Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

v. d. Zusammenhange d. Begebenh. etc.
schaffenheit und Absicht nicht zu kommen ist; so wer-
den wir mit unserm blossen Nachdencken, meistens
nicht weiter, als ins wahrscheinliche kommen.
Eigentlich aber gehört diese Materie zu der Ein-
sicht ins Zukünfftige.

§. 42.
Vergleichung des historischen Zusammenhangs
mit der Verbindung allgemeiner Wahr-
heiten.

Wenn man nun den Zusammenhang der Ge-
schichte und der Erzehlungen überhaupt betrachtet,
und nach den Regeln der Vernunfftlehre beleuchtet;
so haben wir noch mehrere Anmerckungen zu ma-
chen. Erstlich ist man in der Vernunfftlehre ge-
wohnt, die Verbindung der Sätze und Wahrhei-
ten lediglich in Schlüssen zu setzen; und dieses ge-
schiehet, weil man da fast bloß auf die allgemei-
nen
Wahrheiten siehet, mit Recht: ausser daß
doch auch in denen Theorematibus eine andere Ver-
bindung vorgehet, daß man nehmlich aus zwey und
mehr Sätzen einen einigen macht, wie wir in der
Logica Practica §. 32. p. 25. gewiesen haben. Dar-
aus kan nun gar leicht der Gedancken entstehen, daß
es auch von historischen Wahrheiten gelten müs-
se, daß ihre Verbindung in Schlüssen und De-
monstriren
zu setzen sey; zumahl wenn man die
Ursachen der Begebenheiten einsehen wolle. Denn
so ist bey physicalischen Dingen die Erklärung
der Ursache nichts anders, als eine Demonstra-
tion: welches daher kömmt, weil man in der Phy-
sick nicht nach eintzeln Begebenheiten fraget, son-

dern
R 3

v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
ſchaffenheit und Abſicht nicht zu kommen iſt; ſo wer-
den wir mit unſerm bloſſen Nachdencken, meiſtens
nicht weiter, als ins wahrſcheinliche kommen.
Eigentlich aber gehoͤrt dieſe Materie zu der Ein-
ſicht ins Zukuͤnfftige.

§. 42.
Vergleichung des hiſtoriſchen Zuſammenhangs
mit der Verbindung allgemeiner Wahr-
heiten.

Wenn man nun den Zuſammenhang der Ge-
ſchichte und der Erzehlungen uͤberhaupt betrachtet,
und nach den Regeln der Vernunfftlehre beleuchtet;
ſo haben wir noch mehrere Anmerckungen zu ma-
chen. Erſtlich iſt man in der Vernunfftlehre ge-
wohnt, die Verbindung der Saͤtze und Wahrhei-
ten lediglich in Schluͤſſen zu ſetzen; und dieſes ge-
ſchiehet, weil man da faſt bloß auf die allgemei-
nen
Wahrheiten ſiehet, mit Recht: auſſer daß
doch auch in denen Theorematibus eine andere Ver-
bindung vorgehet, daß man nehmlich aus zwey und
mehr Saͤtzen einen einigen macht, wie wir in der
Logica Practica §. 32. p. 25. gewieſen haben. Dar-
aus kan nun gar leicht der Gedancken entſtehen, daß
es auch von hiſtoriſchen Wahrheiten gelten muͤſ-
ſe, daß ihre Verbindung in Schluͤſſen und De-
monſtriren
zu ſetzen ſey; zumahl wenn man die
Urſachen der Begebenheiten einſehen wolle. Denn
ſo iſt bey phyſicaliſchen Dingen die Erklaͤrung
der Urſache nichts anders, als eine Demonſtra-
tion: welches daher koͤmmt, weil man in der Phy-
ſick nicht nach eintzeln Begebenheiten fraget, ſon-

