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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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Achtes Capitel,
uentum putatis? Non enim illum eximia vis
remigum, aut ars inaudita quaedam gubernan-
di, aut venti aliquot noui, tam celeriter in ulti-
mas terras pertulerunt. Sed hae res, quae caete-
ros remorari solent, non retardarunt: Non aua-
ritia ab instituto cursu ad praedam aliquam de-
uorauit, non libido ad voluptatem, non amoe-
nitas ad delectationem, non nobilitas urbis ad
cognitionem, non denique labor ipse ad quie-
tem. Postremo signa & tabulas, ceteraque or-
namenta graecorum oppidorum, quae ceteri tol-
lenda esse arbitrantur, ea sibi ille ne visenda qui-
dem existimauit.
Man siehet, daß sich Cicero,
nach unserer Regel, wie es mit ausnehmen-
den Anschlägen und Ausführungen zugehet (n. 2.
§. 11.), sich auf die besondere und ausserordentli-
che Gedenckart des Pompejus beziehet; die er
auch dergestalt ins Lichte stellet, daß die meisten
Leser sich werden düncken lassen, sie sähen vollkom-
men ein, warum es mit Ausrottung der Seeräu-
ber so schleunig zugegangen. Aber daß hier noch
entweder besondere Umstände in den Sachen ge-
wesen, oder noch besondere Gedancken und Triebe
in der Seele des Pompejus gewesen, die die Sa-
che befördert haben, lässet sich unwidersprechlich
daraus wahrnehmen, daß Pompejus, da er in
seiner eigenen Sache, wider den Cäsar Krieg führ-
te, dennoch durchgängig des Zauderns und Lang-
samkeit beschuldigt wurde, ob es ihm gleich an kei-
ner von den Ursachen der Geschwindigkeit, die Cicero
hier anführet, dazumahl gefehlet haben kan. Das,
was man Muth nennet, denn man sich nicht

geben

Achtes Capitel,
uentum putatis? Non enim illum eximia vis
remigum, aut ars inaudita quædam gubernan-
di, aut venti aliquot noui, tam celeriter in ulti-
mas terras pertulerunt. Sed hæ res, quæ cæte-
ros remorari ſolent, non retardarunt: Non aua-
ritia ab inſtituto curſu ad prædam aliquam de-
uorauit, non libido ad voluptatem, non amoe-
nitas ad delectationem, non nobilitas urbis ad
cognitionem, non denique labor ipſe ad quie-
tem. Poſtremo ſigna & tabulas, ceteraque or-
namenta græcorum oppidorum, quæ ceteri tol-
lenda eſſe arbitrantur, ea ſibi ille ne viſenda qui-
dem exiſtimauit.
Man ſiehet, daß ſich Cicero,
nach unſerer Regel, wie es mit ausnehmen-
den Anſchlaͤgen und Ausfuͤhrungen zugehet (n. 2.
§. 11.), ſich auf die beſondere und auſſerordentli-
che Gedenckart des Pompejus beziehet; die er
auch dergeſtalt ins Lichte ſtellet, daß die meiſten
Leſer ſich werden duͤncken laſſen, ſie ſaͤhen vollkom-
men ein, warum es mit Ausrottung der Seeraͤu-
ber ſo ſchleunig zugegangen. Aber daß hier noch
entweder beſondere Umſtaͤnde in den Sachen ge-
weſen, oder noch beſondere Gedancken und Triebe
in der Seele des Pompejus geweſen, die die Sa-
che befoͤrdert haben, laͤſſet ſich unwiderſprechlich
daraus wahrnehmen, daß Pompejus, da er in
ſeiner eigenen Sache, wider den Caͤſar Krieg fuͤhr-
te, dennoch durchgaͤngig des Zauderns und Lang-
ſamkeit beſchuldigt wurde, ob es ihm gleich an kei-
ner von den Urſachen der Geſchwindigkeit, die Cicero
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was man Muth nennet, denn man ſich nicht

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[272/0308] Achtes Capitel, uentum putatis? Non enim illum eximia vis remigum, aut ars inaudita quædam gubernan- di, aut venti aliquot noui, tam celeriter in ulti- mas terras pertulerunt. Sed hæ res, quæ cæte- ros remorari ſolent, non retardarunt: Non aua- ritia ab inſtituto curſu ad prædam aliquam de- uorauit, non libido ad voluptatem, non amoe- nitas ad delectationem, non nobilitas urbis ad cognitionem, non denique labor ipſe ad quie- tem. Poſtremo ſigna & tabulas, ceteraque or- namenta græcorum oppidorum, quæ ceteri tol- lenda eſſe arbitrantur, ea ſibi ille ne viſenda qui- dem exiſtimauit. Man ſiehet, daß ſich Cicero, nach unſerer Regel, wie es mit ausnehmen- den Anſchlaͤgen und Ausfuͤhrungen zugehet (n. 2. §. 11.), ſich auf die beſondere und auſſerordentli- che Gedenckart des Pompejus beziehet; die er auch dergeſtalt ins Lichte ſtellet, daß die meiſten Leſer ſich werden duͤncken laſſen, ſie ſaͤhen vollkom- men ein, warum es mit Ausrottung der Seeraͤu- ber ſo ſchleunig zugegangen. Aber daß hier noch entweder beſondere Umſtaͤnde in den Sachen ge- weſen, oder noch beſondere Gedancken und Triebe in der Seele des Pompejus geweſen, die die Sa- che befoͤrdert haben, laͤſſet ſich unwiderſprechlich daraus wahrnehmen, daß Pompejus, da er in ſeiner eigenen Sache, wider den Caͤſar Krieg fuͤhr- te, dennoch durchgaͤngig des Zauderns und Lang- ſamkeit beſchuldigt wurde, ob es ihm gleich an kei- ner von den Urſachen der Geſchwindigkeit, die Cicero hier anfuͤhret, dazumahl gefehlet haben kan. Das, was man Muth nennet, denn man ſich nicht geben

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/308>, abgerufen am 24.11.2024.