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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
§. 45.
Wie viel wir von den Begebenheiten der Seele
nicht wiſſen.

Jn der menſchlichen Seele, wovon der groͤſte
Theil unſerer hiſtoriſchen Erkentniß abhanget, iſt
noch mehr verborgenes. 1. Selbſt klare Gedan-
cken, dauerhaffte Gedancken, die der allzu wohl
weiß, der ſie hat, koͤnnen andere nicht wiſſen,
wenn ſolche nicht in Worte und Wercke ausbrechen.
2. Haben wir ſehr viele Vorſtellungen, die dun-
ckel
und fluͤchtig ſind, daß wir ſie ſelbſt nicht ein-
mahl genau bemercken, ohngeachtet ſie in uns ent-
ſtehen: und dennoch iſt dieſen dunckeln Vorſtellun-
gen, der Urſprung unſerer Gedancken, die wir
wiſſen, meiſtentheils zuzuſchreiben. 3. Aendert
ſich der Zuſtand der Seele ſtuͤndlich: daß man
nehmlich mehr aufgeraͤumt, oder verdruͤßlicher
wird, daß man zu einer Sache bald Luſt hat, bald
nicht Luſt hat, welches macht, daß man die Sa-
chen gantz mit andern Augen anſiehet. (§. 22. C. 5.)
Und dieſe Abwechſelungen unſerer Gemuͤthsverfaſ-
ſung bemercken wir das hunderſte mahl kaum ſel-
ber: und wiſſen offt ſelbſt nicht, wie uns zu mu-
the
iſt? geſchweige daß es andere ſollten wiſſen koͤn-
nen? 4. Wer will alſo auch die Grade beſtim-
men, wenn auch allenfalls offenbar wird, daß wir
froͤlich, daß wir traurig, daß wir zornig ſind, da
doch auf den Grad der Qualitaͤten alles ankoͤmmt,
wenn daraus die Effectus ſollen erklaͤrt werden. Ja
was wir einerley Grad der Freude, oder des
Unmuths, nennen, wird doch noch ein groſſer
Unterſcheid ſeyn, ob eben derſelbe Grad ietzo in der

Folge
R 5

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/301>, abgerufen am 19.02.2025.