dern
R 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0297" n="261"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">v. d. Zu&#x017F;ammenhange d. Begebenh. &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chaffenheit und Ab&#x017F;icht nicht zu kommen i&#x017F;t; &#x017F;o wer-<lb/>
den wir mit un&#x017F;erm blo&#x017F;&#x017F;en Nachdencken, mei&#x017F;tens<lb/>
nicht weiter, als ins <hi rendition="#fr">wahr&#x017F;cheinliche</hi> kommen.<lb/>
Eigentlich aber geho&#x0364;rt die&#x017F;e Materie zu der <hi rendition="#fr">Ein-<lb/>
&#x017F;icht ins Zuku&#x0364;nfftige.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 42.<lb/>
Vergleichung des hi&#x017F;tori&#x017F;chen Zu&#x017F;ammenhangs<lb/>
mit der Verbindung allgemeiner Wahr-<lb/>
heiten.</head><lb/>
          <p>Wenn man nun den <hi rendition="#fr">Zu&#x017F;ammenhang</hi> der Ge-<lb/>
&#x017F;chichte und der Erzehlungen u&#x0364;berhaupt betrachtet,<lb/>
und nach den Regeln der Vernunfftlehre beleuchtet;<lb/>
&#x017F;o haben wir noch mehrere Anmerckungen zu ma-<lb/>
chen. Er&#x017F;tlich i&#x017F;t man in der Vernunfftlehre ge-<lb/>
wohnt, die Verbindung der Sa&#x0364;tze und Wahrhei-<lb/>
ten lediglich in <hi rendition="#fr">Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</hi> zu &#x017F;etzen; und die&#x017F;es ge-<lb/>
&#x017F;chiehet, weil man da fa&#x017F;t bloß auf die <hi rendition="#fr">allgemei-<lb/>
nen</hi> Wahrheiten &#x017F;iehet, mit Recht: au&#x017F;&#x017F;er daß<lb/>
doch auch in denen <hi rendition="#aq">Theorematibus</hi> eine andere Ver-<lb/>
bindung vorgehet, daß man nehmlich aus zwey und<lb/>
mehr Sa&#x0364;tzen einen <hi rendition="#fr">einigen</hi> macht, wie wir in der<lb/><hi rendition="#aq">Logica Practica §. 32. p.</hi> 25. gewie&#x017F;en haben. Dar-<lb/>
aus kan nun gar leicht der Gedancken ent&#x017F;tehen, daß<lb/>
es auch von <hi rendition="#fr">hi&#x017F;tori&#x017F;chen</hi> Wahrheiten gelten mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e, daß ihre Verbindung in <hi rendition="#fr">Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</hi> und <hi rendition="#fr">De-<lb/>
mon&#x017F;triren</hi> zu &#x017F;etzen &#x017F;ey; zumahl wenn man die<lb/><hi rendition="#fr">Ur&#x017F;achen</hi> der Begebenheiten ein&#x017F;ehen wolle. Denn<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t bey <hi rendition="#fr">phy&#x017F;icali&#x017F;chen</hi> Dingen die Erkla&#x0364;rung<lb/>
der <hi rendition="#fr">Ur&#x017F;ache</hi> nichts anders, als eine Demon&#x017F;tra-<lb/>
tion: welches daher ko&#x0364;mmt, weil man in der Phy-<lb/>
&#x017F;ick nicht nach eintzeln Begebenheiten fraget, &#x017F;on-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 3</fw><fw place="bottom" type="catch">dern</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0297] v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc. ſchaffenheit und Abſicht nicht zu kommen iſt; ſo wer- den wir mit unſerm bloſſen Nachdencken, meiſtens nicht weiter, als ins wahrſcheinliche kommen. Eigentlich aber gehoͤrt dieſe Materie zu der Ein- ſicht ins Zukuͤnfftige. §. 42. Vergleichung des hiſtoriſchen Zuſammenhangs mit der Verbindung allgemeiner Wahr- heiten. Wenn man nun den Zuſammenhang der Ge- ſchichte und der Erzehlungen uͤberhaupt betrachtet, und nach den Regeln der Vernunfftlehre beleuchtet; ſo haben wir noch mehrere Anmerckungen zu ma- chen. Erſtlich iſt man in der Vernunfftlehre ge- wohnt, die Verbindung der Saͤtze und Wahrhei- ten lediglich in Schluͤſſen zu ſetzen; und dieſes ge- ſchiehet, weil man da faſt bloß auf die allgemei- nen Wahrheiten ſiehet, mit Recht: auſſer daß doch auch in denen Theorematibus eine andere Ver- bindung vorgehet, daß man nehmlich aus zwey und mehr Saͤtzen einen einigen macht, wie wir in der Logica Practica §. 32. p. 25. gewieſen haben. Dar- aus kan nun gar leicht der Gedancken entſtehen, daß es auch von hiſtoriſchen Wahrheiten gelten muͤſ- ſe, daß ihre Verbindung in Schluͤſſen und De- monſtriren zu ſetzen ſey; zumahl wenn man die Urſachen der Begebenheiten einſehen wolle. Denn ſo iſt bey phyſicaliſchen Dingen die Erklaͤrung der Urſache nichts anders, als eine Demonſtra- tion: welches daher koͤmmt, weil man in der Phy- ſick nicht nach eintzeln Begebenheiten fraget, ſon- dern R 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/297
Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/297>, abgerufen am 22.11.2024.