gehen, daß man aus derselben heraus kommt, und zur Gewißheit gelanget. (§. 2.) Man wird auch selten Ursach haben, alle Hoffnung darzu fahren zu lassen. Bey dieser wichtigen Arbeit aber wird eben so zu verfahren seyn, wie wir gewiesen haben, daß man aus der historischen Ungewißheit heraus kom- men könne. Gesetzt aber, darzu sey die Hoffnung verlohren: so ist alsdenn ein nützliches Geschäffte: daß wir die gantze Beschaffenheit unserer wahrscheinlichen Erkentniß von einer Sa- che klar und deutlich andern vor Augen le- gen. Denn wie uns daran gelegen ist, daß an- dere mit uns in Ansehung unserer gewissen Er- kentniß einstimmig sind; also gelten eben auch diese Ursachen, daß wir auch auf den Beyfall anderer in Ansehung unserer wahrscheinlichen Erkentniß be- dacht sind. Diesen Umstand, oder vielmehr die- ses nützliche Geschäffte, haben die bisherigen Lehrer der Wahrscheinlichkeit gantz aus den Augen gese- tzet, und dafür ein anders, als das eintzige noth- wendige angepriesen; nehmlich die Grade der Wahrscheinlichkeit, auch in der historischen Erkentniß zu bestimmen, oder zu zeigen, um wie viel der eine historische Satz wahrscheinlicher sey, als der andere. Wir wollen von beyden, aber von dem erstern, zuförderst handeln. Denn es ist ei- ne gar mißliche Sache, andern seine wahrschein- liche Erkentniß begreifflich zu machen, daß sie ih- nen auch wahrscheinlich wird.
§. 14.
Zehendes Capitel,
gehen, daß man aus derſelben heraus kommt, und zur Gewißheit gelanget. (§. 2.) Man wird auch ſelten Urſach haben, alle Hoffnung darzu fahren zu laſſen. Bey dieſer wichtigen Arbeit aber wird eben ſo zu verfahren ſeyn, wie wir gewieſen haben, daß man aus der hiſtoriſchen Ungewißheit heraus kom- men koͤnne. Geſetzt aber, darzu ſey die Hoffnung verlohren: ſo iſt alsdenn ein nuͤtzliches Geſchaͤffte: daß wir die gantze Beſchaffenheit unſerer wahrſcheinlichen Erkentniß von einer Sa- che klar und deutlich andern vor Augen le- gen. Denn wie uns daran gelegen iſt, daß an- dere mit uns in Anſehung unſerer gewiſſen Er- kentniß einſtimmig ſind; alſo gelten eben auch dieſe Urſachen, daß wir auch auf den Beyfall anderer in Anſehung unſerer wahrſcheinlichen Erkentniß be- dacht ſind. Dieſen Umſtand, oder vielmehr die- ſes nuͤtzliche Geſchaͤffte, haben die bisherigen Lehrer der Wahrſcheinlichkeit gantz aus den Augen geſe- tzet, und dafuͤr ein anders, als das eintzige noth- wendige angeprieſen; nehmlich die Grade der Wahrſcheinlichkeit, auch in der hiſtoriſchen Erkentniß zu beſtimmen, oder zu zeigen, um wie viel der eine hiſtoriſche Satz wahrſcheinlicher ſey, als der andere. Wir wollen von beyden, aber von dem erſtern, zufoͤrderſt handeln. Denn es iſt ei- ne gar mißliche Sache, andern ſeine wahrſchein- liche Erkentniß begreifflich zu machen, daß ſie ih- nen auch wahrſcheinlich wird.
§. 14.
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Zehendes Capitel,
gehen, daß man aus derſelben heraus kommt, und
zur Gewißheit gelanget. (§. 2.) Man wird auch
ſelten Urſach haben, alle Hoffnung darzu fahren zu
laſſen. Bey dieſer wichtigen Arbeit aber wird eben
ſo zu verfahren ſeyn, wie wir gewieſen haben, daß
man aus der hiſtoriſchen Ungewißheit heraus kom-
men koͤnne. Geſetzt aber, darzu ſey die Hoffnung
verlohren: ſo iſt alsdenn ein nuͤtzliches Geſchaͤffte:
daß wir die gantze Beſchaffenheit unſerer
wahrſcheinlichen Erkentniß von einer Sa-
che klar und deutlich andern vor Augen le-
gen. Denn wie uns daran gelegen iſt, daß an-
dere mit uns in Anſehung unſerer gewiſſen Er-
kentniß einſtimmig ſind; alſo gelten eben auch dieſe
Urſachen, daß wir auch auf den Beyfall anderer in
Anſehung unſerer wahrſcheinlichen Erkentniß be-
dacht ſind. Dieſen Umſtand, oder vielmehr die-
ſes nuͤtzliche Geſchaͤffte, haben die bisherigen Lehrer
der Wahrſcheinlichkeit gantz aus den Augen geſe-
tzet, und dafuͤr ein anders, als das eintzige noth-
wendige angeprieſen; nehmlich die Grade der
Wahrſcheinlichkeit, auch in der hiſtoriſchen
Erkentniß zu beſtimmen, oder zu zeigen, um wie
viel der eine hiſtoriſche Satz wahrſcheinlicher ſey,
als der andere. Wir wollen von beyden, aber von
dem erſtern, zufoͤrderſt handeln. Denn es iſt ei-
ne gar mißliche Sache, andern ſeine wahrſchein-
liche Erkentniß begreifflich zu machen, daß ſie ih-
nen auch wahrſcheinlich wird.
§. 14.
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/370>, abgerufen am 02.03.2025.
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