den Gemählden: was den meisten Platz einnimmt, das fällt auch am meisten in die Augen, es mü- ste denn der kleine Theil etwas besonders gläntzen- des an sich haben, was die Augen, wie man zu reden pfleget, sonderlich frappirt: ausserdem wer- den Kleinigkeiten übersehen. Was also nun in einer Parenthese, oder als ein Einwurff, oder als ein Nebenumstand angeführet wird, da es doch in einer gelehrten Erzehlung sowohl, als das übrige, umständlich angeführet zu wer- den verdiente, das wird verdunckelt.
§. 23. Zweyte Art der Verdunckelung.
Nicht minder wird eine Begebenheit verdun- ckelt, wenn sie mit einem allgemeinern Worte ausgedruckt wird, als nach der gemeinen Art zu dencken und zu reden geschehen sollte: wenn man z. E. eine Wechselschuld nur eine Anforderung nennet; oder ein Ritterguth ein Landguth; wenn man ein gantz Regiment nur Mannschafft, eine Bibliotheck nur Bücher nennet. Eine Bi- bliotheck spoliren, und aus der Erbschafft einige Bücher zu sich nehmen, stellt die Sache gantz verschieden vor. Weil bey allgemeinen Aus- drückungen einer mehr, der andere weniger, zu gedencken pflegt, so wird dadurch die Sache ver- dunckelt, oder sie wird zweydeutig, welches nicht weniger in Geschäfften, als in Reden selbst, Dunckelheit verursacht.
§. 24.
Sechſtes Capitel,
den Gemaͤhlden: was den meiſten Platz einnimmt, das faͤllt auch am meiſten in die Augen, es muͤ- ſte denn der kleine Theil etwas beſonders glaͤntzen- des an ſich haben, was die Augen, wie man zu reden pfleget, ſonderlich frappirt: auſſerdem wer- den Kleinigkeiten uͤberſehen. Was alſo nun in einer Parentheſe, oder als ein Einwurff, oder als ein Nebenumſtand angefuͤhret wird, da es doch in einer gelehrten Erzehlung ſowohl, als das uͤbrige, umſtaͤndlich angefuͤhret zu wer- den verdiente, das wird verdunckelt.
§. 23. Zweyte Art der Verdunckelung.
Nicht minder wird eine Begebenheit verdun- ckelt, wenn ſie mit einem allgemeinern Worte ausgedruckt wird, als nach der gemeinen Art zu dencken und zu reden geſchehen ſollte: wenn man z. E. eine Wechſelſchuld nur eine Anforderung nennet; oder ein Ritterguth ein Landguth; wenn man ein gantz Regiment nur Mannſchafft, eine Bibliotheck nur Buͤcher nennet. Eine Bi- bliotheck ſpoliren, und aus der Erbſchafft einige Buͤcher zu ſich nehmen, ſtellt die Sache gantz verſchieden vor. Weil bey allgemeinen Aus- druͤckungen einer mehr, der andere weniger, zu gedencken pflegt, ſo wird dadurch die Sache ver- dunckelt, oder ſie wird zweydeutig, welches nicht weniger in Geſchaͤfften, als in Reden ſelbſt, Dunckelheit verurſacht.
§. 24.
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Sechſtes Capitel,
den Gemaͤhlden: was den meiſten Platz einnimmt,
das faͤllt auch am meiſten in die Augen, es muͤ-
ſte denn der kleine Theil etwas beſonders glaͤntzen-
des an ſich haben, was die Augen, wie man zu
reden pfleget, ſonderlich frappirt: auſſerdem wer-
den Kleinigkeiten uͤberſehen. Was alſo nun in
einer Parentheſe, oder als ein Einwurff,
oder als ein Nebenumſtand angefuͤhret wird,
da es doch in einer gelehrten Erzehlung ſowohl,
als das uͤbrige, umſtaͤndlich angefuͤhret zu wer-
den verdiente, das wird verdunckelt.
§. 23.
Zweyte Art der Verdunckelung.
Nicht minder wird eine Begebenheit verdun-
ckelt, wenn ſie mit einem allgemeinern Worte
ausgedruckt wird, als nach der gemeinen Art zu
dencken und zu reden geſchehen ſollte: wenn man
z. E. eine Wechſelſchuld nur eine Anforderung
nennet; oder ein Ritterguth ein Landguth;
wenn man ein gantz Regiment nur Mannſchafft,
eine Bibliotheck nur Buͤcher nennet. Eine Bi-
bliotheck ſpoliren, und aus der Erbſchafft einige
Buͤcher zu ſich nehmen, ſtellt die Sache gantz
verſchieden vor. Weil bey allgemeinen Aus-
druͤckungen einer mehr, der andere weniger, zu
gedencken pflegt, ſo wird dadurch die Sache ver-
dunckelt, oder ſie wird zweydeutig, welches
nicht weniger in Geſchaͤfften, als in Reden ſelbſt,
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§. 24.
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/176>, abgerufen am 16.07.2024.
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