stände noch zu lang seyn, wenn er sie nachsagen soll. Dieser wird daher aufs neue einen Auszug daraus machen. Dabey findet nun erstlich statt, was wir von der geflissenen Auslassung ge- wisser Stücke gewiesen haben (§. 8. C. 6.), die sich offt schon selbst in der Erzehlung des Zu- schauers findet. Zweytens kommt viel darauf an, ob der Nachsager einen trockenen, oder sinn- reichen Auszug machen will; welche Würckung des Verstandes, §. 40. seq.der richtigen Aus- legung etc. erklärt worden.
§. 31. Wenn Geschichte laufen.
Wir wollen nunmehro von den Veränderun- gen, die sich mit einer Geschichte, währender ihrer Ausbreitung zuzutragen pflegen, wieder abstrahi- ren, und unsre Aufmercksamkeit aufs neue auf die Ausbreitung selbst richten. Hierbey finden wir unter andern die Geschwindigkeit der Aus- breitung betrachtungswürdig. Geschichte die uns angehen, verursachen in unserer Seele, wir mögen dabey gegenwärtig seyn, oder auch nur da- von hören, eine starcke Beschäfftigung; und das heisset, sich einer Begebenheit oder Geschichte an- nehmen. Wenn nun die Geschichte so beschaf- fen ist, daß sie entweder nicht heimlich gehalten werden kan, oder keine dringende Ursache vorhan- den ist, sie heimlich zu halten, so ist ein natürlicher Trieb vorhanden, mit andern Menschen, von dem was vorgehet, zu reden, und ihnen unsere Erkennt- niß davon, auch wohl unser eigen Anliegen bekannt
zu
v. d. Ausbreitung u. Fortpflantzung ꝛc.
ſtaͤnde noch zu lang ſeyn, wenn er ſie nachſagen ſoll. Dieſer wird daher aufs neue einen Auszug daraus machen. Dabey findet nun erſtlich ſtatt, was wir von der gefliſſenen Auslaſſung ge- wiſſer Stuͤcke gewieſen haben (§. 8. C. 6.), die ſich offt ſchon ſelbſt in der Erzehlung des Zu- ſchauers findet. Zweytens kommt viel darauf an, ob der Nachſager einen trockenen, oder ſinn- reichen Auszug machen will; welche Wuͤrckung des Verſtandes, §. 40. ſeq.der richtigen Aus- legung ꝛc. erklaͤrt worden.
§. 31. Wenn Geſchichte laufen.
Wir wollen nunmehro von den Veraͤnderun- gen, die ſich mit einer Geſchichte, waͤhrender ihrer Ausbreitung zuzutragen pflegen, wieder abſtrahi- ren, und unſre Aufmerckſamkeit aufs neue auf die Ausbreitung ſelbſt richten. Hierbey finden wir unter andern die Geſchwindigkeit der Aus- breitung betrachtungswuͤrdig. Geſchichte die uns angehen, verurſachen in unſerer Seele, wir moͤgen dabey gegenwaͤrtig ſeyn, oder auch nur da- von hoͤren, eine ſtarcke Beſchaͤfftigung; und das heiſſet, ſich einer Begebenheit oder Geſchichte an- nehmen. Wenn nun die Geſchichte ſo beſchaf- fen iſt, daß ſie entweder nicht heimlich gehalten werden kan, oder keine dringende Urſache vorhan- den iſt, ſie heimlich zu halten, ſo iſt ein natuͤrlicher Trieb vorhanden, mit andern Menſchen, von dem was vorgehet, zu reden, und ihnen unſere Erkennt- niß davon, auch wohl unſer eigen Anliegen bekannt
zu
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v. d. Ausbreitung u. Fortpflantzung ꝛc.
ſtaͤnde noch zu lang ſeyn, wenn er ſie nachſagen
ſoll. Dieſer wird daher aufs neue einen Auszug
daraus machen. Dabey findet nun erſtlich
ſtatt, was wir von der gefliſſenen Auslaſſung ge-
wiſſer Stuͤcke gewieſen haben (§. 8. C. 6.), die
ſich offt ſchon ſelbſt in der Erzehlung des Zu-
ſchauers findet. Zweytens kommt viel darauf
an, ob der Nachſager einen trockenen, oder ſinn-
reichen Auszug machen will; welche Wuͤrckung
des Verſtandes, §. 40. ſeq. der richtigen Aus-
legung ꝛc. erklaͤrt worden.
§. 31.
Wenn Geſchichte laufen.
Wir wollen nunmehro von den Veraͤnderun-
gen, die ſich mit einer Geſchichte, waͤhrender ihrer
Ausbreitung zuzutragen pflegen, wieder abſtrahi-
ren, und unſre Aufmerckſamkeit aufs neue auf
die Ausbreitung ſelbſt richten. Hierbey finden
wir unter andern die Geſchwindigkeit der Aus-
breitung betrachtungswuͤrdig. Geſchichte die
uns angehen, verurſachen in unſerer Seele, wir
moͤgen dabey gegenwaͤrtig ſeyn, oder auch nur da-
von hoͤren, eine ſtarcke Beſchaͤfftigung; und das
heiſſet, ſich einer Begebenheit oder Geſchichte an-
nehmen. Wenn nun die Geſchichte ſo beſchaf-
fen iſt, daß ſie entweder nicht heimlich gehalten
werden kan, oder keine dringende Urſache vorhan-
den iſt, ſie heimlich zu halten, ſo iſt ein natuͤrlicher
Trieb vorhanden, mit andern Menſchen, von dem
was vorgehet, zu reden, und ihnen unſere Erkennt-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/225>, abgerufen am 03.03.2025.
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