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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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Siebentes Capitel,
auch wohl eine andere Gestalt hätte geben kön-
nen; als worinnen der Zuschauer freyere Hände
hat. Aus diesen Umständen einer Erzehlung
und Nachricht ist es nun herzuleiten, daß der
Hörer oder Nachsager andere Uberlegungen bey
der Geschichte macht, als der Zuschauer, wenn
auch gleich der Zuschauer die Geschichte unver-
fälscht erzehlet, und der Hörer die Erzehlung rich-
tig verstanden hat.

§. 25.
Nachrichten sucht man umständlicher zu
wissen.

Denn daraus, daß die Erzehlung weniger in
sich enthält, als der Zuschauer und Urheber da-
von weiß, und folglich auch weniger, als man da-
von wissen könte, und würde, wenn man selbst da-
bey gewesen wäre, entstehet natürlicher Weise ein
Trieb noch mehr davon zu wissen. So
kan z. E. keine Relation von einer Schlacht, sie
mag so ausführlich seyn, als sie will, die Begier-
de der Leser gnugsam sättigen, sondern sie erkun-
digen sich, so offte es mit Zuschauern derselben zu
reden Gelegenheit giebt, gar zu gerne nach meh-
reren Umständen und Particularitäten: manche
reisen auch wohl gar an Ort und Stelle, um sich
die Gelegenheit der Orte besser vorzustellen, und
alles genauer zu erkundigen. Jn Ermangelung
nun der Gelegenheit weiter nachzufragen, und die
Geschichte genauer zu erkundigen, denckt man der
Erzehlung selber nach, und sucht durch Zusam-
menhaltung der Umstände unter sich, und mit

dem

Siebentes Capitel,
auch wohl eine andere Geſtalt haͤtte geben koͤn-
nen; als worinnen der Zuſchauer freyere Haͤnde
hat. Aus dieſen Umſtaͤnden einer Erzehlung
und Nachricht iſt es nun herzuleiten, daß der
Hoͤrer oder Nachſager andere Uberlegungen bey
der Geſchichte macht, als der Zuſchauer, wenn
auch gleich der Zuſchauer die Geſchichte unver-
faͤlſcht erzehlet, und der Hoͤrer die Erzehlung rich-
tig verſtanden hat.

§. 25.
Nachrichten ſucht man umſtaͤndlicher zu
wiſſen.

Denn daraus, daß die Erzehlung weniger in
ſich enthaͤlt, als der Zuſchauer und Urheber da-
von weiß, und folglich auch weniger, als man da-
von wiſſen koͤnte, und wuͤrde, wenn man ſelbſt da-
bey geweſen waͤre, entſtehet natuͤrlicher Weiſe ein
Trieb noch mehr davon zu wiſſen. So
kan z. E. keine Relation von einer Schlacht, ſie
mag ſo ausfuͤhrlich ſeyn, als ſie will, die Begier-
de der Leſer gnugſam ſaͤttigen, ſondern ſie erkun-
digen ſich, ſo offte es mit Zuſchauern derſelben zu
reden Gelegenheit giebt, gar zu gerne nach meh-
reren Umſtaͤnden und Particularitaͤten: manche
reiſen auch wohl gar an Ort und Stelle, um ſich
die Gelegenheit der Orte beſſer vorzuſtellen, und
alles genauer zu erkundigen. Jn Ermangelung
nun der Gelegenheit weiter nachzufragen, und die
Geſchichte genauer zu erkundigen, denckt man der
Erzehlung ſelber nach, und ſucht durch Zuſam-
menhaltung der Umſtaͤnde unter ſich, und mit

dem
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[182/0218] Siebentes Capitel, auch wohl eine andere Geſtalt haͤtte geben koͤn- nen; als worinnen der Zuſchauer freyere Haͤnde hat. Aus dieſen Umſtaͤnden einer Erzehlung und Nachricht iſt es nun herzuleiten, daß der Hoͤrer oder Nachſager andere Uberlegungen bey der Geſchichte macht, als der Zuſchauer, wenn auch gleich der Zuſchauer die Geſchichte unver- faͤlſcht erzehlet, und der Hoͤrer die Erzehlung rich- tig verſtanden hat. §. 25. Nachrichten ſucht man umſtaͤndlicher zu wiſſen. Denn daraus, daß die Erzehlung weniger in ſich enthaͤlt, als der Zuſchauer und Urheber da- von weiß, und folglich auch weniger, als man da- von wiſſen koͤnte, und wuͤrde, wenn man ſelbſt da- bey geweſen waͤre, entſtehet natuͤrlicher Weiſe ein Trieb noch mehr davon zu wiſſen. So kan z. E. keine Relation von einer Schlacht, ſie mag ſo ausfuͤhrlich ſeyn, als ſie will, die Begier- de der Leſer gnugſam ſaͤttigen, ſondern ſie erkun- digen ſich, ſo offte es mit Zuſchauern derſelben zu reden Gelegenheit giebt, gar zu gerne nach meh- reren Umſtaͤnden und Particularitaͤten: manche reiſen auch wohl gar an Ort und Stelle, um ſich die Gelegenheit der Orte beſſer vorzuſtellen, und alles genauer zu erkundigen. Jn Ermangelung nun der Gelegenheit weiter nachzufragen, und die Geſchichte genauer zu erkundigen, denckt man der Erzehlung ſelber nach, und ſucht durch Zuſam- menhaltung der Umſtaͤnde unter ſich, und mit dem

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/218>, abgerufen am 23.11.2024.