keit vorgehet, und da jeder, der in seinem Besi- tze nicht gestöhrt wird, einsweils vor einen recht- mäßigen Besitzer gehalten wird.
§. 16. Wenn Sachen ihren Weg gehen.
Die Sache gehet ihren Weg, und ist in Ruhe, wenn das, woraus sie bestehet, fortgesetzt wird, jedoch ohne hefftige Zunahme oder Ab- nahme, ingleichen ohne Veränderung der Ver- fassung. Dieses ist die schlimste Zeit vor die Ge- schichtschreiber: denn was an einem Tage geschie- het, das geschiehet auch am andern, und alles zusammen lässet sich aus der Verfassung der Sa- che, wenn diese einmahl beschrieben worden, a priori schlüssen. Vor die Mitglieder aber pfle- get es die beste Zeit zu seyn; weil die Abnahme und Veränderung der Verfassung einer Sache fast nothwendig mit Unruhe und Ungelegenheit verknüpfft ist; ja selbst eine schnelle Zunahme, des Vergnügens ohngeachtet, meist viel zu schaffen macht.
§. 17. Die letzten Begebenheiten moralischer Wesen.
Jeder merckt von sich selbst, daß der Unter- gang eines Dinges eine Hauptbegebenheit jedes Dinges, und also auch moralischer Dinge und Wesen sey. Der Untergang aber ist hier dem Anfange ähnlich. Nicht allein, wenn die Per- sonen aussterben, welche darzu gehören, oder wenn sie ihren Willen insgesamt ändern, höret
eine
Drittes Capitel,
keit vorgehet, und da jeder, der in ſeinem Beſi- tze nicht geſtoͤhrt wird, einsweils vor einen recht- maͤßigen Beſitzer gehalten wird.
§. 16. Wenn Sachen ihren Weg gehen.
Die Sache gehet ihren Weg, und iſt in Ruhe, wenn das, woraus ſie beſtehet, fortgeſetzt wird, jedoch ohne hefftige Zunahme oder Ab- nahme, ingleichen ohne Veraͤnderung der Ver- faſſung. Dieſes iſt die ſchlimſte Zeit vor die Ge- ſchichtſchreiber: denn was an einem Tage geſchie- het, das geſchiehet auch am andern, und alles zuſammen laͤſſet ſich aus der Verfaſſung der Sa- che, wenn dieſe einmahl beſchrieben worden, a priori ſchluͤſſen. Vor die Mitglieder aber pfle- get es die beſte Zeit zu ſeyn; weil die Abnahme und Veraͤnderung der Verfaſſung einer Sache faſt nothwendig mit Unruhe und Ungelegenheit verknuͤpfft iſt; ja ſelbſt eine ſchnelle Zunahme, des Vergnuͤgens ohngeachtet, meiſt viel zu ſchaffen macht.
§. 17. Die letzten Begebenheiten moraliſcher Weſen.
Jeder merckt von ſich ſelbſt, daß der Unter- gang eines Dinges eine Hauptbegebenheit jedes Dinges, und alſo auch moraliſcher Dinge und Weſen ſey. Der Untergang aber iſt hier dem Anfange aͤhnlich. Nicht allein, wenn die Per- ſonen ausſterben, welche darzu gehoͤren, oder wenn ſie ihren Willen insgeſamt aͤndern, hoͤret
eine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0106"n="70"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Drittes Capitel,</hi></fw><lb/>
keit vorgehet, und da jeder, der in ſeinem Beſi-<lb/>
tze nicht geſtoͤhrt wird, einsweils vor einen recht-<lb/>
maͤßigen Beſitzer gehalten wird.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 16.<lb/>
Wenn Sachen ihren Weg gehen.</head><lb/><p>Die Sache <hirendition="#fr">gehet ihren Weg,</hi> und iſt in<lb/>
Ruhe, wenn das, woraus ſie beſtehet, fortgeſetzt<lb/>
wird, jedoch ohne hefftige Zunahme oder Ab-<lb/>
nahme, ingleichen ohne Veraͤnderung der Ver-<lb/>
faſſung. Dieſes iſt die ſchlimſte Zeit vor die Ge-<lb/>ſchichtſchreiber: denn was an einem Tage geſchie-<lb/>
het, das geſchiehet auch am andern, und alles<lb/>
zuſammen laͤſſet ſich aus der Verfaſſung der Sa-<lb/>
che, wenn dieſe einmahl beſchrieben worden, <hirendition="#aq">a<lb/>
priori</hi>ſchluͤſſen. Vor die Mitglieder aber pfle-<lb/>
get es die beſte Zeit zu ſeyn; weil die Abnahme<lb/>
und Veraͤnderung der Verfaſſung einer Sache<lb/>
faſt nothwendig mit Unruhe und Ungelegenheit<lb/>
verknuͤpfft iſt; ja ſelbſt eine ſchnelle Zunahme, des<lb/>
Vergnuͤgens ohngeachtet, meiſt viel zu ſchaffen<lb/>
macht.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 17.<lb/>
Die letzten Begebenheiten moraliſcher<lb/>
Weſen.</head><lb/><p>Jeder merckt von ſich ſelbſt, daß der <hirendition="#fr">Unter-<lb/>
gang</hi> eines Dinges eine Hauptbegebenheit jedes<lb/>
Dinges, und alſo auch moraliſcher Dinge und<lb/>
Weſen ſey. Der Untergang aber iſt hier dem<lb/>
Anfange aͤhnlich. Nicht allein, wenn die Per-<lb/>ſonen ausſterben, welche darzu gehoͤren, oder<lb/>
wenn ſie ihren Willen insgeſamt aͤndern, hoͤret<lb/><fwplace="bottom"type="catch">eine</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[70/0106]
Drittes Capitel,
keit vorgehet, und da jeder, der in ſeinem Beſi-
tze nicht geſtoͤhrt wird, einsweils vor einen recht-
maͤßigen Beſitzer gehalten wird.
§. 16.
Wenn Sachen ihren Weg gehen.
Die Sache gehet ihren Weg, und iſt in
Ruhe, wenn das, woraus ſie beſtehet, fortgeſetzt
wird, jedoch ohne hefftige Zunahme oder Ab-
nahme, ingleichen ohne Veraͤnderung der Ver-
faſſung. Dieſes iſt die ſchlimſte Zeit vor die Ge-
ſchichtſchreiber: denn was an einem Tage geſchie-
het, das geſchiehet auch am andern, und alles
zuſammen laͤſſet ſich aus der Verfaſſung der Sa-
che, wenn dieſe einmahl beſchrieben worden, a
priori ſchluͤſſen. Vor die Mitglieder aber pfle-
get es die beſte Zeit zu ſeyn; weil die Abnahme
und Veraͤnderung der Verfaſſung einer Sache
faſt nothwendig mit Unruhe und Ungelegenheit
verknuͤpfft iſt; ja ſelbſt eine ſchnelle Zunahme, des
Vergnuͤgens ohngeachtet, meiſt viel zu ſchaffen
macht.
§. 17.
Die letzten Begebenheiten moraliſcher
Weſen.
Jeder merckt von ſich ſelbſt, daß der Unter-
gang eines Dinges eine Hauptbegebenheit jedes
Dinges, und alſo auch moraliſcher Dinge und
Weſen ſey. Der Untergang aber iſt hier dem
Anfange aͤhnlich. Nicht allein, wenn die Per-
ſonen ausſterben, welche darzu gehoͤren, oder
wenn ſie ihren Willen insgeſamt aͤndern, hoͤret
eine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/106>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.