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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.

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vom Zuschauer und Sehepunckte.
allemahl halb, oder weil er viel kleiner als die
Sonne ist, etwas mehr als halb erleuchtet. Der
gantze Begriff der Mondesviertheile beruhet auf
dem Stand der Erdbewohner. Und dieses gilt
nun von allen cörperlichen Veränderungen, daß
dabey auf den Zuschauer, nicht in Ansehung der
Erzehlung allein, sondern auch der Empfindung
und der Begebenheit selbst (weil wir sie von der
Vorstellung derselben nicht trennen können,) vie-
les ankommt. Der Zuschauer aber ist, der ei-
ne Sache als gegenwärtig empfindet. Nach die-
sen Erklärungen kan man sowohl durch die in-
nerliche,
als durch die äusserliche Empfindung
einen Zuschauer abgeben; durch jene von dem,
was in uns selbst vorgehet; durch diese aber von
dem, was ausser dem Zuschauer vorgehet.

§. 3.
Verschiedene Begriffe des Sehepuncktes.

Bey der Empfindung der Cörper giebt man
allezeit hauptsächlich aufs Sehen achtung, welches
nicht allein der deutlichste Sinn ist, sondern auch der-
jenige, womit wir am weitesten reichen; und bey die-
sem Sinn nun ist klar genug, was der Sehepunckt
sey, nehmlich der Ort, wo das Auge des Zu-
schauers sich befindet. Davon dependiren offen-
bar die sichtbaren Begebenheiten, jeder er-
kennt sie nach dem Stande seines Auges: und
was sich dabey zutragen kan, ist in der Optick
schon alles auf das klärste aus einander gesetzt wor-
den. Zum Gebrauch der historischen Erkentniß
aber muß dieser Begriff auch schon bey sichtlichen
Dingen etwas ausgedehnet werden: man muß

ihn

vom Zuſchauer und Sehepunckte.
allemahl halb, oder weil er viel kleiner als die
Sonne iſt, etwas mehr als halb erleuchtet. Der
gantze Begriff der Mondesviertheile beruhet auf
dem Stand der Erdbewohner. Und dieſes gilt
nun von allen coͤrperlichen Veraͤnderungen, daß
dabey auf den Zuſchauer, nicht in Anſehung der
Erzehlung allein, ſondern auch der Empfindung
und der Begebenheit ſelbſt (weil wir ſie von der
Vorſtellung derſelben nicht trennen koͤnnen,) vie-
les ankommt. Der Zuſchauer aber iſt, der ei-
ne Sache als gegenwaͤrtig empfindet. Nach die-
ſen Erklaͤrungen kan man ſowohl durch die in-
nerliche,
als durch die aͤuſſerliche Empfindung
einen Zuſchauer abgeben; durch jene von dem,
was in uns ſelbſt vorgehet; durch dieſe aber von
dem, was auſſer dem Zuſchauer vorgehet.

§. 3.
Verſchiedene Begriffe des Sehepuncktes.

Bey der Empfindung der Coͤrper giebt man
allezeit hauptſaͤchlich aufs Sehen achtung, welches
nicht allein der deutlichſte Sinn iſt, ſondern auch der-
jenige, womit wir am weiteſten reichen; und bey die-
ſem Sinn nun iſt klar genug, was der Sehepunckt
ſey, nehmlich der Ort, wo das Auge des Zu-
ſchauers ſich befindet. Davon dependiren offen-
bar die ſichtbaren Begebenheiten, jeder er-
kennt ſie nach dem Stande ſeines Auges: und
was ſich dabey zutragen kan, iſt in der Optick
ſchon alles auf das klaͤrſte aus einander geſetzt wor-
den. Zum Gebrauch der hiſtoriſchen Erkentniß
aber muß dieſer Begriff auch ſchon bey ſichtlichen
Dingen etwas ausgedehnet werden: man muß

ihn
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[93/0129] vom Zuſchauer und Sehepunckte. allemahl halb, oder weil er viel kleiner als die Sonne iſt, etwas mehr als halb erleuchtet. Der gantze Begriff der Mondesviertheile beruhet auf dem Stand der Erdbewohner. Und dieſes gilt nun von allen coͤrperlichen Veraͤnderungen, daß dabey auf den Zuſchauer, nicht in Anſehung der Erzehlung allein, ſondern auch der Empfindung und der Begebenheit ſelbſt (weil wir ſie von der Vorſtellung derſelben nicht trennen koͤnnen,) vie- les ankommt. Der Zuſchauer aber iſt, der ei- ne Sache als gegenwaͤrtig empfindet. Nach die- ſen Erklaͤrungen kan man ſowohl durch die in- nerliche, als durch die aͤuſſerliche Empfindung einen Zuſchauer abgeben; durch jene von dem, was in uns ſelbſt vorgehet; durch dieſe aber von dem, was auſſer dem Zuſchauer vorgehet. §. 3. Verſchiedene Begriffe des Sehepuncktes. Bey der Empfindung der Coͤrper giebt man allezeit hauptſaͤchlich aufs Sehen achtung, welches nicht allein der deutlichſte Sinn iſt, ſondern auch der- jenige, womit wir am weiteſten reichen; und bey die- ſem Sinn nun iſt klar genug, was der Sehepunckt ſey, nehmlich der Ort, wo das Auge des Zu- ſchauers ſich befindet. Davon dependiren offen- bar die ſichtbaren Begebenheiten, jeder er- kennt ſie nach dem Stande ſeines Auges: und was ſich dabey zutragen kan, iſt in der Optick ſchon alles auf das klaͤrſte aus einander geſetzt wor- den. Zum Gebrauch der hiſtoriſchen Erkentniß aber muß dieſer Begriff auch ſchon bey ſichtlichen Dingen etwas ausgedehnet werden: man muß ihn

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Zitationshilfe: Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/129>, abgerufen am 13.11.2024.