§. 3. Nützliche Eintheilung der Handlungen, wenn man von den Ursachen derselben han- deln will.
Die Menschen handeln zu verschiedener Zeit, und bey verschiedener Gelegenheit, auch auf man- cherley Art. So giebt es 1. Handlungen, die an sich und in sich mit einem Vergnügen ver- knüpfft sind, welches entweder erlaubt oder uner- laubt seyn kan. Der gebohrne Poet macht Ver- se, und ist zufrieden, daß er sie gemacht und ge- macht hat. Der Liebhaber vom Trunck trüncket so offte, weil er Vergnügen darinnen findet. Es giebt so gar Leute, die zum Vergnügen Zanck an- fangen. 2. Die meisten Handlungen aber wer- den nicht um sich selbst willen unternommen, son- dern wegen der daraus entstehenden Folgen, die entweder würcklich nützlich sind, oder doch wenig- stens vor nützlich gehalten werden. Man nimmt bittere Artzneyen ein, um gesund zu werden: man arbeitet im Schweiß seines Angesichts, um sein Brod zu erwerben: man begiebt sich in Gefahr, um einen Freund daraus zu retten. Diese Art der Handlungen ist in der historischen Erkentniß die wichtigste. Hier ist der Bewegungsgrund ausser der Handlung, oder von der Hand- lung selbst unterschieden; und heisset die Ab- sicht. Es ist uns zwar nicht unbekannt, daß man öffters den Begriff der Absicht so ausdehnet, daß alle Handlungen Absichten haben sollen. Allein uns gefället diese Zerrüttung der Absich- ten nicht: denn eine Absicht muß ausser der Sa-
che
v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
§. 3. Nuͤtzliche Eintheilung der Handlungen, wenn man von den Urſachen derſelben han- deln will.
Die Menſchen handeln zu verſchiedener Zeit, und bey verſchiedener Gelegenheit, auch auf man- cherley Art. So giebt es 1. Handlungen, die an ſich und in ſich mit einem Vergnuͤgen ver- knuͤpfft ſind, welches entweder erlaubt oder uner- laubt ſeyn kan. Der gebohrne Poet macht Ver- ſe, und iſt zufrieden, daß er ſie gemacht und ge- macht hat. Der Liebhaber vom Trunck truͤncket ſo offte, weil er Vergnuͤgen darinnen findet. Es giebt ſo gar Leute, die zum Vergnuͤgen Zanck an- fangen. 2. Die meiſten Handlungen aber wer- den nicht um ſich ſelbſt willen unternommen, ſon- dern wegen der daraus entſtehenden Folgen, die entweder wuͤrcklich nuͤtzlich ſind, oder doch wenig- ſtens vor nuͤtzlich gehalten werden. Man nimmt bittere Artzneyen ein, um geſund zu werden: man arbeitet im Schweiß ſeines Angeſichts, um ſein Brod zu erwerben: man begiebt ſich in Gefahr, um einen Freund daraus zu retten. Dieſe Art der Handlungen iſt in der hiſtoriſchen Erkentniß die wichtigſte. Hier iſt der Bewegungsgrund auſſer der Handlung, oder von der Hand- lung ſelbſt unterſchieden; und heiſſet die Ab- ſicht. Es iſt uns zwar nicht unbekannt, daß man oͤffters den Begriff der Abſicht ſo ausdehnet, daß alle Handlungen Abſichten haben ſollen. Allein uns gefaͤllet dieſe Zerruͤttung der Abſich- ten nicht: denn eine Abſicht muß auſſer der Sa-
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v. d. Zuſammenhange d. Begebenh. ꝛc.
§. 3.
Nuͤtzliche Eintheilung der Handlungen, wenn
man von den Urſachen derſelben han-
deln will.
Die Menſchen handeln zu verſchiedener Zeit,
und bey verſchiedener Gelegenheit, auch auf man-
cherley Art. So giebt es 1. Handlungen, die
an ſich und in ſich mit einem Vergnuͤgen ver-
knuͤpfft ſind, welches entweder erlaubt oder uner-
laubt ſeyn kan. Der gebohrne Poet macht Ver-
ſe, und iſt zufrieden, daß er ſie gemacht und ge-
macht hat. Der Liebhaber vom Trunck truͤncket
ſo offte, weil er Vergnuͤgen darinnen findet. Es
giebt ſo gar Leute, die zum Vergnuͤgen Zanck an-
fangen. 2. Die meiſten Handlungen aber wer-
den nicht um ſich ſelbſt willen unternommen, ſon-
dern wegen der daraus entſtehenden Folgen, die
entweder wuͤrcklich nuͤtzlich ſind, oder doch wenig-
ſtens vor nuͤtzlich gehalten werden. Man nimmt
bittere Artzneyen ein, um geſund zu werden: man
arbeitet im Schweiß ſeines Angeſichts, um ſein
Brod zu erwerben: man begiebt ſich in Gefahr,
um einen Freund daraus zu retten. Dieſe Art
der Handlungen iſt in der hiſtoriſchen Erkentniß
die wichtigſte. Hier iſt der Bewegungsgrund
auſſer der Handlung, oder von der Hand-
lung ſelbſt unterſchieden; und heiſſet die Ab-
ſicht. Es iſt uns zwar nicht unbekannt, daß
man oͤffters den Begriff der Abſicht ſo ausdehnet,
daß alle Handlungen Abſichten haben ſollen.
Allein uns gefaͤllet dieſe Zerruͤttung der Abſich-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/243>, abgerufen am 13.11.2024.
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