den tausendesten Lesern geben, die sie dem ersten Lefer und Nachsager gegeben. Z. E. der histori- sche Satz: Salomo ist König zu Jerusalem ge- wesen; wird jetzo und muß eben den Verstand haben, und uns eben die Belehrung geben, die man sich den Tag nach seinem Tode aus diesen Worten hat nehmen können.
§. 18. Einerley Urkunde.
Eben die Urkunde, oder einerley Urkun- de, ist die Nachricht, in so ferne sie mit unverän- derten Worten öffters geredet und ausgesprochen, ingleichen auch abgeschrieben und nachgeschrieben wird; mithin aber auch gelesen und gehöret wird. Daraus ist nun klar, daß, so lange eben dieselbe Urkunde, oder einerley Urkunde vorhanden ist, und gebraucht wird, diejenigen, die die Geschich- te daraus erlernen, zu allen Zeiten und an allen Orten einerley Erkentniß der Geschichte daraus erlangen müssen, und daß mithin, in diesem Fal- le bey Fortpflantzung der Erzehlung nichts veränderliches vorgehe. Eben die Wür- ckung, die die Erzehlung aus dem Munde des Zuschauers thut, muß sie auch aus dem Munde des ersten, andern, dritten Nachsagers, u. s. w. thun. Wenn aber vollends bey aufgeschriebener Nachricht, die die es von einander hören, auch überdieses in der Urkunde lesen können, so ist es eben so gut, als wenn sie die Urkunde gleich nach ihrer Ausfertigung in die Hände bekommen hätten.
§. 19.
Siebentes Capitel,
den tauſendeſten Leſern geben, die ſie dem erſten Lefer und Nachſager gegeben. Z. E. der hiſtori- ſche Satz: Salomo iſt Koͤnig zu Jeruſalem ge- weſen; wird jetzo und muß eben den Verſtand haben, und uns eben die Belehrung geben, die man ſich den Tag nach ſeinem Tode aus dieſen Worten hat nehmen koͤnnen.
§. 18. Einerley Urkunde.
Eben die Urkunde, oder einerley Urkun- de, iſt die Nachricht, in ſo ferne ſie mit unveraͤn- derten Worten oͤffters geredet und ausgeſprochen, ingleichen auch abgeſchrieben und nachgeſchrieben wird; mithin aber auch geleſen und gehoͤret wird. Daraus iſt nun klar, daß, ſo lange eben dieſelbe Urkunde, oder einerley Urkunde vorhanden iſt, und gebraucht wird, diejenigen, die die Geſchich- te daraus erlernen, zu allen Zeiten und an allen Orten einerley Erkentniß der Geſchichte daraus erlangen muͤſſen, und daß mithin, in dieſem Fal- le bey Fortpflantzung der Erzehlung nichts veraͤnderliches vorgehe. Eben die Wuͤr- ckung, die die Erzehlung aus dem Munde des Zuſchauers thut, muß ſie auch aus dem Munde des erſten, andern, dritten Nachſagers, u. ſ. w. thun. Wenn aber vollends bey aufgeſchriebener Nachricht, die die es von einander hoͤren, auch uͤberdieſes in der Urkunde leſen koͤnnen, ſo iſt es eben ſo gut, als wenn ſie die Urkunde gleich nach ihrer Ausfertigung in die Haͤnde bekommen haͤtten.
§. 19.
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[174/0210]
Siebentes Capitel,
den tauſendeſten Leſern geben, die ſie dem erſten
Lefer und Nachſager gegeben. Z. E. der hiſtori-
ſche Satz: Salomo iſt Koͤnig zu Jeruſalem ge-
weſen; wird jetzo und muß eben den Verſtand
haben, und uns eben die Belehrung geben, die
man ſich den Tag nach ſeinem Tode aus dieſen
Worten hat nehmen koͤnnen.
§. 18.
Einerley Urkunde.
Eben die Urkunde, oder einerley Urkun-
de, iſt die Nachricht, in ſo ferne ſie mit unveraͤn-
derten Worten oͤffters geredet und ausgeſprochen,
ingleichen auch abgeſchrieben und nachgeſchrieben
wird; mithin aber auch geleſen und gehoͤret wird.
Daraus iſt nun klar, daß, ſo lange eben dieſelbe
Urkunde, oder einerley Urkunde vorhanden iſt,
und gebraucht wird, diejenigen, die die Geſchich-
te daraus erlernen, zu allen Zeiten und an allen
Orten einerley Erkentniß der Geſchichte daraus
erlangen muͤſſen, und daß mithin, in dieſem Fal-
le bey Fortpflantzung der Erzehlung nichts
veraͤnderliches vorgehe. Eben die Wuͤr-
ckung, die die Erzehlung aus dem Munde des
Zuſchauers thut, muß ſie auch aus dem Munde
des erſten, andern, dritten Nachſagers, u. ſ. w.
thun. Wenn aber vollends bey aufgeſchriebener
Nachricht, die die es von einander hoͤren, auch
uͤberdieſes in der Urkunde leſen koͤnnen, ſo iſt es
eben ſo gut, als wenn ſie die Urkunde gleich nach
ihrer Ausfertigung in die Haͤnde bekommen
haͤtten.
§. 19.
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/210>, abgerufen am 13.11.2024.
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