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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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v. d. Ausbreitung u. Fortpflantzung etc.
hen, theils aber auch durch gerichtliche Untersu-
chung zum Aussagen und Geständniß gezwungen
werden.

§. 40.
Erforschung einer Geschichte.

Man siehet auch hieraus, worinnen das Er-
forschen,
oder Erkundigen einer Geschichte
bestehe. Sie muß nothwendig schon etwas be-
kannt seyn, wenn darnach soll geforschet werden,
weil man nach einer Sache, davon man gar nichts
weiß, auch nicht fragen kann. Sie muß aber
nicht aus Nachrichten, sondern auf eine ande-
re Art seyn erkannt worden; denn sonst weiß
man sie schon, und die Erforschung ging nur
auf besondere Umstände der Geschichte. Wenn
aber von der gantzen Geschichte das Erforschen
gebraucht wird, so bleibt nichts übrig, als daß
man eine Geschichte, die uns durch Anzeichen be-
kannt worden, nunmehro auch durch Aussagen,
als durch den rechten natürlichen Weg vergange-
ne Geschichte zu erkennen, einzusehen; und des-
wegen Personen aufzusuchen, welche uns Nach-
richt davon geben können. Nachforschen wird
auch in dem Falle gebraucht, wenn wir eine Nach-
richt, die wir erhalten haben, nicht glauben; und
sie daher vor eine Unwahrheit annehmen. Die-
ses giebt uns Gelegenheit, durch Aussagen derer,
die davon wissen können, zu erfahren, daß die
Sache nicht geschehen sey, und sich nicht so befin-
de. Das nicht geschehen seyn muß in diesem
Falle vor die Begebenheit angenommen werden,

wel-
N 5

v. d. Ausbreitung u. Fortpflantzung ꝛc.
hen, theils aber auch durch gerichtliche Unterſu-
chung zum Ausſagen und Geſtaͤndniß gezwungen
werden.

§. 40.
Erforſchung einer Geſchichte.

Man ſiehet auch hieraus, worinnen das Er-
forſchen,
oder Erkundigen einer Geſchichte
beſtehe. Sie muß nothwendig ſchon etwas be-
kannt ſeyn, wenn darnach ſoll geforſchet werden,
weil man nach einer Sache, davon man gar nichts
weiß, auch nicht fragen kann. Sie muß aber
nicht aus Nachrichten, ſondern auf eine ande-
re Art ſeyn erkannt worden; denn ſonſt weiß
man ſie ſchon, und die Erforſchung ging nur
auf beſondere Umſtaͤnde der Geſchichte. Wenn
aber von der gantzen Geſchichte das Erforſchen
gebraucht wird, ſo bleibt nichts uͤbrig, als daß
man eine Geſchichte, die uns durch Anzeichen be-
kannt worden, nunmehro auch durch Ausſagen,
als durch den rechten natuͤrlichen Weg vergange-
ne Geſchichte zu erkennen, einzuſehen; und des-
wegen Perſonen aufzuſuchen, welche uns Nach-
richt davon geben koͤnnen. Nachforſchen wird
auch in dem Falle gebraucht, wenn wir eine Nach-
richt, die wir erhalten haben, nicht glauben; und
ſie daher vor eine Unwahrheit annehmen. Die-
ſes giebt uns Gelegenheit, durch Ausſagen derer,
die davon wiſſen koͤnnen, zu erfahren, daß die
Sache nicht geſchehen ſey, und ſich nicht ſo befin-
de. Das nicht geſchehen ſeyn muß in dieſem
Falle vor die Begebenheit angenommen werden,

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[201/0237] v. d. Ausbreitung u. Fortpflantzung ꝛc. hen, theils aber auch durch gerichtliche Unterſu- chung zum Ausſagen und Geſtaͤndniß gezwungen werden. §. 40. Erforſchung einer Geſchichte. Man ſiehet auch hieraus, worinnen das Er- forſchen, oder Erkundigen einer Geſchichte beſtehe. Sie muß nothwendig ſchon etwas be- kannt ſeyn, wenn darnach ſoll geforſchet werden, weil man nach einer Sache, davon man gar nichts weiß, auch nicht fragen kann. Sie muß aber nicht aus Nachrichten, ſondern auf eine ande- re Art ſeyn erkannt worden; denn ſonſt weiß man ſie ſchon, und die Erforſchung ging nur auf beſondere Umſtaͤnde der Geſchichte. Wenn aber von der gantzen Geſchichte das Erforſchen gebraucht wird, ſo bleibt nichts uͤbrig, als daß man eine Geſchichte, die uns durch Anzeichen be- kannt worden, nunmehro auch durch Ausſagen, als durch den rechten natuͤrlichen Weg vergange- ne Geſchichte zu erkennen, einzuſehen; und des- wegen Perſonen aufzuſuchen, welche uns Nach- richt davon geben koͤnnen. Nachforſchen wird auch in dem Falle gebraucht, wenn wir eine Nach- richt, die wir erhalten haben, nicht glauben; und ſie daher vor eine Unwahrheit annehmen. Die- ſes giebt uns Gelegenheit, durch Ausſagen derer, die davon wiſſen koͤnnen, zu erfahren, daß die Sache nicht geſchehen ſey, und ſich nicht ſo befin- de. Das nicht geſchehen ſeyn muß in dieſem Falle vor die Begebenheit angenommen werden, wel- N 5

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/237>, abgerufen am 13.11.2024.