:
So verliert man nicht viel dabey, wenn der Ge-
ſchichtſchreiber ſie nicht anfuͤhret. Denn wenn
wir ihn einmahl vor einen Lehrer der Geſchichte
gelten laſſen (§. 11.) ſo verſtehets ſich, daß wir
ihm zutrauen, er werde die Sache von ſolchen Per-
ſonen, mittelbar oder unmittelbar in Erfahrung
gebracht haben, welche wuͤrcklich Zuſchauer gewe-
ſen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |